Entscheidungsstichwort (Thema)
Türkische Asylbewerberin kurdischer Volkszugehörigkeit. unterstellte Vorverfolgung. Rückkehrgefährdung. erneute Verfolgung hinreichend sicher ausgeschlossen
Leitsatz (amtlich)
Eine türkische Asylbewerberin kurdischer Volkszugehörigkeit, die sich – neben nach einer Verhaftung anlässlich der Teilnahme am Newrozfest in der Haft erlittene erhebliche Misshandlung – auf eine durch Polizisten erlittene Vergewaltigung vor dem Hintergrund politischer Aktivitäten ihres Ehemannes im Heimatland beruft, die der Senat in dessen Verfahren jedoch als nicht glaubhaft angesehen hat, ist bei unterstellter Vorverfolgung angesichts fehlender sonstiger politischer Aktivitäten bei einer Rückkehr ins Heimatland zusammen mit ihrem Ehemann vor einer erneuten Verfolgung hinreichend sicher.
Tenor
Das Berufungsverfahren wird eingestellt, soweit die Kläger ihren Antrag auf Verpflichtung der Beklagten, sie als Asylberechtigte anzuerkennen, in der mündlichen Verhandlung zurückgenommen haben.
Im Übrigen wird die Berufung zurückgewiesen.
Die Kläger tragen die Kosten des Berufungsverfahrens.
Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
Die 1973 geborene Klägerin zu 1) – nachfolgend: Klägerin – und ihre Kinder, die Kläger zu 2) bis 5), sind türkische Staatsangehörige kurdischer Volks- und alevitischer Religionszugehörigkeit. Am 6.9.2002 verließen sie ihr Heimatland und beantragten am 24.9.2002 ihre Anerkennung als Asylberechtigte. Diesen Antrag begründeten sie mit Schriftsatz ihrer Prozessbevollmächtigten vom 12.9.2002. Da ihr Ehemann – der Kläger des Verfahrens 2 R 1/05 – und sein persönliches Umfeld politisch oppositionell engagiert gewesen seien, sei auch die Klägerin politisiert worden und habe sich im Jahre 1998 der HADEP angeschlossen. Sie habe sich fortan an Newrozfesten und an propagandistischen Aktivitäten beteiligt. Sie sei einmal und zwar im Zusammenhang mit dem Newrozfest 2002 in Mersin festgenommen worden zusammen mit einer sehr großen Anzahl von Personen, darunter auch ihrem Ehemann. Während sie schon nach drei Tagen, in denen sie allerdings körperlich misshandelt worden sei, freigelassen worden sei, befinde sich ihr Ehemann noch immer in Haft. Dieser sei schon 1999 für die Dauer von drei Tagen inhaftiert gewesen. Damals sei gegen ihn ein Verfahren vor dem Staatssicherheitsgericht Adana anhängig gewesen, in dem sowohl er selbst als auch sein Bruder S – wie sich aus dem beigefügten Beschluss dieses Gerichtes ergebe – Beschuldigte gewesen seien. S sei inzwischen als politischer Flüchtling gemäß § 51 I AuslG anerkannt worden. Nach ihrer Freilassung habe sich die Klägerin entschlossen, aus ihrer Heimat zu fliehen, da sie sich nach wie vor durch die staatlichen Sicherheitskräfte bedroht gefühlt habe. Mittels Schlepper seien sie auf dem Luftweg von Istanbul nach Düsseldorf ausgereist.
Bei ihrer Anhörung im Rahmen der Vorprüfung ihres Asylbegehrens am 25.9.2002 begründeten die Kläger ihren Asylantrag im Wesentlichen wie folgt: In der Türkei habe die Klägerin sich politisch engagiert, sei aber nicht Mitglied einer Partei gewesen. Allerdings sei ihr Mann Mitglied der HADEP. Sie selbst habe ihn ab und zu, wenn es ihre Zeit erlaubt habe, begleitet. Außerdem hätten auch manchmal Versammlungen bei ihnen zu Hause stattgefunden. Die Letzte sei etwa 10 oder 15 Tage vor den Newrozfeiern in diesem Jahr gewesen. Sie hätten über die Feierlichkeiten gesprochen und befürchtet, dass die Feier verboten würde, dass sie aber dennoch Newroz feiern wollten. Ausgereist sei sie mit ihren Kindern wegen der Vorfälle beim Newrozfest 2002. An der Newrozfeier habe die ganze kurdische Bevölkerung ihres Stadtteils und auch noch von anderen Stadtteilen teilgenommen, bestimmt 1.000 Leute. Als sie dabei gewesen seien, Newroz zu feiern, hätten die Polizisten ihren Mann und sie mitgenommen. Sie sei vier Nächte und drei Tage in Haft gewesen. Zusammen mit ihnen seien viele Leute mitgenommen worden. Die Polizisten hätten mit Stöcken auf sie eingeschlagen. Sie hätten sie auch auf die Beine geschlagen und sie, als sie bei ihnen in Haft gewesen sei, misshandelt; sie hätten sie an den Haaren gezogen und in einem kalten Raum auf Beton schlafen lassen. Obwohl die Newrozfeiern offiziell erlaubt seien, wolle die Regierung nicht, dass diese gefeiert würden. Während ihrer Festnahme sei sie gefragt worden, warum die Kurden die Leute störten, indem sie Newroz feierten. Man habe auch zu ihr gesagt, dass ihr Mann bei der HADEP sei. Ihr Sohn M und ihre Tochter Z seien aus der Schule geworfen worden. Als ihr Mann und sie festgenommen worden seien während des Newrozfestes, seien die Polizisten in die Schule gegangen und hätten ihre Kinder dort herausgeholt und gesagt, dass sie die Schule nicht mehr besuchen dürften. Nach ihrer Freilassung sei sie so krank gewesen, dass sie einen Monat lang im Bett habe bleiben müssen. Dann sei sie noch einen Monat zu Hause geblieben und habe die Situation abgewartet. Als sie ...