Leitsatz (amtlich)
1. Die Festlegung des Endes der Probenzeiten für Bühnenangestellte unterliegt gemäß § 72 Abs. 4 Satz 1 Nr. 1 LPVG NRW der Mitbestimmung des Personalrats.
2. § 4 NV Solo, §§ 55, 56, 67 und 68 NV Chor/Tanz sowie §§ 15 und 17 TVK begründen keinen Tarifvorbehalt, der das Mitbestimmungsrecht aus § 72 Abs. 4 Satz 1 Nr. 1 LPVG NRW bei Beginn und Ende der Arbeitszeit ausschließt.
3. Die durch Art. 5 Abs. 3 Satz 1 GG verbürgte Freiheit der Kunst steht dem Mitbestimmungsrecht bei der Festlegung des Endes der Probenzeiten für Bühnenangestellte nicht entgegen.
4. Auch die Festlegung lediglich eines Teils der Arbeitszeit eines Beschäftigten, der im Übrigen seine Arbeitszeit frei einteilen kann, unterfällt dem Mitbestimmungsrecht aus § 72 Abs. 4 Satz 1 Nr. 1 LPVG NRW (entgegen BVerwG, Beschlüsse vom 23.12.1982 – 6 P 26.79 – und vom 7.3.1983 – 6 P 27.80 –).
Verfahrensgang
VG Köln (Aktenzeichen 34 K 3648/97.PVL) |
Nachgehend
Gründe
Dem Antragsteller steht hinsichtlich der Festlegung des Endes der Probenzeiten für Bühnenangestellte ein Mitbestimmungsrecht gemäß § 72 Abs. 4 Satz 1 Nr. 1 LPVG NRW zu.
Nach dieser Bestimmung hat der Personalrat, soweit eine gesetzliche oder tarifliche Regelung nicht besteht, mitzubestimmen unter anderem über Beginn und Ende der täglichen Arbeitszeit und der Pausen sowie die Verteilung der Arbeitszeit auf die einzelnen Wochentage.
Ein Mitbestimmungsrecht des Antragstellers scheitert nicht an dem im Einleitungsteil des § 72 Abs. 4 Satz 1 LPVG NRW enthaltenen Vorbehalt des Bestehens einer tariflichen Regelung – Tarifvorbehalt –.
Eine tarifliche Regelung schließt die Mitbestimmung des Personalrats nur dann aus, wenn darin ein Sachverhalt unmittelbar geregelt ist, es also zum Vollzug keines Ausführungsakts bedarf. Eine solche Regelung besitzt Ausschließlichkeitscharakter, weil sie vollständig, umfassend und erschöpfend ist. Wenn jedoch aufgrund einer tariflichen Regelung die Ausgestaltung der Einzelmaßnahme dem Dienststellenleiter überlassen ist, unterliegt dessen Entscheidung der Richtigkeitskontrolle durch den Personalrat im Wege der Mitbestimmung.
Vgl. BVerwG, Beschlüsse vom 28.3.2001 – 6 P 4.00 –, PersR 2001, 343, vom 30.1.1996 – 6 P 50.93 –, Buchholz 251.5 § 74 HePersVG Nr. 1 = PersR 1996, 316 = PersV 1996, 469 = RiA 1997, 191 = ZTR 1996, 572, und vom 17.6.1992 – 6 P 17.91 –, BVerwGE 90, 228 = Buchholz 250 § 75 BPersVG Nr. 79 = DÖV 1993, 484 = NVwZ-RR 1993, 563 = PersR 1992, 451 = PersV 1993, 175 = ZTR 1992, 477; Cecior/Dietz/Vallendar/Lechtermann/Klein, Personalvertretungsrecht NRW, § 72 Rn. 284.
Die im vorliegenden Zusammenhang relevanten Tarifverträge enthalten kein diesen Anforderungen genügendes Regelwerk. So befassen sich § 4 des für die Bühnenmitglieder geltenden Normalvertrags zwischen dem Deutschen Bühnenverein und der Genossenschaft Deutscher Bühnen-Angehöriger – NV Solo –, §§ 55 und 56 sowie §§ 67 und 68 des seit dem 1.1.2001 für die Opernchor- und die Tanzgruppenmitglieder geltenden Normalvertrags Chor und Tanz – NV Chor/Tanz – und §§ 15 und 17 des für die Orchestermusiker geltenden Tarifvertrags für die Musiker in Kulturorchestern – TVK – allein mit der Verpflichtung der Bühnenangehörigen zur Teilnahme an den Proben, mit der Höchstdauer einer Probe, mit den zwischen einzelnen Proben einzuhaltenden Ruhezeiten und mit der Möglichkeit zur Durchführung von Proben mit unbegrenzter Dauer. Eine im vorliegenden Zusammenhang allein relevante abschließende Regelung über das konkrete Ende einer jeden Probe lässt sich diesen Vorschriften jedoch nicht entnehmen. Insoweit verbleibt dem jeweiligen Dienststellenleiter und somit auch hier der Beteiligten ein der Mitbestimmung des Personalrats unterliegender Raum zur Ausgestaltung der tarifvertraglichen Vorgaben.
Vgl. ebenso Löwisch/Kaiser, Tendenzschutz in öffentlich-rechtlich geführten Bühnenunternehmen, 1996, S. 67.
Daran ändert auch nichts, dass einzelne tarifvertragliche Vorschriften die Möglichkeit zeitlich unbegrenzter Proben vorsehen. Derartige Regelungen begründen allein die arbeitsrechtliche Verpflichtung der einzelnen Bühnenangehörigen zur Teilnahme an derartigen Proben. Für die Frage der Mitbestimmungspflichtigkeit der Festlegung des Endes einer Probenzeit lässt sich dem jedoch nichts entnehmen.
Die tatbestandlichen Voraussetzungen des § 72 Abs. 4 Satz 1 Nr. 1 LPVG NRW liegen vor. Bei der Festlegung des Endes der Probenzeiten von Bühnenangestellten handelt es sich um eine Regelung des Endes der Arbeitszeit im Sinne dieser Bestimmung.
Arbeitszeit i.S.d. § 72 Abs. 4 Satz 1 Nr. 1 LPVG NRW ist diejenige Zeit, die der einzelne Beschäftigte zur Erbringung der ihm nach seinem Arbeitsvertrag obliegenden Verpflichtungen aufzuwenden hat. Dies ist für die auf die Proben verwendete Zeit von Bühnenangestellten ohne weiteres zu bejahen.
Allerdings ist der Beteiligten zuzugestehen, dass die Probenzeiten nicht die gesamte Arbeitszeit der Bühnenangestellten erfasst. Zu deren Tätigkeitsbereich...