Entscheidungsstichwort (Thema)
Ausländische EU-Fahrerlaubnis. Ungültigkeit einer tschechischen Fahrerlaubnis für das Bundesgebiet unter den Voraussetzungen des § 28 Abs. 4 Nr. 2 und 3 FeV a.F.. fehlerhafte Gutachtenanforderung
Leitsatz (amtlich)
1. Der Rückschluss auf die fehlende Kraftfahreignung eines Fahrerlaubnisinhabers wegen Nichtbeibringung eines medizinisch-psychologischen Gutachtens ist gemäß § 11 Abs. 8 FeV nur dann gerechtfertigt, sofern dem Fahrerlaubnisinhaber zuvor eine genau bestimmte Frist gesetzt worden ist, innerhalb derer er das geforderte Gutachten beizubringen hat.
2. Steht auf der Grundlage von Angaben im Führerschein oder anderen vom Ausstellermitgliedstaat herrührenden unbestreitbaren Informationen fest, dass der Inhaber einer EU-Fahrerlaubnis, auf den im Hoheitsgebiet des Aufnahmemitgliedstaats eine Maßnahme des Entzugs einer früheren Fahrerlaubnis angewendet worden ist bzw. nur deshalb nicht angewendet worden ist, weil dieser zuvor auf die Fahrerlaubnis verzichtet hatte, zum Zeitpunkt der Ausstellung des Führerscheins seinen ordentlichen Wohnsitz im Sinne von Art. 7 Abs. 1 der Richtlinie 91/439/EWG nicht im Hoheitsgebiet des Ausstellermitgliedstaats hatte, so kann eine fehlerhafte Verfügung, mit der dem Fahrerlaubnisinhaber das Recht aberkannt wird, von seiner EU-Fahrerlaubnis im Bundesgebiet Gebrauch zu machen, gemäß § 47 Abs. 1 VwVfG in einen feststellenden Verwaltungsakt des Inhalts umgedeutet werden, dass diese Fahrerlaubnis den Inhaber nicht zum Führen von Kraftfahrzeugen im Bundesgebiet berechtigt.
3. § 28 Abs. 4 Nr. 2 und 3 FeV a.F. findet in diesem Fall auf vor dem 19.1.2009 erteilte EU-Fahrerlaubnisse Anwendung und enthält zugleich auch die Ermächtigung für eine entsprechende deklaratorische Feststellung; eines die Ungültigkeit der EU-Fahrerlaubnis konstitutiv herbeiführenden Verwaltungsakts bedarf es insoweit nicht.
Normenkette
EG Art. 227; Richtlinie 91/439/EWG der Art. 1 Abs. 2, Art. 7 Abs. 1 lit. b), Art. 8 Abs. 2, 4, Art. 9, 12 Abs. 3; Richtlinie 2006/126/EG der Art. 11 Abs. 1, 3, 6; StVG § 3 Abs. 1-2, § 21 Abs. 1 Nr. 1; VwVfG § 47 Abs. 1; FeV § 11 Abs. 6 S. 2, Abs. 8, § 14 Abs. 2 Nr. 2, § 28 Abs. 1, 4 Nrn. 2-3, § 46 Abs. 3, 5, § 47 Abs. 2
Tenor
Die Berufung wird zurückgewiesen.
Die Kosten des Berufungsverfahrens fallen dem Kläger zur Last.
Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
Der Kläger wendet sich gegen eine Verfügung des Beklagten, mit der ihm das Recht aberkannt wurde, von der ihm in der Tschechischen Republik erteilten Fahrerlaubnis in der Bundesrepublik Deutschland Gebrauch zu machen.
Der im Jahr 1977 geborene Kläger war ursprünglich Inhaber der Fahrerlaubnis der Klassen 1b und 3. Im Rahmen einer Verkehrskontrolle am 7.1.2001 wurden bei dem Kläger Betäubungsmittel (Amphetamin und Marihuana) aufgefunden. Der Kläger gab an, Gelegenheitskonsument zu sein. Nachdem eine toxikologische Untersuchung auf den vorangegangenen Konsum von Cannabis hingewiesen hatte, wurde der Kläger von dem Beklagten mit Schreiben vom 7.3.2001 zur Vorlage eines Gutachtens über seine Eignung zum Führen von Kraftfahrzeugen aufgefordert. Das daraufhin durch die TÜV Medizinisch-Psychologisches Institut GmbH erstellte und vom Kläger am 8.8.2001 vorgelegte Gutachten ergab, dass der Kläger entgegen seinen Angaben noch vor kurzem Drogen (Kokain) konsumiert habe. Eine Distanzierung vom Drogenkonsum sei nicht gegeben, vielmehr sei von einer psychischen und/oder körperlichen Abhängigkeit auszugehen. Der Kläger sei als ungeeignet zum Fahren eines Kraftfahrzeuges anzusehen, zumal er selbst kurze Zeit vor der Untersuchung am 20.6.2001 nicht auf Drogen verzichtet habe. Daraufhin gab der Kläger noch am 8.8.2001 zur Vermeidung der zwangsweisen Entziehung der Fahrerlaubnis seinen Führerschein freiwillig beim Beklagten ab.
Am 29.1.2005 erwarb der Kläger in der Tschechischen Republik die Fahrerlaubnis der Klasse B; in dem dort am 1.2.2005 ausgestellten Führerschein ist in der Rubrik Nr. 8 als Wohnsitz des Klägers der tschechische Ort “Stribro” eingetragen.
Am 14.3.2005 wies der Kläger den Beklagten auf den Erwerb seiner tschechischen Fahrerlaubnis hin und beantragte deren Anerkennung.
Nachdem der Beklagte in Erfahrung gebracht hatte, dass der Kläger nach den Eintragungen im Melderegister seit dem 1.12.1983 ununterbrochen in der Gemeinde A…-Stadt mit einzigem Wohnsitz gemeldet ist, bat er das Kraftfahrt-Bundesamt unter dem 31.3.2005, sich im Wege der Amtshilfe mit den zuständigen tschechischen Behörden in Verbindung zu setzen und die Einziehung des Führerscheins des Klägers zu beantragen. Der Kläger sei offensichtlich nicht 185 Tage in der Tschechischen Republik wohnhaft gewesen und habe die tschechische Fahrerlaubnis daher nicht rechtmäßig erwerben können.
Außerdem wies der Beklagte den Kläger mit Schreiben vom 4.4.2005 darauf hin, dass nach der Art. 1 Abs. 2 der Richtlinie 91/439/EWG in nationales Recht umsetzenden Regelung des § 28 Abs. 1 FeV Inhaber einer ...