Entscheidungsstichwort (Thema)
Prozesskostenhilfe. Prüfung der Erfolgsaussicht in tatsächlicher Hinsicht
Leitsatz (amtlich)
1. Ergibt die Prüfung der Erfolgsaussicht in tatsächlicher Hinsicht, dass eine Beweisaufnahme ernsthaft in Betracht kommt, so ist eine vorweggenommene Beweiswürdigung nur in engen Grenzen zulässig.
2. Die Ablehnung von Prozesskostenhilfe mangels Erfolgsaussichten der Klage ist in derartigen Fällen nur dann mit dem Gebot der Rechtsschutzgleichheit zu vereinbaren, wenn konkrete Anhaltspunkte dafür vorliegen, dass die im Raum stehende Beweiserhebung zum Nachteil des Antragstellers ausgehen wird (im Anschluss an BVerfG, Beschlüsse vom 7.5.1997 – 1 BvR 296/96 –, NJW 1997, 2745, und vom 14.4.2003 – 1 BvR 1998/02 –, NJW 2003, 2976).
Normenkette
VwGO § 166; ZPO § 114 S. 1
Verfahrensgang
VG des Saarlandes (Beschluss vom 22.11.2005; Aktenzeichen 6 K 39/05) |
Tenor
Die Beschwerde gegen den Beschluss des Verwaltungsgerichts des Saarlandes vom 22. November 2005 – 6 K 39/05 – wird zurückgewiesen.
Gründe
Die Beschwerde gegen den Beschluss vom 22.11.2005, mit dem es das Verwaltungsgericht abgelehnt hat, dem Kläger Prozesskostenhilfe für das am 28.1.2005 eingeleitete Klageverfahren betreffend die Anfechtung von Gebührenforderungen des Beklagten zu gewähren, bleibt ohne Erfolg.
Das Verwaltungsgericht hat zutreffend entschieden, dass das Klagebegehren nicht die gemäß den §§ 166 VwGO, 114 Satz 1 ZPO für die Bewilligung von Prozesskostenhilfe zu fordernde hinreichende Aussicht auf Erfolg bietet.
Soweit der Kläger sich gegen die Gebührenbescheide vom 3.4.2002, 2.5.2002 sowie 5.8.2002 wendet, mit denen rückständige Rundfunkgebühren für den Zeitraum von 11/2001 bis einschließlich 05/2002 eingefordert werden, ist davon auszugehen, dass diese Bescheide mangels rechtzeitiger Widerspruchserhebung Bestandskraft erlangt haben und auch für die Bewilligung von Wiedereinsetzung in den vorigen Stand schon in Anbetracht der seit Eintritt dieser Bestandskraft verstrichenen Zeit kein Raum mehr ist. Das hat der Senat im Einzelnen in seinem Beschluss vom 13.5.2005 – 3 W 6/05 – betreffend die Bewilligung von Prozesskostenhilfe für das Beschwerdeverfahren gegen die Ablehnung von vorläufigem Rechtsschutz gegen die Vollstreckung aus den vorgenannten Bescheiden dargelegt. Hierauf wird zur Vermeidung von Wiederholungen Bezug genommen. Das Vorbringen des Klägers in dem vorliegenden Rechtsbehelfsverfahren gibt keinen Anlass zu einer anderen Beurteilung. Der Einwand des Klägers, er habe seinerzeit rechtzeitig vor Auslaufen der damaligen Gebührenbefreiung zum Ende des Monats Oktober 2001 einen Antrag auf Verlängerung der Befreiung gestellt, über den nie entschieden worden sei, hätte im Wege des rechtzeitigen Widerspruchs gegenüber den Gebührenbescheiden vom 3.4.2002, 2.5.2002 und 5.8.2002 vorgebracht werden müssen. Das ist ausweislich der Verwaltungsakten nicht geschehen. Der Kläger hat im vorliegenden Verfahren keine Umstände aufgezeigt, die auf eine rechtzeitige Widerspruchserhebung gegen die genannten Bescheide schließen lassen. Im Übrigen hat er im Vollstreckungsverfahren mit Schreiben vom 20.7.2003 um Stundung des geforderten Betrages gebeten und nicht auf einen rechtzeitig gestellten Befreiungsantrag oder auf eine gewährte Befreiung verwiesen. Beanstandet hat er lediglich – verspätet – die Gebührenforderung im Bescheid vom 5.8.2002 wegen einer ihm mittlerweile gewährten Befreiung. Hierzu ist freilich zu bemerken, dass diese Befreiung auf den Antrag des Klägers vom 29.5.2002 hin mit Wirkung vom 1.6.2002 gewährt wurde und dieser Umstand durch Gewährung einer Gutschrift ab 06/02 im Bescheid vom 5.8.2002 berücksichtigt ist. Festzuhalten ist danach, dass Einwände gegen die den Bescheiden vom 3.4.2002, 2.5.2002 und 5.8.2002 zugrunde liegenden Gebührenforderungen verspätet sind und der diese Forderungen betreffende Teil der Klage keine hinreichenden Erfolgsaussichten bietet.
Nichts anderes gilt hinsichtlich der Anfechtung des Gebührenbescheides vom 3.12. 2004 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 7.1.2005. Allerdings ist insoweit mit Blick auf die möglicherweise missverständliche Formulierung in der erstinstanzlichen Entscheidung klarzustellen, dass hinreichende Erfolgsaussicht dieses Teiles der Klage nicht voraussetzt, dass die rechtzeitige Stellung eines Antrages auf (Verlängerung der) Befreiung von der Rundfunkgebührenpflicht bereits im Prozesskostenhilfeverfahren nachgewiesen ist. Hinreichende Erfolgsaussicht verlangt nicht, dass der Prozesserfolg gewiss oder überwiegend wahrscheinlich ist; eine bei überschlägiger Prüfung offene Prozess-Situation genügt, da die Rechtsverfolgung ermöglicht und nicht vorweg genommen werden soll.
Vgl. zum Beispiel Bader u.a., VwGO, 3. Auflage 2005, § 166 Rdnr. 4 m.w.N..
Ergibt die Prüfung der Erfolgsaussicht in tatsächlicher Hinsicht, dass eine Beweisaufnahme ernsthaft in Betracht kommt, so ist eine vorweggenommene Beweiswürdigung nur in engen Grenzen zulässig. Die Ablehnung von Prozesskostenhilfe mange...