Entscheidungsstichwort (Thema)
Zum Anspruch auf Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis. Unmöglichkeit der Ausreise. Rückführung russischer Staatsangehöriger
Leitsatz (amtlich)
1. Auch unter Berücksichtigung der Grundrechtsgewährleistungen aus Art. 1 Abs. 1 und Art. 2 Abs. 1 GG kann es keinen ernsthaften Zweifeln unterliegen, dass ein vollziehbar zur Ausreise, also zum Verlassen der Bundesrepublik Deutschland und insbesondere nach § 48 Abs. 3 AufenthG zur Mitwirkung bei der Passbeschaffung verpflichteter Ausländer, dessen Aufenthalt grundsätzlich durch die inländischen Behörden bei Nichterfüllung der Verpflichtung zwangsweise durch Abschiebung beendet werden soll (§ 58 Abs. 1 AufenthG), sich nicht durch eine Erklärung gegenüber der Auslandsvertretung seines Heimatstaates, die Ausreise- und Rückkehrpflicht nicht “freiwillig” befolgen zu wollen, einen Anspruch auf Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis nach § 25 Abs. 5 AufenthG verschaffen kann.
2. Nach im Zusammenhang mit der Anwendung des zwischen der Europäischen Union und der Russischen Föderation geschlossenen Rückübernahmeabkommens stehenden Erklärungen des Generalkonsulats der Russischen Föderation in Bonn ist davon auszugehen, dass es auch russischen Staatsangehörigen, die sich ohne aktuell gültige Reisedokumente in der Bundesrepublik Deutschland aufhalten, aufgrund der einschlägigen gesetzlichen Regelungen des Föderalen Gesetzes No. 114-FG möglich ist, nach Identifizierungsmaßnahmen sog. “Heimkehrdokumente” in Form von Passersatzpapieren zu erhalten und damit in die Russische Föderation einzureisen.
Normenkette
VwGO § 124 Abs. 1, § 124a Abs. 4-5; AufenthG §§ 23, 104a, 25 Abs. 5, § 48 Abs. 3, § 58 Abs. 1
Verfahrensgang
Tenor
Der Antrag der Kläger auf Zulassung der Berufung gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts des Saarlandes vom 6. Mai 2008 – 2 K 946/07 – wird zurückgewiesen.
Die Kosten des Zulassungsverfahrens tragen die Kläger.
Der Streitwert wird für das Zulassungsverfahren auf 10.000,- EUR festgesetzt.
Tatbestand
I.
Die Kläger sind russische Staatsangehörige armenischer Volkszugehörigkeit, reisten im Jahre 1997 in die Bundesrepublik ein und suchten im Ergebnis erfolglos um Gewährung politischen Asyls nach. Seit Abschluss dieses Verfahrens im Jahre 2003 (vgl. dazu OVG des Saarlandes, Beschluss vom 10.4.2003 – 2 Q 80/03 –) wird ihr Aufenthalt geduldet.
Im vorliegenden Verfahren begehren die Kläger vom Beklagten die Erteilung von Aufenthaltserlaubnissen aus humanitären Gründen, und zwar zum einen nach der Altfallregelung und zum anderen unter Verweis auf die Unmöglichkeit der Ausreise.
Das Verwaltungsgericht hat die nach Ablehnung dieser Begehren und erfolglosem Widerspruchsverfahren erhobene Klage durch Urteil vom 6.5.2008 zurückgewiesen. Zur Begründung wurde hinsichtlich der Altfallregelung (§§ 23, 104a AufenthG) auf einem Anspruch beider Kläger entgegenstehende strafrechtliche Verurteilungen des Klägers verwiesen. Mit Blick auf den § 25 Abs. 5 AufenthG hat das Verwaltungsgericht die Anspruchsvoraussetzung einer von den Klägern unverschuldeten Unmöglichkeit der Ausreise verneint.
Gegen diese Entscheidung richtet sich der Antrag auf Zulassung der Berufung. Die Antragsbegründung betrifft den letztgenannten Gesichtspunkt der Ausreiseunmöglichkeit (§ 25 AufenthG).
Entscheidungsgründe
II.
Der Antrag der Kläger auf Zulassung der Berufung (§§ 124a Abs. 4, 124 Abs. 1 VwGO) gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts vom 6.5.2008 – 2 K 946/07 –, mit dem ihre Klage auf Verpflichtung des Beklagten zur Erteilung von Aufenthaltserlaubnissen abgewiesen wurde, muss erfolglos bleiben. Dem den gerichtlichen Prüfungsumfang mit Blick auf das Darlegungserfordernis (§ 124a Abs. 4 Satz 4 und Abs. 5 Satz 2 VwGO) begrenzenden Antragsvorbringen kann das Vorliegen eines der in § 124 Abs. 2 VwGO abschließend aufgeführten Zulassungsgründe nicht entnommen werden. Der Sachvortrag der Kläger lässt die Annahme der geltend gemachten grundsätzlichen Bedeutung der Rechtssache (§ 124 Abs. 2 Nr. 3 VwGO) nicht zu.
Die Kläger werfen insoweit die – aus ihrer Sicht in dem angestrebten Rechtsmittelverfahren zu klärende – Frage auf, “welche rechtlichen Anforderungen an die Zumutbarkeit der Abgabe einer Freiwilligkeitserklärung zu stellen sind”. Sofern man darin überhaupt eine fallübergreifend im Voraus unabhängig von den konkreten Fallumständen für eine Vielzahl von Verfahren generell klärungsbedürftige Grundsatzfrage erblicken wollte, lässt sich bereits nach dem Urteil des Verwaltungsgerichts nicht annehmen, dass es im konkreten Fall auf ihre Beantwortung ankäme. In den Entscheidungsgründen wird darauf verwiesen, dass zwischen der Europäischen Union und der Russischen Föderation ein sog. Rückübernahmeabkommen geschlossen wurde, dessen Verwertbarkeit für die Rückführung der Kläger in ihr Heimatland ungeachtet des Ablaufs ihrer Pässe völlig ungeklärt ist. In dieser Situation verbietet sich schon deswegen auf der Grundlage des Erkenntnisstandes...