Entscheidungsstichwort (Thema)
Zurückverweisung bei fehlender, aber gebotener Begründung einer Nichtabhilfeentscheidung im PKH-Verfahren
Leitsatz (amtlich)
Ergeben sich im Rahmen eines Prozesskostenhilfebegehrens nach Verweigerung durch das erstinstanzliche Gericht aufgrund der Beschwerdebegründung entscheidungserhebliche neue Tatsachen, ohne dass das Erstgericht in seiner Nichtabhilfeentscheidung hierauf eingeht, so kommt eine Zurückverweisung in Betracht.
Normenkette
SGB XII § 90 Abs. 2 Nr. 8; ZPO § 115 Abs. 3 S. 1
Verfahrensgang
VG des Saarlandes (Beschluss vom 23.08.2007; Aktenzeichen 1 K 615/07) |
Tenor
Der Beschluss des Verwaltungsgerichts des Saarlandes vom 23. August 2007 – 1 K 615/07 – sowie der Nichtabhilfebeschluss vom 12. September 2007 werden aufgehoben.
Die Sache wird zur erneuten Entscheidung über den Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe und Beiordnung des Rechtsanwalts M. K. an das Verwaltungsgericht des Saarlandes zurückgewiesen.
Tatbestand
I.
Mit dem angegriffenen Beschluss hat das Verwaltungsgericht den Antrag des Klägers auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe zurückgewiesen. Begründet ist diese Entscheidung damit, dass der Kläger die subjektiven Voraussetzungen hierfür nicht erfüllt bzw. glaubhaft gemacht habe. Im Einzelnen ist in dem Beschluss ausgeführt:
„Vorliegend geht aus der vom Kläger abgegebenen Erklärung über seine persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse hervor, dass dieser neben dem selbst genutzten Einfamilienhaus in A-Stadt, A-Straße, über ein Wohn- und Geschäftshaus in S., verfügt, welches – wie das selbst genutzte Einfamilienhaus in A-Stadt – im gemeinsamen Eigentum beider Ehegatten steht. Dieses Wohn- und Geschäftshaus, welches nach Angaben des Klägers einen Verkehrswert von ca. 450.000 Euro hat, unterfällt als nicht selbst bewohntes Hausanwesen nicht dem Schonvermögen i.S.d. § 90 Abs. 2 Nr. 8 SGB XII und ist daher gemäß § 115 Abs. 3 Satz 1 ZPO als verwertbares Vermögen einzusetzen. Hierbei kommt eine Verwertung entweder durch Verkauf oder durch Beleihung in Betracht. Der Miteigentumsanteil der Ehefrau des Klägers steht dem nicht entgegen.
Da die Ermittlung des anrechenbaren Einkommens bei der Prüfung der subjektiven Voraussetzungen für die Bewilligung von Prozesskostenhilfe erst in Betracht kommt, wenn die Partei die Prozesskosten nicht bereits aus ihrem Vermögen aufbringen kann, kommt es auf die vom Kläger nicht beantwortete Frage, wie sich die Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung sowie aus der gewährten Eigenheimzulage einerseits und die Darlehensschulden andererseits zwischen ihm und seiner Ehefrau aufteilen, nachdem beide Häuser im gemeinsamen Eigentum stehen, letztlich nicht an.”
Mit Schriftsatz vom 11.9.2007 hat der Prozessbevollmächtigte des Klägers gegen die Verweigerung der Prozesskostenhilfe Beschwerde eingelegt. Unter Beifügung umfangreicher Unterlagen trägt er im Wesentlichen vor, in der Erklärung über die persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse habe sich unter der Rubrik „Grundvermögen” ein Fehler eingeschlichen. Entgegen den dort gemachten Angaben stünden die beiden Objekte nicht in jeweils hälftigem Eigentum der Ehegatten; vielmehr stehe das selbst genutzte Einfamilienhaus in A-Stadt im alleinigen Eigentum der Ehefrau. Bei dem Wohn- und Geschäftshaus in S. handele es sich um zwei grundbuchmäßig getrennte Einheiten, wobei die Wohneinheit (Verkehrswert: ca. 200.000 EUR, Darlehensschuld derzeit 61.355,03 EUR, monatliche Zins- und Tilgungsrate 480,61 EUR, Mieteinnahmen 400,– EUR monatlich) im Alleineigentum des Klägers und die Geschäftseinheit im Alleineigentum der Ehefrau stehe.
Mit Beschluss vom 12.9.2007 hat das Verwaltungsgericht ohne Begründung der Beschwerde nicht abgeholfen und die Akten dem Beschwerdegericht vorgelegt.
Entscheidungsgründe
II.
Die Beschwerde ist zulässig und begründet.
Aufgrund des neuen erheblichen Vorbringens, welches die Eigentums- und Vermögensverhältnisse des Klägers abweichend vom zuvor dem erstinstanzlichen Gericht unterbreiteten Vorbringen darstellt, hätte das Verwaltungsgericht vor der Entscheidung über die Nichtabhilfe auf das Beschwerdevorbringen eingehen und darlegen müssen, warum es dennoch an seiner bisherigen Ansicht festhält, wonach der Kläger die – in Anbetracht des vorläufig festgesetzten Streitwertes von 36.176,04 EUR – nicht unerheblichen Prozesskosten aus seinem Vermögen aufbringen könne
vgl. zur gebotenen Begründung der Nichtabhilfeentscheidung, wenn die Beschwerde neues Vorbringen enthält, auf das einzugehen ist, u.a. OLG Hamm, Beschluss vom 18.8.1986 – 4 WF 228/86 –, FamRZ 1986, 1127; OLG Karlsruhe, Beschluss vom 26.11.1990 – 16 WF 236/90 –, FamRZ 1991, 349 (bei fehlender Begründung einer Ratenzahlungsanordnung); Landesarbeitsgericht Rheinland-Pfalz, Beschluss vom 24.7.2007 – 3 Ta 180/07 –, dokumentiert bei juris; Thomas/Putzo, ZPO, 28. Aufl. (2007), § 572 Rn 10 mit weiteren Nachweisen; vgl. im Übrigen zur Anwendbarkeit des § 572 Abs. 3 ZPO über § 173 VwGO BayVGH, Beschlüsse vom 29.11.2004 – 5 C 04.2837 ...