Verfahrensgang

VG Aachen (Aktenzeichen 5 K 579/01)

 

Tenor

Das angefochtene Urteil wird geändert.

Die Klage wird abgewiesen.

Die Klägerin trägt die Kosten des Verfahrens beider Instanzen, für das Gerichtskosten nicht erhoben werden.

Die Kostenentscheidung ist vorläufig vollstreckbar. Die Klägerin darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe des vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht der Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe des zu vollstreckenden Betrages leistet.

Die Revision wird zugelassen.

 

Tatbestand

Die Klägerin begehrt Ausbildungsförderung für ihr Medizinstudium an der RWTH B. nach Ablauf der Förderungshöchstdauer. Sie nahm ihr Studium im Wintersemester 1994/95 auf und erhielt Ausbildungsförderung bis Dezember 2000.

Die Klägerin beantragte am 11. Oktober 2000 Ausbildungsförderung für weitere sechs Semester und führte zur Begründung an, sie habe ihr Studium aus gesundheitlichen Gründen nicht in der Regelstudienzeit abschließen können. Im März 1997 habe sie krankheitsbedingt am Physikum nicht teilnehmen können. Im September 1997 habe sie die mündliche Prüfung und damit das Physikum nicht bestanden. Im März 1998 habe sie das Physikum erneut nicht bestanden; das nachträglich von ihr eingereichte Attest sei vom Prüfungsamt nicht anerkannt worden. Den erneuten Versuch im August 1998, die ärztliche Vorprüfung zu bestehen, habe sie aus gesundheitlichen Gründen abgebrochen; diesmal habe das Landesprüfungsamt ihr Attest anerkannt. In der Zeit von Oktober 1998 bis Ende Januar 1999 sei sie stationär behandelt worden, wobei zu Beginn des Klinikaufenthaltes die Behandlungsdauer nicht absehbar gewesen sei. Einen erneuten Prüfungsversuch im März 1999 habe sie wiederum aus gesundheitlichen Gründen abgebrochen; auch dieses Attest sei vom Landesprüfungsamt anerkannt worden. Im August 1999 habe sie schließlich das Physikum mit der Note ausreichend bestanden. Sie habe während ihres Studiums unter Prüfungsangst gelitten und sei deswegen seit April 1997 in psychotherapeutischer Behandlung. Im Sommer 2000 habe sie ihr Erstes Staatsexamen abgelegt. Da sie ohne das Physikum nach der Approbationsordnung keine weiteren Scheine habe erwerben können, lägen für die Zeit vom März 1997 bis August 1999 keine nachweisbaren Studienleistungen vor.

Mit Bescheid vom 14. Dezember 2000 lehnte der Beklagte den Antrag der Klägerin ab. Nach § 15 Abs. 3 BAföG werde Ausbildungsförderung über die Förderungshöchstdauer hinaus nicht geleistet, wenn feststehe, dass der Auszubildende die Ausbildung innerhalb der verlängerten Förderungszeit nicht berufsqualifizierend abschließen könne. Dieser Sachverhalt sei gegeben, weil die Klägerin – wie von der Medizinischen Fakultät der RWTH B. bestätigt worden sei – noch ca. sechs Semester benötige, um ihr Studium abzuschließen, jedoch wegen schwerwiegender Gründe (hier: Krankheit) gemäß § 15 Abs. 3 Nr. 1 BAföG Ausbildungsförderung lediglich für zwei Semester über die Förderungshöchstdauer hinaus bekommen könne.

Den dagegen erhobenen Widerspruch der Klägerin wies die Bezirksregierung L. mit Widerspruchsbescheid vom 8. März 2001 zurück. Zwar sei wegen des erstmaligen Nichtbestehens der ärztlichen Vorprüfung im Herbst 1997 ein weiteres und damit drittes Semester als berücksichtigungsfähig anzuerkennen. Dies ändere aber nichts daran, dass die Klägerin ihr Studium innerhalb der verlängerten Förderungszeit nicht berufsqualifizierend abschließen könne.

Mit ihrer rechtzeitig erhobenen Klage hat die Klägerin im Wesentlichen geltend gemacht: Sie habe das Physikum noch vor Beendigung der psychotherapeutischen Behandlung im August 1999 erfolgreich abgelegt. Es sei zu berücksichtigen, dass sie ihr Abitur auf dem Abendgymnasium erworben habe, auf Grund guter Leistungen eine Klasse habe überspringen können, vor Beginn des Studiums wegen ihrer finanziellen Situation drei Jahre lang erwerbstätig gewesen sei und – obgleich sie im Mai 2001 an einem Finger operiert worden und deswegen bis in den Sommer hinein nicht voll arbeitsfähig gewesen sei – ihr Studium dennoch fortgeführt habe. Der Rechtsstandpunkt des Beklagten berücksichtige nicht hinreichend, dass der Auszubildende durch § 15 Abs. 3 BAföG so gestellt werden solle, wie er stehen würde, wenn die Verzögerung seiner Ausbildung nicht eingetreten wäre.

Die Klägerin hat beantragt,

den Beklagten unter Aufhebung seines Bescheides vom 14. Dezember 2000 und des Widerspruchsbescheides der Bezirksregierung L. vom 8. März 2001 zu verpflichten, ihr – der Klägerin – Ausbildungsförderung über die Förderungshöchstdauer hinaus für weitere vier Semester zu bewilligen.

Der Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Er hat ausgeführt, die Prüfungsleistungen der Klägerin ließen erkennen, dass sie um positive Prüfungsergebnisse stets habe kämpfen müssen. Dass die Klägerin infolgedessen einem erheblichen Prüfungsstress ausgesetzt gewesen sei, verstehe sich von selbst. Eine erkennbare Überforderung durch das Studium könne nicht mit staatlichen Fördermitteln ausg...

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