Entscheidungsstichwort (Thema)
einstweilige Untersagung einer Ernennung
Verfahrensgang
VG des Saarlandes (Beschluss vom 12.03.2002; Aktenzeichen 12 F 123/01) |
Tenor
Unter Abänderung des Beschlusses des Verwaltungsgerichts des Saarlandes vom 12. März 2002 – 12 F 123/01 – wird der Antrag des Antragstellers zurückgewiesen.
Die Kosten des Verfahrens fallen dem Antragsteller zur Last.
Der Streitwert wird für das Beschwerdeverfahren auf 18.844,38 Euro festgesetzt.
Gründe
Die Beschwerde des Antragsgegners gegen den Beschluß des Verwaltungsgerichts des Saarlandes vom 12.3.2002
veröffentlicht in BDVR-Rundschreiben 2002, 85,
hat Erfolg. Sie ist zulässig (§§ 146 Abs. 1 und 4, 147 VwGO) und begründet. Aus den in der Beschwerdebegründung dargelegten Gründen (§ 146 Abs. 4 Satz 6 VwGO) überzeugt die erstinstanzliche Entscheidung nicht, und die deshalb gebotene umfassende Prüfung führt zur Zurückweisung des Begehrens des Antragstellers.
Durch den angegriffenen Beschluß hat das Verwaltungsgericht in Anwendung von § 123 VwGO, Art. 33 Abs. 2 GG, §§ 4 Abs. 1 SRiG, 9 Abs. 1 SBG dem Antragsgegner einstweilen untersagt, den Beigeladenen zum Vizepräsidenten des Landesarbeitsgerichts Saarland (Besoldungsgruppe R 3) zu ernennen. Das kann keinen Bestand haben, da der Antragsteller keinen Anordnungsanspruch – Verletzung seines Bewerbungsverfahrensanspruchs – glaubhaft gemacht hat. Bei der wegen der Bedeutung der Sache bereits im einstweiligen Anordnungsverfahren gebotenen vertieften Prüfung ergibt sich auf der Grundlage des unterbreiteten und glaubhaft gemachten Sachverhalts mit hinreichender Sicherheit, daß – entgegen der den Beschluß vom 12.3.2002 tragenden Ansicht – der Antragsgegner das erste Auswahlverfahren abbrechen und die in Rede stehende Stelle neu ausschreiben durfte, (dazu nachfolgend a); das zweite Auswahlverfahren weist keinen Rechtsfehler zum Nachteil des Antragstellers auf (dazu nachfolgend b); daß der Beigeladene, der sich erst aufgrund der zweiten Ausschreibung beworben hat, dem Antragsteller, dessen Bewerbung bereits nach der ersten Ausschreibung eingegangen war, mit Blick auf die in Rede stehende Stelle nach Leistung und Eignung vorgezogen wurde, kann rechtlich nicht beanstandet werden (dazu nachfolgend c).
a) Nach dem unterbreiteten und glaubhaft gemachten Sachverhalt war der Antragsgegner berechtigt, die Stelle des Vizepräsidenten des Landesarbeitsgerichts Saarland am 15.2.2001 erneut – und zwar nunmehr bundesweit – auszuschreiben. Der dafür ins Feld geführte Grund, durch eine zweite Ausschreibung den Bewerberkreis zu erweitern und dabei vor allem Frauen – nochmals – besonders anzusprechen und zu Bewerbungen zu veranlassen, nachdem die auf die erste Ausschreibung hin eingegangene einzige Bewerbung einer Frau zurückgenommen worden war, kann rechtlich nicht beanstandet werden.
Nach der überzeugenden Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts
grundlegend Urteile vom 25.4.1996, BVerwGE 101, 112, und vom 22.7.1999, ZBR 2000, 40; dazu u. a. Schnellenbach, Beamtenrecht in der Praxis, 5. Aufl., Rdnr. 78, sowie in ZBR 1997, 169 (170), und Schöbener, BayVBl. 2001, 321 (328),
ist der Dienstherr aufgrund seines Organisationsrechts grundsätzlich befugt, ein Auswahlverfahren zur Besetzung einer Beförderungsstelle aus sachlichen Gründen jederzeit zu beenden, ohne daß dadurch die Rechtsstellung von Bewerbern berührt wäre. Die Ausschreibung stellt nämlich lediglich ein Hilfsmittel zur Gewinnung geeigneter Bewerber dar, und deshalb erwächst dem Dienstherrn aus seinem allgemeinen Organisationsrecht die verwaltungspolitische Befugnis, ein eingeleitetes Bewerbungs- und Auswahlverfahren zu beenden und die zu besetzende Stelle neu auszuschreiben. In dieser Phase eines Beförderungsverfahrens spielt das verfassungsrechtlich verankerte Leistungsprinzip (Art. 33 Abs. 2 GG) noch keine Rolle; dieses kommt vielmehr erst zum Tragen, wenn tatsächlich eine Ernennung vorgenommen wird.
Als sachlicher Grund für den Abbruch eines Auswahlverfahrens und eine Neuausschreibung der zu besetzenden Stelle sind in der Rechtsprechung unter anderem anerkannt:
Bedenken des Dienstherrn bezüglich der Eignung des einzig verbliebenen Bewerbers, weshalb ein breiterer Interessentenkreis angesprochen werden soll
so BVerwG, Urteil vom 25.4.1996, a.a.O.,
Abrücken des Dienstherrn von seinem ursprünglichen Besetzungsvorschlag, weil er aus nachvollziehbaren Gründen einen Konkurrentenantrag für erfolgversprechend hält
so HessVGH, Beschluß vom 17.6.1992, ZBR 1993, 210,
Optimierung des Anforderungsprofils für die zu besetzende Stelle nach einer Neuorganisation der Dienststelle
so OVG Rheinland-Pfalz, Beschluß vom 30.6.1997, NVwZ – RR 1999, 49,
lange Dauer eines Stellenbesetzungsverfahrens
so OVG Rheinland-Pfalz, Beschluß vom 6.11.1997, DÖD 1998, 167,
nicht mißbräuchlicher Widerstand der Personalvertretung gegen den Besetzungsvorschlag des Dienstherrn
so OVG Münster, Beschluß vom 5.4.2001, RiA 2002, 95; zu weiteren Fallgestaltungen siehe OVG Niedersachsen, Beschluß vom 8.7.1994, ZBR 1995, 179; He...