Entscheidungsstichwort (Thema)
Entziehung der Fahrerlaubnis nach Genuß von Kokain
Leitsatz (amtlich)
1. Auch bei einem einmaligen oder nur gelegentlichen Konsum harter Drogen, wie Kokain, ist die Fahrerlaubnis im Regelfall zu entziehen.
2. Auf einen Zusammenhang mit dem Führen eines Kfs. kommt es dabei nicht an.
Normenkette
StVG § 3 Abs. 1 S. 1, § 2 Abs. 4 S. 1, § 6 Abs. 1 Nr. 1 Buchst. q; FeV § 46 Abs. 1
Tenor
Prozesskostenhilfe wird nicht bewilligt.
Der Antrag wird zurückgewiesen.
Die Kosten des Verfahrens trägt die Antragstellerin.
Der Streitwert wird auf 2.500 EUR festgesetzt.
Gründe
Mit Bescheid vom 24.07.2006 hat die Antragsgegnerin der Antragstellerin die Fahrerlaubnis zum Führen von Kraftfahrzeugen im öffentlichen Straßenverkehr mit sofortiger Wirkung entzogen, weil diese Kokain konsumiert habe und deshalb als Kraftfahrerin ungeeignet sei.
Der von der Antragstellerin im vorliegenden Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes gestellte Antrag, die aufschiebende Wirkung ihres gegen diese Entscheidung eingelegten Widerspruchs wiederherzustellen, ist gemäß § 80 Abs. 5 Satz 1 i.V.m. § 80 Abs. 2 Nr. 4 VwGO statthaft und auch im Übrigen zulässig. Der Antrag hat indes in der Sache keinen Erfolg.
Zunächst ist festzustellen, dass die Antragsgegnerin die Anordnung der sofortigen Vollziehung ihrer Maßnahme entsprechend den formalen Erfordernissen des § 80 Abs. 3 Satz 1 VwGO hinreichend damit begründet hat, dass ein herausragendes Interesse der Allgemeinheit bestehe, ungeeignete Kraftfahrer vom Straßenverkehr schnellstmöglich auszuschließen und dieses öffentliche Interesse Vorrang genieße gegenüber dem Interesse des einzelnen Betroffenen, bis zur Rechtskraft der verfügten Fahrerlaubnis-Entziehung von Vollstreckungsmaßnahmen verschont zu bleiben.
Ist die Anordnung der sofortigen Vollziehung somit ordnungsgemäß begründet worden, führt die nach § 80 Abs. 5 VwGO gebotene Interessenabwägung durch das Gericht zu dem Ergebnis, dass das öffentliche Interesse an der sofortigen Vollziehung der angegriffenen Verfügung das Aussetzungsinteresse der Antragstellerin überwiegt, weil deren Widerspruch aller Voraussicht nach keinen Erfolg haben wird.
Nach den §§ 3 Abs. 1 Satz 1, 2 Abs. 4 Satz 1 und § 6 Abs. 1 Nr. 1 Buchstabe q StVG i.V.m. § 46 Abs. 1 Fahrerlaubnisverordnung (FeV) hat die Fahrerlaubnisbehörde eine Fahrerlaubnis (zwingend) zu entziehen, wenn sich ihr Inhaber als ungeeignet zum Führen von Kraftfahrzeugen erweist. Dies gilt insbesondere, wenn Erkrankungen oder Mängel nach den Anlagen 4, 5 oder 6 der FeV vorliegen oder erheblich oder wiederholt gegen verkehrsrechtliche Vorschriften oder Strafgesetze verstoßen wurde und dadurch die Eignung zum Führen von Kraftfahrzeugen ausgeschlossen ist. Nach Ziffer 9.1 der erwähnten Anlage 4 zur FeV ist ein Kraftfahrer, der Betäubungsmittel im Sinne des Betäubungsmittelgesetzes (ausgenommen Cannabis, wofür nach Ziffer 9.2.2 der Anlage 4 eigene Regeln gelten) einnimmt, im Regelfall zum Führen eines Kraftfahrzeugs ungeeignet.
Im Hinblick auf Ziffer 9.1 der Anlage 4 zur FeV ist in der Rechtsprechung der saarländischen Verwaltungsgerichte geklärt, dass bereits der einmalige Konsum so genannter harter Drogen, zu denen Kokain gehört, im Regelfall die Annahme rechtfertigt, dass der Drogenkonsument zum Führen von Kraftfahrzeugen ungeeignet ist.
Vgl. die Beschlüsse des OVG des Saarlandes vom 30.3.2006, 1 W 8/06 (VG-Az.: 3 F 52/05), 12.12.2005, 1 W 16/05 (VG-Az.: 3 F 36/05), 20.9.2005, 1 W 12/05 (VG-Az.: 3 F 20/05), und vom 22.12.2004, 1 W 42/04 (VG-Az.: 3 F 31/04); vgl. auch die Beschlüsse des VG des Saarlandes vom 27.7.2006, 6 F 31/06, sowie vom 16.05.2006, 3 F 25/06, jeweils mit weiteren Nachweisen aus der obergerichtlichen Rechtsprechung; ferner das Urteil der Kammer vom 2.5.2007, 10 K 59/07
Diese Rechtsprechung beruht auf dem Wortlaut der genannten Bestimmung, welche bei harten Drogen – anders als Ziffer 9.2 bezüglich Cannabis – nicht zwischen regelmäßiger und gelegentlicher Einnahme differenziert bzw. die einmalige Einnahme genügen lässt. Nichts anderes ergibt sich aus der Vorbemerkung Nr. 2 der Anlage 4 zur FeV, denn diese bezieht sich generalisierend auf sämtliche in der Anlage aufgeführten Mängel; dabei werden diejenigen Fälle in den Blick genommen, in denen die beschriebenen Mängel nicht eindeutig feststehen, sondern bei entsprechenden Eignungszweifeln erst durch ärztliche oder medizinisch-psychologische Gutachten festgestellt werden müssen. Steht indes der in der Anlage 4 beschriebene Mangel fest, dann hat sich der Fahrerlaubnisinhaber als ungeeignet zum Führen von Kraftfahrzeugen erwiesen und ist ihm die Fahrerlaubnis ohne Anordnung zur Beibringung eines Gutachtens zu entziehen (§§ 11 Abs. 7, 46 Abs. 1 Sätze 1 und 2 FeV). Durch den Wortlaut der Ziffer 9.1 der Anlage 4 zur FeV wird somit der Erfahrungssatz zum Rechtssatz erhoben, dass schon die (bloße) Einnahme von Betäubungsmitteln im Sinne des Betäubungsmittelgesetzes – mit Ausnahme von Cannabis – regelmäßig die Fahreignung ausschließt. Nicht zu ...