Entscheidungsstichwort (Thema)

Fortsetzungsfeststellungsklage gegen eine auf § 26 Abs. 1 GenTG gestützte Vernichtungsanordnung durch eine unzuständige Behörde

 

Leitsatz (amtlich)

1. Kommt der Kläger der sofort vollziehbaren Vernichtungsanordnung zum Zwecke der ihm von der Behörde nahegelegten Schadensminderung nach, besteht regelmäßig ein Fortsetzungsfeststellungsinteresse unter dem Gesichtspunkt eines zu erwartenden Regressanspruchs.

2. Fehlt es an der nach Art. 112 Satz 1 SVerf, § 5 Abs. 3 Satz 1 LOG und § 31 GenTG erforderlichen Rechtsverordnung der Landesregierung zur Bestimmung der zuständigen Landesbehörde, ist eine auf § 26 Abs. 1 GenTG gestützte Vernichtungsanordnung rechtswidrig (wie OVG des Saarlandes, Urteil vom 29.01.2008 – 1 A 165/07 –).

 

Normenkette

GG Art. 34, 83-84; BGB § 839; SVerf Art. 112 S. 1; SVwVG § 19 Abs. 2, § 20; SVwVfG § 46; GenTG § 14 Abs. 1 S. 1 Nr. 1, §§ 25, 26 Abs. 1, 5, § 31; SPolG § 78 Abs. 2; LOG § 4 Abs. 1, §§ 5, 13 Abs. 3; ZustVO § 3

 

Tenor

Es wird festgestellt, dass die mit der Anordnung des Beklagten vom 06.09.2007 u.a. ausgesprochene Vernichtung des Aufwuchses von Raps der Sorte Taurus der Partie D/BN 3237/318 wegen angeblicher Verunreinigung von Spuren eines nicht genehmigten gentechnisch veränderten Organismus rechtswidrig war.

Die Kosten des Verfahrens trägt der Beklagte.

Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar. Der Beklagte darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung eines Betrages in Höhe der sich aus dem Kostenfestsetzungsbeschluss ergebenden Kostenschuld abwenden, falls nicht der Kläger vor der Vollstreckung Sicherheit in derselben Höhe leistet.

Der Streitwert wird auf 5.000,-- Euro festgesetzt.

 

Tatbestand

Der Kläger wendet sich mit seiner Fortsetzungsfeststellungsklage gegen die von ihm nach Klageerhebung befolgte Anordnung der Beseitigung des Aufwuchses von Raps der Sorte Taurus D/BN 3237/318 wegen angeblicher Verunreinigung mit Spuren eines nicht genehmigten gentechnisch veränderten Organismus.

Er unterhält in A…-Stadt einen landwirtschaftlichen Betrieb. Nachdem er von einem Vorlieferanten u.a. Rapssaatgut der Sorte Taurus aus der Partie D/BN 3237/318 erhalten und auf einer ca. 15 ha großen Fläche ausgedrillt hatte, ordnete der Beklagte mit der streitigen Anordnung vom 06.09.2007 nach § 26 Abs. 1 des Gesetzes zur Regelung der Gentechnik (Gentechnikgesetz – GenTG) unter Anordnung des Sofortvollzugs hinsichtlich der Nummern 1. und 2. gegenüber dem Kläger an:

(1.) die Vernichtung des Aufwuchses der Rapssaat auf den Flächen Schlag … Flick Nr.: …, Schlag … Flick Nr.: … und Schlag … Flick Nr.: … mit folgender Vorgehensweise:

1.1 Das vollständige Auflaufen der Saat mit der Entfaltung eines Laubblattes ist abzuwarten.

1.2 Die zuständige Behörde (= der Beklagte) ist über das vollständige Auflaufen der Saat unverzüglich zu unterrichten.

1.3 Nach in Augenscheinnahme des Aufwuchses durch die zuständige Behörde wird in Abstimmung mit dieser ein Termin für eine chemische Behandlung festgelegt.

1.4 Als Mittel für die Vernichtung der Rapspflanzen wird Round-Up empfohlen. Wird ein anderes glyphosathaltiges Herbizid für das Abtöten der Pflanzen vorgesehen, ist dies der zuständigen Behörde mitzuteilen, die dessen Einsatz genehmigen muss. Die Verwendung der Mittel richtet sich nach den jeweiligen Produktempfehlungen und ggf. getroffenen Vorgaben der zuständigen Behörde.

1.5 Der zuständigen Behörde ist die erfolgreiche Abtötung der Rapspflanzen mitzuteilen, worauf diese eine Kontrolle der Flächen vornimmt.

(2.) Eine Bodenbearbeitung und Nachsaat könne nur nach Zustimmung durch die zuständige Behörde erfolgen. Eine Nachsaat von Raps sei bis Juli 2008 nicht gestattet. Maßnahmen zur Bekämpfung von zeitlich später auflaufenden Rapspflanzen haben zu erfolgen. Beim Herbizideinsatz in der Nachfolgekultur sind Herbizide mit guter Wirkung gegen Ausfallraps einzusetzen.

Für den Fall, dass der Anordnung nicht fristgerecht nachgekommen werde, drohte der Beklagte dem Kläger ein Zwangsgeld in Höhe von 1.000 EUR an, das er zugleich (aufschiebend bedingt) festsetzte. Für den Fall einer weiteren Zuwiderhandlung drohte der Beklagte ein Zwangsgeld in Höhe von 5.000 EUR an.

Zur Begründung ist in der Anordnung ausgeführt, dass im Rahmen von Saargutkontrollen in Nordrhein-Westfalen die Winterrapssorte TAURUS mit der Partiebezeichnung D/BN 3237/318 beprobt worden sei. Die dabei verwendete etablierte Methode sei durch den Unterausschuss Methodenentwicklung der Bund/Länderarbeitsgemeinschaft Gentechnik (LAG) für Überwachung nach § 25 GenTG validiert und veröffentlicht. (www.lag-gentechnik.de) Es sei festgestellt worden, dass die Proben mit gentechnisch verändertem Raps nachweislich verunreinigt gewesen seien. Der Inverkehrbringer dieser Partie habe nach Bekanntwerden des Untersuchungsergebnisses zwar versucht, durch eine Rückrufaktion das Inverkehrbringen rückgängig zu machen bzw. eine Aussaat zu verhindern. Jedoch seien Einheiten des Saatgutes bereits verkauft und auch ausgesät worden. N...

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