Verfahrensgang
VG Gelsenkirchen (Aktenzeichen 8 L 399/02) |
Tenor
Die Beschwerde wird zurückgewiesen.
Der Antragsteller trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.
Der Streitwert wird für das Beschwerdeverfahren auf 2.000,– Euro festgesetzt.
Gründe
Die Beschwerde ist nicht begründet. Die dargelegten Gründe, auf deren Prüfung der Senat beschränkt ist, § 146 Abs. 4 Satz 6 VwGO, geben keinen Anlass, den angefochtenen Beschluss abzuändern oder aufzuheben.
An der Statthaftigkeit des Aussetzungsantrags bestehen keine Bedenken. Dafür ist unerheblich, ob der Antragsteller glaubhaft gemacht hat, dass er der unter Hinweis auf § 92 Abs. 2 VwGO ergangenen Aufforderung zur Begründung seiner Klage 8 K 2442/01 ohne ihm zurechenbares Verschulden nicht innerhalb der Dreimonatsfrist nachgekommen ist. § 60 Abs. 1 VwGO findet ihm Rahmen von § 92 Abs. 2 Satz 1 VwGO keine Anwendung, weil es sich bei der dort genannten Frist um eine Ausschlussfrist handelt; Abweichendes gilt in entsprechender Anwendung des Rechtsgedankens der §§ 58 Abs. 2, 60 Abs. 3 VwGO nur im Falle höherer Gewalt, vgl. Clausing in: Schoch/Schmidt-Aßmann/Pietzner, VwGO, § 92 Rdn. 57 Kopp, VwGO, 13. Aufl. § 92 Rdn. 22, jeweils m.w.N.
Die Klage gilt jedoch nicht gemäß § 92 Abs. 2 Satz 1 VwGO als zurückgenommen, weil im Zeitpunkt der Betreibensaufforderung ungeachtet mehrmaliger erfolgloser Erinnerung an die angekündigte Klagebegründung keine sachlich begründeten Anhaltspunkte für einen Wegfall des Rechtsschutzinteresses bestanden haben. Nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts gilt dieses zu den entsprechenden asylverfahrensrechtlichen Regelungen entwickelte ungeschriebene Tatbestandsmerkmal auch für § 92 Abs. 2 Satz 1 VwGO.
Hiernach genügt die fehlende Klagebegründung, die durch die Verwaltungsgerichtsordnung nicht zwingend vorgeschrieben ist, für sich genommen nicht generell für die Annahme eines Wegfalls des Rechtsschutzinteresses, vgl. BVerwG, Beschlüsse vom 18. September 2002 – 1 C 103/02 –, InfAuslR 2003, 77, vom 12. April 2001 – 8 B 2/01 –, NVwZ 2001, 918 und Beschluss vom 5. Juli 2000 – 8 C 119/00 –, NVwZ 2000, 1297.
Im vorliegenden Fall lagen keine sachlich begründeten Anhaltspunkte für ein Desinteresse des Klägers an der Weiterverfolgung seiner Anfechtungsklage vor. Aus der Ausweisungsverfügung vom 27. März 2000 und dem Widerspruchsbescheid vom 19. April 2001, die der Klageschrift beigefügt waren, ergab sich, dass der Antragsteller sich noch im Bundesgebiet aufhielt. Er befand sich noch für einen längeren Zeitraum in Strafhaft, weil er am 25. Juni 1999 zunächst zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von 4 Jahren und 3 Monaten und sodann am 7. April 2000 unter Einbeziehung der vorgenannten Strafe zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von 6 Jahren und 6 Monaten verurteilt worden war. Bei der Ausweisung geht es erkennbar um eine für den Antragsteller existenzielle Angelegenheit. Er selbst lebte bei Erlass der Ausweisungsverfügung seit 10 Jahren im Bundesgebiet und besaß eine unbefristete Aufenthaltserlaubnis. Bei ihm lebten seine Ehefrau und die beiden 1988 und 1998 geborenen Kinder. Der Antragsteller selbst hatte im Anhörungsverfahren nachdrücklich darauf hingewiesen, dass er seinen Aufenthalt in Deutschland mit seiner Familie fortsetzen wollte, zumal seine Ehefrau seit 15 Jahren (richtig: von 1974 bis 1984 und seit 1997) hier lebe.
Nicht zu folgen ist der Auffassung des Antragstellers, die Abwägung der gegenläufigen Vollzugsinteressen müsse schon deswegen zu seinen Gunsten ausfallen, weil er als durch Art. 41 Abs. 1 des Zusatzprotokolls vom 23. November 1970, BGBl. II 1972, 385 – Zusatzprotokoll – zum Abkommen vom 12. September 1963 zur Gründung einer Assoziation zwischen der Europäischen Wirtschaftsgemeinschaft und der Türkei für die Übergangsphase, BGBl. II 1964, 509 – Assoziierungsabkommen – begünstigter Gewerbetreibender nur aufgrund einer Ermessensentscheidung nach Maßgabe des bei Inkrafttreten des Zusatzprotokolls geltenden § 10 Abs. 1 Nr. 2 AuslG 1965 hätte ausgewiesen werden dürfen.
Der Senat legt mit dem Verwaltungsgericht zugrunde, dass der Antragsteller zu dem durch Art. 41 Abs. 1 des Zusatzprotokolls begünstigten Personenkreis gehört, zu den Voraussetzungen vgl. EuGH, Urteil vom 11. Mai 2000 – C 37/98 – (Savas), InfAuslR 2000, 326.
Der Antragsteller war seit 1993 oder 1994 im Besitz der unbefristeten Aufenthaltserlaubnis, die ihm mangels entgegenstehender Auflagen die Ausübung einer selbständigen Erwerbstätigkeit ermöglichte. Nach den vorliegenden Erkenntnissen hat er von Juni 1996 bis November 1997 als Selbständiger einen Kiosk und von April 1999 bis zu seiner Festnahme am 9. Juni 1999 eine Imbissstube betrieben. Er kann sich deswegen auf das Recht zur Ausübung einer selbständigen Erwerbstätigkeit und das daraus resultierende Aufenthaltsrecht berufen.
Der Senat geht weiter davon aus, dass der Antragsteller diese Rechtsposition durch seine Untersuchungs- und Strafhaft (seit dem 10. Juni bzw. seit dem 7. Dezember 1999) nicht verloren hat. Die Argumentation, d...