Entscheidungsstichwort (Thema)
Anordnung der aufschiebenden Wirkung (Baugenehmigung)
Verfahrensgang
VG des Saarlandes (Beschluss vom 14.07.1998; Aktenzeichen 2 F 46/98) |
Tenor
Die Beschwerde gegen den Beschluß des Verwaltungsgerichts des Saarlandes vom 14. Juli 1998 – 2 F 46/98 – wird zurückgewiesen.
Die Antragsteller tragen die Kosten des Beschwerdeverfahrens je zur Hälfte; außergerichtliche Kosten der Beigeladenen werden nicht erstattet.
Der Streitwert wird für das Beschwerdeverfahren auf 10.000,– DM festgesetzt.
Gründe
Die durch Senatsbeschluß vom 28.8.1998 – 2 V 17/98 – zugelassene Beschwerde bleibt erfolglos.
Das Verwaltungsgericht hat im Ergebnis zutreffend entschieden, daß die Antragsteller keinen Anspruch auf Anordnung der gemäß den §§ 80 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 VwGO, 212 a BauGB ausgeschlossenen aufschiebenden Wirkung ihrer Rechtsbehelfe gegen die den Beigeladenen mit Bauschein Nr. 203/98 vom 26.2.1998 unter Befreiung von Abstandsflächenbestimmungen erteilte Baugenehmigung zum Neubau eines Wohn- und Geschäftshauses und zur Anlegung von 13 Kraftfahrzeugstellplätzen auf dem Grundstück Gemarkung St. Wendel, Flur, Parzelle Nr., haben.
Allerdings ist den Antragstellern darin beizupflichten, daß die den Beigeladenen erteilte Baugenehmigung offensichtlich rechtswidrig ist. Sie läßt nämlich die Errichtung eines Wohn- und Geschäftshauses unmittelbar an der Grenze zu ihrem Anwesen (Parzelle Nr.) zu, ohne daß einer der Tatbestände des § 6 Abs. 1 Sätze 2 und 3 LBO, die abweichend von § 6 Abs. 1 Satz 1 LBO die Freihaltung von Abstandsflächen nach Maßgabe von § 6 Abs. 2 LBO vor den Außenwänden von Gebäuden entbehrlich machen, eingriffe oder die Voraussetzungen für eine Befreiung von der Pflicht zur Freihaltung einer Abstandsfläche vor der der Nachbargrenze zugekehrten Außenwand des Vorhabens auf der Grundlage von § 75 Abs. 3 und 4 LBO erfüllt wären. Insbesondere begründet weder der Umstand, daß die Abstandsflächenbestimmungen einer weiteren baulichen Ausnutzung des Grundstücks der Beigeladenen Grenzen setzen, eine Härtelage im Verständnis von § 75 Abs. 3 Nr. 1 LBO, noch sind Gesichtspunkte der Gestaltung des Straßenbildes oder besondere städtebauliche Verhältnisse aufgezeigt oder ansonsten erkennbar, die eine Befreiung auf der Grundlage von § 75 Abs. 4 Nr. 3 LBO rechtfertigen könnten.
Die sich aus der Pflicht zur Beachtung der Abstandsflächenbestimmungen ergebenden Hindernisse für das umstrittene Vorhaben sind rechtlich auch nicht durch die Baulast ausgeräumt, die im Anschluß an die zwischen den privaten Beteiligten ergangenen Urteile des Landgerichts Saarbrücken vom 30.11.1995 – 10. O. 4698/92 – und des Saarländischen Oberlandesgerichts vom 29.7.1997 – 7 U 120/96-5/97 – unter dem 27.2.1998 im Baulastenverzeichnis des Antragsgegners eingetragen wurde. Die Antragsteller weisen insoweit zu Recht darauf hin, daß diese Baulast mit dem Wortlaut,
„Die Eigentümer (Eheleute B und S, wohnhaft in 66606 St. Wendel, S Straße) des Grundstücks in St. Wendel, Flur, Parzelle Nr., gestatten den Eigentümern (Eheleute B, wohnhaft in 66606 St. Wendel, S Straße) der Nachbarparzelle in 66606 St. Wendel, Flur, Parzelle Nr., unmittelbar an der Grenze zu ihrem Grundstück (siehe Roteintragung auf beigefügter Flurkarte), Flur, Parzelle Nr., ein Gebäude mit 2 Vollgeschossen und einem als Nichtvollgeschoß ausgebautem Dachgeschoß, zu errichten. Diese Vereinbarung gilt für alle Rechtsnachfolger.”
weder die öffentliche Sicherung eines Anbaus vom Nachbargrundstück her (§ 6 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 LBO) noch die Übernahme der vor der Grenzwand des Vorhabens freizuhaltenden Abstandsfläche auf das Nachbargrundstück (§ 8 Abs. 1 LBO) zum Gegenstand hat. Auch die Befreiungsvoraussetzungen werden durch diese Baulast ersichtlich nicht herbeigeführt. Allerdings spricht sehr viel dafür, daß die im Wortlaut der Baulast enthaltene Gestattung, die der Auslegung zugänglich ist, dahin zu verstehen ist, daß die Antragsteller für ihr insofern belastetes Grundstück eine Grenzbebauung auf dem Grundstück der Beigeladenen in dem näher beschriebenen Umfang dulden, das heißt gegenüber einer solchen Grenzbebauung keine öffentlich-rechtlichen Abwehrrechte geltend machen.
Eine Baulast dieses Inhaltes erwiese sich nicht von vornherein als unzulässig. In der Literatur ist anerkannt, daß eine Baulastverpflichtung ihrem Gegenstand nach geeignet sein muß, bei der Genehmigung des Vorhabens ein Hindernis aus dem öffentlichen Recht auszuräumen (Grosse-Suchsdorf/Schmaltz/Wiechert, Niedersächsische Bauordnung, 4. Auflage 1987, § 92 Rdnr. 11). Ein solches Genehmigungshindernis kann bei einer Entscheidung über eine Befreiung von der Pflicht zur Beachtung der Abstandsflächenbestimmungen durchaus auch das im Tatbestand von § 75 Abs. 3 Nr. 1 LBO enthaltene Erfordernis der Würdigung öffentlich-rechtlich geschützter nachbarlicher Interessen sein. Indem die von der Abstandsflächenunterschreitung betroffenen Nachbarn im Wege der Baulast eine Pflicht zur Duldung einer Grenzbebauung übernehmen, kann ein sich ...