Entscheidungsstichwort (Thema)
Ausschluss der Altfallregelung bei Verurteilung wegen Straftaten. schuldhafte Herbeiführung eines Ausreisehindernisses. zu Gründen, die einen Aufenthaltszweck zu rechtfertigen vermögen
Normenkette
AufenthG § 23 Abs. 1, § 25 Abs. 5, § 104a Abs. 1
Nachgehend
Tenor
1. Die Klage wird abgewiesen.
2. Die Kosten des Rechtsstreits tragen die Kläger.
3. Das Urteil ist hinsichtlich der Kosten vorläufig vollstreckbar.
Die Kläger dürfen die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung eines Betrages in Höhe der sich aus dem Kostenfestsetzungsbeschluss ergebenden Kostenschuld abwenden, wenn nicht die Beklagte zuvor Sicherheit in derselben Höhe leistet.
Tatbestand
Die Kläger, russische Staatsangehörige armenischer Volkszugehörigkeit, begehren die Erteilung von Aufenthaltserlaubnissen.
Sie reisten im April 1997 in die Bundesrepublik Deutschland ein und stellten erfolglos Asylantrag (zuletzt Urteil der erkennenden Kammer vom 15.12.2000 – 12 K 9/98.A –, Beschluss des OVG Saarlouis vom 10.04.2003 – 2 Q 80/03 –).
In der Folgezeit nach Rechtskraft des Urteils wurden den Klägern Duldungen erteilt.
Eine Eingabe der Kläger an die Härtefallkommission des Saarlandes blieb erfolglos (Schreiben des Vorsitzenden der Härtefallkommission an die ehemaligen Rechtsanwälte der Kläger vom 21.12.2006).
Mit Schreiben ihrer ehemaligen Prozessbevollmächtigten vom 16.01.2007 beantragten die Kläger bei dem Rechtsvorgänger des Beklagten (Landesamt für Ausländer- und Flüchtlingsangelegenheiten) ihnen im Hinblick auf den Erlass des saarländischen Innenministeriums vom 20.12.2006 (Bleiberecht für im Bundesgebiet wirtschaftlich und sozial integrierte ausreisepflichtige ausländische Staatsangehörige) eine Aufenthaltserlaubnis zu erteilen. Mit Anhörungsschreiben vom 07.02.2007 wies das Landesamt darauf hin, ausweislich der Auskunft aus dem Zentralregister sei der Kläger zu 1. in drei Fällen zu Geldstrafen von insgesamt 110 Tagessätzen verurteilt worden; nach Ziffer 3.3 des Bleiberechtserlasses seien von der Regelung diejenigen Ausländer ausgenommen, die wegen einer im Bundesgebiet begangenen vorsätzlichen Straftat verurteilt worden seien. Außer Betracht bleiben könnten lediglich Geldstrafen von insgesamt bis zu 50 Tagessätzen.
Die Kläger wandten hiergegen ein, der Hintergrund der jeweiligen Verurteilung müsse in die Bewertung einbezogen werden, weshalb die Strafakten beizuziehen seien. Handele es sich um Straftaten mit niedrigem Unrechtsgehalt, dürfte der weitere Aufenthalt trotz Überschreitens der Obergrenze von 50 Tagessätzen nicht versagt werden.
Mit Bescheid vom 12.03.2007 lehnte das Landesamt den Antrag auf Erteilung von Aufenthaltserlaubnissen ab. Zur Begründung heißt es, der Kläger zu 1. sei vom Amtsgericht Lebach mit rechtskräftigem Strafbefehl vom 14.02.2004 wegen Urkundenfälschung in Tateinheit mit vorsätzlichem Führen eines Kraftfahrzeuges ohne Versicherungsschutz zu 30 Tagessätzen, vom Amtsgericht St. Wendel mit rechtskräftigem Strafbefehl vom 26.05.2005 wegen Diebstahls zu 40 Tagessätzen und vom Amtsgericht Lebach am 13.04.2006 wegen Sachbeschädigung zu 40 Tagessätzen rechtskräftig verurteilt worden. Gemäß Ziffer 3.3 Satz 1 des Bleiberechtserlasses seien diejenigen Ausländer von der Regelung ausgeschlossen, die wegen einer im Bundesgebiet begangenen vorsätzlichen Straftat verurteilt worden seien. Da der Kläger zu 1. zu insgesamt 110 Tagessätzen verurteilt worden sei, scheide die Ausnahmeregelung des Bleiberechtserlasses – Geldstrafen bis zu 50 Tagessätzen – aus. Die Verurteilungen des Klägers zu 1. unterlägen auch nicht dem Verwertungsverbot nach dem BZRG. Die Tilgungsfrist bei Verurteilungen zu Geldstrafen von nicht mehr als 90 Tagessätzen betrage fünf Jahre. Bei mehreren Verurteilungen sei die Tilgung einer Eintragung erst zulässig, wenn für alle Verurteilungen die Tilgungsvoraussetzungen vorlägen. Tilgungsreife trete damit wegen der im April 2006 zuletzt erfolgten Verurteilung erst im Jahre 2011 ein. Liege der Versagungsgrund für ein Familienmitglied vor, so scheide die Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis auch für die übrigen Familienmitglieder aus. Da es nur auf die Voraussetzungen des Bleiberechtserlasses ankomme, könnten die Hintergründe der Verurteilung, insbesondere der Rechtsgedanke des § 9 Abs. 2 Ziffer 4 AufenthG, nicht berücksichtigt werden.
Der gegen diesen Bescheid eingelegte Widerspruch wurde mit Widerspruchsbescheid vom 21.06.2007, zugestellt am 27.06.2007, mit gleichlautender Begründung zurückgewiesen.
Am 27.07.2007 ging die Klage bei Gericht ein.
Zur Begründung ist vorgetragen, der Bleiberechtserlass sei verfassungswidrig. Er verstoße zunächst gegen den Bestimmtheitsgrundsatz nach Artikel 20 Abs. 3 GG; die Regelung, wonach lediglich Geldstrafen bis zu 50 Tagessätzen unberücksichtigt bleiben könnten, stelle zudem einen Verstoß gegen das Willkürverbot dar. Es fehle an Differenzierungsmöglichkeiten im Hinblick auf die begangene...