Entscheidungsstichwort (Thema)
Entziehung der Fahrerlaubnis bei einmaligem Konsum so genannter harter Drogen (hier: Kokain)
Leitsatz (amtlich)
Bereits die einmalige Einnahme so genannter harter Drogen schließt im Regelfall die Eignung zum Führen von Kraftfahrzeugen aus.
In diesen Fällen ist die Fahrerlaubnis, soweit keine die Regelannahme entkräftigenden Umstände vorliegen, ohne weitere Begutachtung zu entziehen.
Bei der Entziehung der Fahrerlaubnis für mehrere Klassen richtet sich der Streitwert grundsätzlich nach dem im Streitwertkatalog für die Verwaltungsgerichtsbarkeit empfohlenen Ansatz für die höchstbewertete Klasse. Im Falle der Entziehung einer Fahrerlaubnis „für alle Klassen bis C1E” ist der Auffangwert für die Klasse C1 um den halben Auffangwert für die nicht selbständig erteilte, mit der Klasse C1 verbundene Klasse E zu erhöhen.
Normenkette
FeV § 11 Abs. 2, §§ 13-14, 46 Abs. 3; StVG § 3 Abs. 1 S. 1
Verfahrensgang
VG des Saarlandes (Beschluss vom 01.04.2008; Aktenzeichen 10 L 147/08) |
Tenor
Die Beschwerde gegen den Beschluss des Verwaltungsgerichts des Saarlandes vom 1. April 2008 – 10 L 147/08 – wird zurückgewiesen.
Der Antragsteller trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.
Der Streitwert wird für das Beschwerdeverfahren und in Abänderung des vorgenannten Beschlusses des Verwaltungsgerichts des Saarlandes auch für das erstinstanzliche Verfahren auf 3.750,– EUR festgesetzt.
Gründe
Die zulässige Beschwerde gegen den im Tenor genannten Beschluss des Verwaltungsgerichts des Saarlandes, mit dem der Antrag des Antragstellers auf Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung seines Widerspruchs gegen die für sofort vollziehbar erklärte Entziehung der Fahrerlaubnis durch den Bescheid des Antragsgegners vom 15.01.2008 abgelehnt worden ist, ist nicht begründet.
Die von dem Antragsteller in der Beschwerdebegründung vom 30.04.2008 dargelegten Gründe, die allein der Senat zu prüfen hat (§ 146 Abs. 4 Satz 6 VwGO), geben keine Veranlassung, die erstinstanzliche Entscheidung abzuändern.
Entgegen der in der Beschwerde vertretenen Auffassung schließt bereits der einmalige Konsum so genannter harten Drogen, zu denen Kokain gehört, im Regelfall die Eignung zum Führen von Kraftfahrzeugen aus. Dies ergibt sich aus Ziffer 9.1 der Anlage 4 zur FeV. Dort ist der Erfahrungssatz zum Rechtssatz erhoben, dass die Einnahme von Betäubungsmitteln im Sinne des Betäubungsmittelgesetzes regelmäßig die Fahreignung ausschließt. Wie die in Ziffer 9.2 der Anlage 4 zur FeV allein für Cannabis vorgenommene Differenzierung zwischen regelmäßiger und gelegentlicher Einnahme zeigt, gilt Ziffer 9.1 für jeglichen Fall der Einnahme eines anderen Betäubungsmittels als Cannabis
so schon OVG des Saarlandes, Beschlüsse vom 30.03.2006 – 1 W 8/06 – und vom 22.12.2004 – 1 W 42/04 –, ebenso Hamburgisches OVG, Beschlüsse vom 20.11.2007 – 3 So 147/06 –, NJW 2008, 1465, und vom 24.01.2007 – 3 Bs 300/06 –, und Bayerischer VGH, Beschluss vom 21.12.2006 – 11 Cs 06.1264 –, die beiden zuletzt genannten Beschlüsse zitiert nach Juris.
Diese Systematik spricht auch gegen die in der Beschwerde vertretene Ansicht, unter „Einnahme” sei ein gegenwärtig anhaltendes und in die Zukunft zielendes Konsumverhalten zu verstehen. Sowohl der Begriff „Einnahme” als auch der Begriff „Konsum” umfassen dem Wortsinn nach auch das einmalige Zusichnehmen von Betäubungsmitteln. Der Verordnungsgeber stellt in Ziffer 9.1 der Anlage 4 im Hinblick auf harte Drogen – anders als bei Cannabis – allein auf die Einnahme als solche und nicht auf deren Häufigkeit ab. Die hierin zum Ausdruck kommende Strenge ist in der Aufnahme des jeweiligen Betäubungsmittels in den Katalog des Betäubungsmittelgesetzes begründet, die wegen der besonderen Gefährlichkeit im Falle der Einnahme erfolgt ist
vgl. Hamburgisches OVG, Beschluss vom 24.01.2007, a.a.O..
Die Fehlhaltung und die Willensschwäche, die zum Drogenkonsum führt, und der damit einhergehende Kontrollverlust sind die Gründe, aus denen der Verordnungsgeber in Ziffer 9.1 der Anlage 4 zur FeV bei harten Drogen generell und bereits bei einmaliger Einnahme von fehlender Fahreignung ausgeht. So sind beispielsweise für die Wirkung von Kokain eine Verminderung der Kritikfähigkeit sowie des Vorsichts- und Sorgfaltsverhaltens, gepaart mit Euphorie, gesteigertem Antrieb und Gefühlen von Dominanz und Überlegenheit charakteristisch
vgl. Bayerischer VGH, Beschluss vom 21.12.2006, a.a.O. mit entsprechendem Nachweis.
Bereits die einmalige Einnahme von Kokain hat demnach den Verlust der Fahreignung zur Folge, weil sie zu einer signifikanten Erhöhung der Straßenverkehrsgefährdung führt.
Ausgehend hiervon kann sich der Antragsteller nicht mit Erfolg darauf berufen, es liege eine ungerechtfertigte Gleichbehandlung zwischen Personen wie ihm, die lediglich einmal Kokain zu sich genommen hätten, und solchen Personen mit einem regelmäßigen Konsumverhalten bzw. einer Abhängigkeit vor. Diese Gleichbehandlung findet ihren rechtfertigenden Grund in der Gefährlichkeit der Einnahme harter Dro...