Entscheidungsstichwort (Thema)

Abschiebungsschutz wegen psychischer Erkrankung. Grundsatzfrage

 

Leitsatz (amtlich)

Es entspricht der Rechtsprechung des Oberverwaltungsgerichts des Saarlandes, dass die Frage, ob die Voraussetzungen des § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthaltsG angesichts einer – auch psychischen – Erkrankung bei dem jeweiligen Ausländer vorliegen, nur einer Beurteilung anhand der jeweiligen Fallumstände, das heißt, des konkreten Krankheitsbildes und eventuell benötigter Medikamente zugänglich ist, die nicht „abstrakt” für eine Vielzahl von Fällen gleichsam vorab vorgenommen werden kann.

 

Normenkette

AufenthaltsG § 60 Abs. 7 S. 1; AsylVfG § 78; AuslG § 53 Abs. 6

 

Verfahrensgang

VG des Saarlandes (Urteil vom 24.01.2006; Aktenzeichen 10 K 250/04.A)

 

Tenor

Der Antrag der Klägerin auf Zulassung der Berufung gegen das aufgrund der mündlichen Verhandlung vom 24. Januar 2006 ergangene Urteil des Verwaltungsgerichts des Saarlandes – 10 K 250/04.A – wird zurückgewiesen.

Die außergerichtlichen Kosten des gerichtskostenfreien Berufungszulassungsverfahrens hat die Klägerin zu tragen.

 

Gründe

Dem Antrag der Klägerin, einer serbisch-montenegrinischen Staatsangehörigen albanischer Volkszugehörigkeit aus dem Kosovo, auf Zulassung der Berufung gegen das Urteil vom 24.1.2006, mit dem das Verwaltungsgericht ihre Verpflichtungsklage mit dem Antrag abgewiesen hat,

„die Beklagte unter Aufhebung des Bescheides vom 6.8.2004” soweit sie von diesem betroffen ist, und Abänderung des Bescheides vom 2.10.2000, 2588721-138, zu verpflichten, festzustellen, dass ein Abschiebungsverbot nach § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthaltsG hinsichtlich der Klägerin vorliegt,”

kann nicht entsprochen werden.

Die Klägerin, die im Dezember 1997 mit ihren noch minderjährigen Kindern in die Bundesrepublik Deutschland eingereist ist, hat nach – bestandskräftigem – Widerruf der zu ihren Gunsten ausgesprochenen Feststellung nach § 51 Abs. 1 AuslG und Ablehnung einer Feststellung nach § 53 Abs. 6 AuslG mit Schreiben ihrer Prozessbevollmächtigten vom 30.6.2004 das Wiederaufgreifen des Verfahrens betreffend die Feststellung nach § 53 Abs. 6 AuslG beantragt und unter Vorlage von nervenfachärztlichen Attesten, die ihr Kombinationskopfschmerz – Spannungskopfschmerz und Migräne – verstärkt durch eine reaktive Depression bescheinigen, und ein psychologisches Attest des Vereins X. e.V. vom 23.6.2004, in dem es zusammenfassend heißt, sie leide an einer Reaktion auf schwere Belastungen (ICD-10 Nr. F 43.8), geltend gemacht, bei ihr lägen die gesundheitlichen Voraussetzungen für eine Feststellung nach § 53 Abs. 6 AuslG vor.

Der Antrag wurde durch Bescheid der Beklagten vom 6.8.2004 abgelehnt. Zur Begründung ist unter anderem ausgeführt, die Klägerin habe vorgebracht, dass sie unter Migräne und Spannungskopfschmerz leide, die medikamentös mit Amitriptylin behandelt würden. Das deutsche Verbindungsbüro Kosovo führe hierzu in Auskünften an die Stadt Moers sowie an die Ausländerbehörden Duisburg und Gelsenkirchen aus, dass bezogen auf den Einzelfall eine posttraumatische Belastungsstörung (und eine mittelgradige depressive Episode) im Kosovo medikamentös und durch kontinuierliche nervenärztliche Betreuung behandelbar sei. Als Basismedikamente zur Behandlung psychischer Erkrankungen stünden unter anderem Fluxanol, Amitriptylin, Diazepam, Lexilium, Clomipramin und Haloperidol zur Verfügung, die grundsätzlich kostenfrei an den Patienten abgegeben würden. Damit sei sichergestellt, dass die Klägerin in ihrer Heimat die gleiche Behandlung erhalte, die auch in Deutschland angewendet werde.

Die Klage, mit der die Klägerin ihr Begehren weiter verfolgt und ein weiteres Attest vorgelegt hat, hat das Verwaltungsgericht durch Urteil vom 24.1.2006 abgewiesen. In den Entscheidungsgründen ist nach Darlegung der Voraussetzungen für die Zubilligung von Abschiebungsschutz nach § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthaltsG wegen gesundheitlicher Gefährdung ausgeführt, hinsichtlich der von der Klägerin bereits im Verwaltungsverfahren geltend gemachten Erkrankungen habe die Beklagte in dem angefochtenen Bescheid bereits überzeugend und erschöpfend ausgeführt, dass diese im Kosovo behandelbar seien. Auf diese Ausführungen werde gemäß § 77 Abs. 2 AsylVfG Bezug genommen. Im Übrigen gelte, dass sich aufgrund der vorgelegten ärztlichen Bescheinigung eine Gesundheitsgefährdung von erheblicher Intensität in dem für die Feststellung nach § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthaltsG geforderten Sinne nicht ableiten lasse. Sämtliche vorgelegten Atteste belegten im Kern lediglich, dass die Klägerin an Migräne beziehungsweise an wöchentlich öfter auftretenden starken Kopfschmerzen leide und ihre Erkrankung im Übrigen dadurch geprägt sei, dass sie dann jeweils auch im „Bett bleibe, nichts esse keine Lust und keine Kraft habe irgendetwas zu machen”. Bereits diese Krankheitserscheinungen belegten, dass von einer schweren Erkrankung, die bei einer Rückkehr in den Kosovo alsbald zu einer wesentlichen Verschlimmerung führen würde, keine Rede sein könne. Im Ü...

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