Entscheidungsstichwort (Thema)

Zurückweisung eines Beweisantrages. Rechtliches Gehör

 

Leitsatz (amtlich)

Der Anspruch auf Gewährung rechtlichen Gehörs schützt einen Verfahrensbeteiligten nicht vor jeder seiner Meinung nach sachlich unrichtigen Ablehnung eines von ihm gestellten Beweisantrages. Eine Verletzung des Prozessgrundrechts aus Art 103 Abs 1 GG kann in einem solchen Fall erst angenommen werden, wenn die Ablehnung unter keinem denkbaren Gesichtspunkt mehr eine Stütze im Prozessrecht findet, sich das Gericht mit dem Vorbringen der Beteiligten in völlig unzulänglicher Form auseinandergesetzt hat und die Ablehnung des Beweisersuchens daher erkennbar willkürlich erscheint (im Anschluss an OVG des Saarlandes, Beschlüsse vom 31.5.2002 – 1 Q 60/01 –, vom 25.8.2005 – 2 Q 19/05 und vom 21.9.2005 – 2 Q 18/05).

 

Normenkette

GG Art. 103 Abs. 1; AuslG § 51 Abs. 1, § 53; AsylVfG § 78 Abs. 3 Nr. 3

 

Verfahrensgang

VG des Saarlandes (Urteil vom 04.05.2005; Aktenzeichen 11 K 35/05.A)

 

Tenor

Der Antrag des Klägers auf Zulassung der Berufung gegen das aufgrund der mündlichen Verhandlung vom 4. Mai 2005 ergangene Urteil des Verwaltungsgerichts des Saarlandes – 11 K 35/05.A –, soweit darin seine Klage auf Aufhebung der Nr. 2 des Bescheides der Beklagten vom 3. Juni 2003 abgewiesen wurde, wird zurückgewiesen.

Die außergerichtlichen Kosten des gerichtskostenfreien Berufungszulassungsverfahrens hat der Kläger zu tragen.

 

Gründe

Durch Urteil vom 4.5.2005 hat das Verwaltungsgericht die Klage des Klägers, eines serbisch-montenegrinischen Staatsangehörigen albanischer Volkszugehörigkeit aus dem Kosovo, mit dem Antrag abgewiesen, den Bescheid der Beklagten vom 3.6.2003 aufzuheben, mit dem die unter dem 22.7.1999 zugunsten des Klägers getroffene Feststellung des Vorliegens der Voraussetzungen des § 51 Abs. 1 AuslG widerrufen (Nr. 1) und die Feststellung von Abschiebungshindernissen nach § 53 AuslG abgelehnt wird (Nr. 2).

Mit seinem Antrag auf Zulassung der Berufung, den er auf denjenigen Teil des angefochtenen Urteils beschränkt, mit dem sein auf Aufhebung der Nr. 2 des Bescheides vom 3.6.2003 – Ablehnung der Feststellung von Abschiebungshindernissen nach § 53 AuslG – abzielendes Begehren abgewiesen worden ist, beruft sich der Kläger auf den Zulassungstatbestand des § 78 Abs. 3 Nr. 3 AsylVfG und führt näher aus, das Verwaltungsgericht habe in mehrfacher Hinsicht seinen Anspruch auf Gewährung rechtlichen Gehörs verletzt.

Diesem Begehren kann indes nicht entsprochen werden, da dem Vorbringen des Klägers zur Begründung seines Zulassungsantrages, das den Umfang der gerichtlichen Nachprüfung in dem vorliegenden Verfahren begrenzt, nicht entnommen werden kann, dass das angefochtene Urteil, soweit es mittels der erstrebten Berufung der gerichtlichen Nachprüfung zugeführt werden soll, unter Verletzung seines Anspruchs auf rechtliches Gehör zustande gekommen ist.

Der durch Art. 103 Abs. 1 GG grundsätzlich gewährleistete Anspruch auf Gewährung rechtlichen Gehörs verpflichtet das angerufene Gericht dazu, das tatsächliche und rechtliche Vorbringen eines Beteiligten zur Kenntnis zu nehmen und in seine Erwägungen einzubeziehen. Allerdings folgt hieraus nicht, dass sich das Gericht in der Begründung seiner Entscheidung mit jedem Einzelaspekt des Beteiligtenvorbringens ausführlich befassen muss. Da grundsätzlich davon auszugehen ist, dass ein Gericht das von ihm entgegen genommene Vorbringen eines Beteiligten zur Kenntnis genommen und erwogen hat, kann eine Verletzung des Gebotes, rechtliches Gehör zu gewähren, erst dann angenommen werden, wenn im Einzelfall besondere Umstände deutlich ergeben, dass es seiner insoweit bestehenden Verpflichtung nicht nachgekommen ist

vgl. z.B. BVerfG, Beschluss vom 27.5.1998 – 2 BvR 378/98NVwZ-RR 1999, 217 m.w.N.; Eichberger in Schoch/Schmidt-Aßmann/Pietzner, VwGO, Stand 2005, § 138 Rdnr. 195 m.w.N..

Fehler der Sachverhalts- und Beweiswürdigung sind hingegen grundsätzlich nicht dem Verfahrensrecht, sondern dem materiellen Recht zuzuordnen. Derartige Fehler und daraus gegebenenfalls resultierend die „Unrichtigkeit” der erstinstanzlichen Entscheidung eröffnen aufgrund der Rechtsmittelbeschränkung in Asylverfahren (§ 78 AsylVfG) prinzipiell nicht die Berufungsmöglichkeit.

Bei Zugrundelegung dieser Maßstäbe gilt vorliegend folgendes: Der Kläger macht zunächst geltend, das Verwaltungsgericht habe das Gehörsgebot verletzt, indem es unter Verweis auf das Attest der Diplompsychologin S. von T.I. e.V. vom 29.7.2003 und seine darin wiedergegebene Aussage – „Das (gemeint sind die von ihm beschriebenen Symptome Schlaflosigkeit, Desinteresse an Kontakten, Weinen und schlechte Träume) sei seit ein paar Wochen so, seit er die Nachricht vom Bundesamt bekommen habe, dass er mit seiner Familie in den Kosovo zurückkehren solle” – angenommen habe, bei seiner psychischen Erkrankung handele es sich um ein für die Rechtmäßigkeit des Widerrufsbescheides nicht relevantes inlandsbezogenes Abschiebungshindernis. Das Verwaltungsgericht habe hierbei nämli...

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