Entscheidungsstichwort (Thema)

Prozesskostenhilfe. zur hinreichenden Aussicht auf Erfolg

 

Leitsatz (amtlich)

Bei der auf den Streitgegenstand des jeweiligen Rechtsstreits bezogenen Beurteilung, ob ein Rechtsbehelf die für eine Gewährung von Prozesskostenhilfe erforderliche hinreichende Aussicht auf Erfolg bietet, dürfen die Anforderungen für die Bewilligung mit Blick auf die gesetzliche Zielsetzung des Prozesskostenhilferechts, auch Unbemittelten einen weitgehend gleichen Zugang zu den Gerichten zu ermöglichen, nicht überspannt werden. Die Bewilligung ist, da es nicht Sinn des Prozesskostenhilfeverfahrens sein kann, den Rechtsstreit durch eine weitgehende rechtliche Vorausbeurteilung des Streitgegenstands quasi “vorwegzunehmen”, bereits dann gerechtfertigt, wenn das Gericht den Rechtsstandpunkt des Antragstellers aufgrund seiner Sachdarstellung und der vorhandenen Unterlagen für vertretbar hält und bei Aufklärungsbedarf in tatsächlicher Hinsicht zumindest von der Möglichkeit der Beweisführung in seinem Sinne überzeugt ist.

 

Normenkette

AuslG § 53 Abs. 6; AufenthG § 60 Abs. 7

 

Verfahrensgang

VG des Saarlandes (Beschluss vom 16.06.2009; Aktenzeichen 10 K 83/08)

 

Tenor

Unter Abänderung des Beschlusses des Verwaltungsgerichts des Saarlandes vom 16. Juni 2009 – 10 K 83/08 – wird dem Kläger Prozesskostenhilfe ohne Verpflichtung zur Ratenzahlung für den ersten Rechtszug bewilligt und Rechtsanwalt C… M… aus B…-Stadt zur Wahrnehmung seiner Rechte beigeordnet.

Das Beschwerdeverfahren ist gerichtskostenfrei. Kosten werden nicht erstattet.

 

Tatbestand

I.

Der Kläger ist serbischer Staatsangehöriger, stammt aus dem Kosovo, reiste im April 1999 in die Bundesrepublik Deutschland ein, beantragte die Feststellung des Vorliegens von Abschiebungshindernissen nach § 53 Abs. 6 AuslG und begründete das mit einer Traumatisierung. Der sich nach Aktenlage dem Volk der Roma zurechnende Kläger erhielt in der Folge auf der Grundlage einschlägiger ministerieller Erlasse fortlaufend Duldungen. Er ist inzwischen im Besitz eines im Januar 2005 ausgestellten Passes der Bundesrepublik Jugoslawien.

Im Oktober 2002 verprügelte der Kläger anlässlich eines Besuches bei seiner damals in Sulzbach/Saar lebenden Mutter den von ihm in deren Wohnung angetroffenen S…. Hierfür wurde er wegen gefährlicher Körperverletzung durch Strafbefehl des Amtsgerichts B…-Stadt vom 8.12.2003 mit einer Freiheitsstrafe von 8 Monaten belegt, die zur Bewährung ausgesetzt wurde.

Im März 2005 heiratete der Kläger in B…-Stadt die aus Gjakove stammende Landsfrau L…. Im Mai 2006 wurde die gemeinsame Tochter A… geboren.

Im März 2007 erhielt der Kläger durch erneuten Strafbefehl eine Geldstrafe von 90 Tagessätzen wegen Betrugs.

Durch Bescheid vom 22.8.2007 wurde ein damals gemeinsam mit der Ehefrau und der Tochter sowie unter Bezugnahme auf den sog. Bleiberechtserlass gestellter Antrag auf Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis – versehen mit Ausreiseaufforderung und Abschiebungsandrohung – unter Verweis auf die genannten Vorstrafen des Klägers abgelehnt.

In dem den Widerspruch des Klägers zurückweisenden Bescheid vom 11.12.2007 heißt es unter anderem, bei ihm falle – anders als bei Ehefrau und Tochter – das Vorliegen zielstaatsbezogener Abschiebungshindernisse ausnahmsweise in die Prüfungskompetenz der Ausländerbehörde, da er “kein Asylverfahren betrieben” habe. Solche Hindernisse – nunmehr im Verständnis des § 60 Abs. 7 AufenthG – lägen allerdings (auch) in seinem Fall nicht vor. Der Kläger habe seit dem Jahr 2000 keine Atteste mehr vorgelegt, die darauf schließen ließen, dass er sich weiterhin wegen einer Traumatisierung beziehungsweise seines Nervenleidens in fachärztlicher Behandlung befinde. Ein Anspruch auf Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis nach § 25 Abs. 5 AufenthG komme nicht in Betracht, wobei insbesondere mangels gelungener Integration des Klägers nicht vom Bestehen eines Rechts nach Art. 8 EMRK ausgegangen werden könne.

Im Januar 2008 erhob der Kläger gemeinsam mit seiner Ehefrau und der Tochter vorliegende Klage auf Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis. Er hat ein Abschiebungshindernis für die im Kosovo “nach wie vor als unerwünschte Volksgruppe angesehenen” Roma geltend gemacht. Mit Blick auf seine lange Aufenthaltsdauer in Deutschland habe er einen Anspruch auf Aufenthaltserlaubnis nach Art. 8 EMRK.

Mit Urteil des Amtsgerichts – Familiengericht – vom 20.3.2008 – 54 F 169/07 S – wurde die Ehe des Klägers geschieden. Ausweislich des Sitzungsprotokolls lebten die Ehepartner bereits seit Juni 2006 getrennt und vereinbarten auf der Grundlage des maßgeblichen Familienrechts des Heimatstaats, dass das Sorgerecht für die Tochter gemeinsam ausgeübt, das Aufenthaltsbestimmungsrecht indes allein der Mutter zustehen sollte.

Außerdem wurde dem Kläger ein Umgangsrecht eingeräumt, wonach er seine Tochter “jederzeit” zu sich nehmen oder besuchen kann.

Nachdem der Beklagte dem Widerspruch der Ehefrau und der Tochter im September 2008 abgeholfen und diese daraufhin die Hauptsache für erledigt erklä...

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