Entscheidungsstichwort (Thema)
Ausschluss der Öffentlichkeit der Sitzung eines Gemeindeparlaments
Leitsatz (amtlich)
Es verstößt nicht gegen den Grundsatz der Öffentlichkeit, wenn ein Tagesordnungspunkt, der die Frage des Verzichts auf ein Rechtsmittel gegen das Urteil eines Verwaltungsgerichts zum Gegenstand hat, in nicht öffentlicher Sitzung des zuständigen Gemeindeparlaments behandelt wird.
Normenkette
VwGO § 123 Abs. 1; KSVG § 40 Abs. 1-2, § 41 Abs. 1 S. 3
Verfahrensgang
Tenor
Auf die Beschwerde des Antragsgegners vom 20. April 2010 wird der Beschluss des Verwaltungsgerichts vom 20. April 2010 (11 L 353/10) aufgehoben und der Antrag der Antragstellerin zurückgewiesen.
Die Kosten des Verfahrens trägt die Antragstellerin.
Der Streitwert wird auf 5.000,– EUR festgesetzt.
Gründe
Die Beschwerde des Antragsgegners vom 20.4.2010 gegen den Beschluss des Verwaltungsgerichts vom 20.4.2010 – 11 L 353/10 – ist zulässig und hat auch in der Sache Erfolg.
Entgegen der Auffassung des Verwaltungsgerichts steht der Antragstellerin ein Anordnungsanspruch i.S.d. § 123 Abs. 1 VwGO, der darauf gerichtet ist, den Tagesordnungspunkt: “Verzicht auf Rechtsmittel gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts des Saarlandes (AZ: 5 K 895/09) vom 14.4.2010, Genehmigung für T…” in öffentlicher Sitzung zu behandeln, nicht zu.
Gemäß § 41 Abs. 1 Satz 3 KSVG hat der (Ober-)Bürgermeister auf schriftlichen Antrag einer Fraktion bestimmte Verhandlungsgegenstände, die zum Aufgabenbereich des Gemeinderates gehören, in die Tagesordnung der nächsten Sitzung aufzunehmen. Das Antragsrecht zur Behandlung eines Verhandlungsgegenstandes umfasst indes nicht die Festlegung über die Behandlung der Angelegenheit in einer öffentlichen oder nicht-öffentlichen Sitzung oder im entsprechenden Teil einer Sitzung. Diese obliegt dem Bürgermeister, der nach allgemeinen Regeln unter Beachtung des § 40 KSVG bzw. hier (auch) des § 13 der Geschäftsordnung für den Stadtrat der und seiner Ausschüsse in der Fassung vom 18.12.2009 (im Folgenden: Geschäftsordnung) entscheidet
hierzu Lehné/Weirich, Saarländisches Kommunalrecht, Stand: November 2008, § 41 Rdnr. 1.1.
Aus den letztgenannten Vorschriften kann die Antragstellerin vorliegend keinen Anordnungsanspruch herleiten.
Dahinstehen kann dabei, ob – wofür aus Sicht des Senats vieles spricht – der Öffentlichkeitsgrundsatz des § 40 KSVG als Ausprägung des Demokratieprinzips nach Art. 20 GG ein “wehrfähiges” organschaftliches Recht der Antragstellerin zu begründen vermag
offengelassen etwa im Urteil des OVG des Saarlandes vom 22.4.1993 – 1 R 35/91 –, bejaht in den Entscheidungen des VGH Kassel vom 6.11.2008 – 8 A 674/08 – und des OVG Münster vom 24.4.2001 – 15 A 3021/97 –; verneinend etwa VGH Mannheim vom 24.2.1992 – 1 S 2242/91 –, jeweils zitiert nach juris sowie in dem zwischen den Beteiligten ergangenen Beschluss des Senats vom 4.2.2010 – 3 B 27/10 –.
Denn im Rahmen der allein möglichen und gebotenen summarischen Überprüfung sind keine maßgeblichen Anhaltspunkte dafür erkennbar, dass der Antragsgegner die Vorgaben des Öffentlichkeitsgrundsatzes nach § 40 KSVG bzw. § 13 der Geschäftsordnung für den Stadtrat der missachtet hat, indem er auf den Antrag der Antragstellerin, den Stadtrat zu einer (öffentlichen) Sondersitzung zu dem Tagesordnungspunkt: “Verzicht auf Rechtsmittel gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts des Saarlandes (AZ: 5 K 895/09) vom 14.4.2010, Genehmigung für T…” einzuberufen, für den 22.4.2010 zu einer nicht öffentlichen Sitzung mit dem einzigen nicht öffentlichen Tagesordnungspunkt nach Maßgabe des genannten Antrags eingeladen hat.
Nach § 40 Abs. 1 KSVG sind Sitzungen öffentlich, soweit nicht Rücksichten auf das öffentliche Wohl oder berechtigte Interessen Einzelner entgegenstehen (§ 13 Abs. 1 der Geschäftsordnung). § 40 Abs. 3 KSVG bestimmt ferner, dass die Geschäftsordnung festlegen kann, dass Angelegenheiten bestimmter Art unter Ausschluss der Öffentlichkeit zu behandeln sind.
Gemäß § 13 Abs. 2 der hier einschlägigen Geschäftsordnung sind Personalangelegenheiten, Bürgschaftsübernahmen, Grundstücksangelegenheiten sowie Auftragsverfahren nach Verdingungsordnungen, in denen die Geheimhaltung der Angebote vorgeschrieben ist, grundsätzlich in nicht-öffentlicher Sitzung zu behandeln.
Danach fällt der streitgegenständliche Verhandlungsgegenstand zwar nicht unter die von vorneherein geheimhaltungsbedürftigen Angelegenheiten des § 13 Abs. 2 der Geschäftsordnung. Entgegen der Auffassung des Verwaltungsgerichts in dem angefochtenen Beschluss steht der Antragstellerin der geltend gemachte Anordnungsanspruch jedoch gleichwohl nicht zu.
Denn der von der Antragstellerin beantragte Tagesordnungspunkt: “Verzicht auf Rechtsmittel gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts des Saarlandes (AZ: 5 K 895/09) vom 14.4.2010, Genehmigung für T…” betrifft ein laufendes und – entgegen der Auffassung der Antragstellerin – durch das Urteil des Verwaltungsgerichts auch noch nicht abge...