Entscheidungsstichwort (Thema)
Auskunftsverlangen nach dem Saatgutverkehrsgesetz. Zuständigkeit oberster Landesbehörden zur Wahrnehmung von Aufgaben im Außenrechtsverhältnis
Leitsatz (amtlich)
1. § 59 Abs. 1 SaatVerkG kann je nach Fallgestaltung auch nach Abschluss des Vertriebs noch Rechtsgrundlage eines an den Saatguthändler gerichteten Auskunftsverlangens der Saatgutverkehrsbehörde sein. Eine solche Konstellation ist beispielsweise anzunehmen, wenn das Auskunftsverlangen durch den Verdacht der Verunreinigung konventionellen Saatgutes mit gentechnisch veränderten Organismen veranlasst und daher im Falle der Bestätigung des Verdachts zu befürchten ist, dass die hierdurch begründete Gefahr für die in § 1 Nr. 1 und 2 GenTG normierten Zielsetzungen des Gentechnikgesetzes fortbestehen oder sich sogar weiterentwickeln wird.
2. Nach der Saarländischen Verfassung und den Vorgaben des Landesorganisationsgesetzes ist eine oberste Landesbehörde hinsichtlich des ihr auf der Grundlage des Art. 91 Abs. 1 Satz 2 SVerf zugewiesenen Geschäftsbereichs zur Wahrnehmung von Einschreitensbefugnissen im Außenverhältnis nur in dem Umfang berechtigt, in dem ihr entsprechende Zuständigkeiten durch Gesetz oder – soweit es im Sinn des § 5 Abs. 3 Satz 1 LOG um die Ausführung von Bundesgesetzen geht – durch Rechtsverordnung zugewiesen sind.
Normenkette
SaatVerkG § 59 Abs. 1; GenTG § 1 Nrn. 1-2; SVerf Art. 91 Abs. 1 S. 2; LOG § 5 Abs. 3 S. 1
Verfahrensgang
Tenor
Unter teilweiser Abänderung des auf Grund der mündlichen Verhandlung vom 12. Oktober 2006 ergangenen Urteils des Verwaltungsgerichts des Saarlandes wird die Klage gegen die Beklagte zu 1. abgewiesen.
Die Berufung des Beklagten zu 2. gegen das vorgenannte Urteil wird zurückgewiesen.
Die Gerichtskosten des Verfahrens fallen der Klägerin und dem Beklagten zu 2. je zur Hälfte zur Last.
Die außergerichtlichen Kosten der Klägerin trägt der Beklagte zu 2. zur Hälfte.
Die außergerichtlichen Kosten der Beklagten zu 1. trägt die Klägerin.
Im Übrigen tragen die Beteiligten ihre außergerichtlichen Kosten jeweils selbst.
Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
Die Klägerin, die Dienstleistungen im Bereich Landwirtschaft erbringt und unter anderem mit Saatgut handelt, unterhält im Saarland eine Niederlassung in Merzig. Sie wendet sich gegen zwei Anordnungen vom 2.11.2004, die von der Beklagten zu 1., der im Saarland für die Durchführung und Überwachung der saatgutverkehrsrechtlichen Vorschriften zuständigen Behörde, beziehungsweise dem Beklagten zu 2., der zum Zweck des Vollzugs der Vorschriften des Gentechnikgesetzes tätig geworden ist, erlassen worden sind.
Im Vorfeld der Anordnungen hatte die Beklagte zu 2. durch ein Informationsschreiben des nordrhein-westfälischen Umweltministeriums vom 29.7.2004 erfahren, dass bei einer in Nordrhein-Westfalen durchgeführten Untersuchung verschiedener Winterrapssaatgutsorten auf genetisch veränderte Bestandteile in einer Saatgutprobe geringe Verunreinigungen mit gentechnisch verändertem Saatgut, für das keine Genehmigung in der EU vorlag, festgestellt und die Gesamtpartie daher aus dem Verkehr gezogen worden war. Hieraufhin bat der Beklagte zu 2. die Beklagte zu 1. mit Schreiben vom 6.8.2004, im Rahmen der Saatgutverkehrskontrolle fünf Proben Winterrapssaatgut zu jeweils 50 Gramm möglichst von unterschiedlichen Sorten zu ziehen und dem Landesamt für Verbraucher-, Gesundheits- und Arbeitsschutz zum Zweck der Analyse auf Bestandteile von genetisch verändertem Saatgut zu übermitteln. Die Beklagte zu 1. entnahm am 17.8.2004 in der Niederlassung der Klägerin in Merzig unter anderem eine Saatgutprobe der Winterrapssorte „Oase” D/BN 3234/206. Nach den Feststellungen des Landesamtes für Verbraucher-, Gesundheits- und Arbeitsschutz, das die Probe unter der Kennnummer 3188 in seinem molekularbiologischen Überwachungslabor analysierte, wies die Probe Spuren von gentechnisch veränderten Organismen auf. Eine hierauf am 26.8.2004 gezogene Kontrollprobe aus der selben Charge wurde vom Landesamt für Verbraucher-, Gesundheits- und Arbeitsschutz unter der Kennnummer 3358 geprüft, ohne dass sich eine Verunreinigung mit gentechnisch veränderten Organismen nachweisen ließ. Zur weiteren Abklärung des GVO-Verdachts übermittelte der Beklagte zu 2. beide Proben dem Chemischen Veterinäruntersuchungsamt Freiburg, das ausweislich des Untersuchungsbefundes vom 22.9.2004 hinsichtlich beider Proben bei einer Nachweisgrenze von 0,01 bis 0,02 % Spuren von gentechnisch verändertem Raps in einer unterhalb von 0,05 % liegenden Konzentration feststellte.
Mit Schreiben vom 29.9.2004 teilte der Beklagte zu 2. der Klägerin mit, dass aufgrund der durchgeführten Analysen eine unter 0,05 % liegende Verunreinigung mit den Genrapssorten Liberator phoe6/Ac, Falcon GS40/90 phoe6/Ac oder Topas 19/2(HCN92), für die keine Genehmigung zum Anbau in der Europäischen Union vorliege, in Betra...