Entscheidungsstichwort (Thema)
Baurecht
Verfahrensgang
VG Greifswald (Beschluss vom 16.11.1998; Aktenzeichen 1 B 1324/97) |
Tenor
Auf die Beschwerde der Antragstellerinnen wird der Beschluß des Verwaltungsgerichts Greifswald vom 16. November 1998 – mit Ausnahme der Streitwertfestsetzung – geändert.
Die aufschiebende Wirkung des Widerspruchs der Antragstellerinnen gegen die dem Beigeladenen durch Bescheid des Antragsgegners vom 18. Juni 1997 erteilte Baugenehmigung wird angeordnet. Im übrigen wird der Antrag abgelehnt.
Die Kosten des erstinstanzlichen Verfahrens tragen der Antragsgegner und der Beigeladene je zur Hälfte, die des Verfahrens vor dem Oberverwaltungsgericht trägt der Antragsgegner voll.
Der Wert des Streitgegenstandes wird für das Verfahren vor dem Senat auf 14.000,– DM festgesetzt.
Tatbestand
I.
Der Beigeladene beabsichtigt, auf dem Flurstück 45/2 der Flur 1 in der Gemarkung P. ein Einfamilienhaus zu errichten. Mit dem Bau wurde bereits begonnen.
Die Antragstellerinnen betrieben auf den angrenzenden Flurstücken 170/2, 129/3 und 45/1 eine Milchviehanlage. Im Oktober 1997 waren Tierplätze für 140 Kühe, 60 Jungrinder älter als 2 Jahre, 50 Jungrinder zwischen 1 und 2 Jahren und 50 Tierplätze für Jungrinder bis zu 1 Jahr vorhanden. Die genaue Belegung ist nicht bekannt. Die Entfernung zwischen den Stalltoren der beiden Kuhställe und dem beabsichtigten Wohnhaus beträgt ca. 26 Meter.
Im Jahre 1997 brach der Beigeladene ein altes Wohnhaus ab, das an anderer Stelle auf dem Flurstück 45/2 stand.
Am 18.06.1997 erteilte der Antragsgegner dem Beigeladenen die Baugenehmigung zur Errichtung eines Wohnhauses.
Am 26.06.1997 wurde ein Flurneuordnungsverfahren angeordnet, über dessen Fortgang nichts bekannt ist.
Am 27.06.1997 beseitigte der Beigeladene eine Dungplatte, die sich aus dem Flurstück 45/1 der Flur i befand. Diesbezüglich kam es zwischen den Antragstellerinnen und dem Beigeladenen zu einem zivilrechtlichen Nachbarstreit.
Mit ihrem Widerspruch vom 09.07.1997 wandten sich die Antragstellerinnen gegen die Baugenehmigung und trugen unter anderem vor, daß sich im Außenbereich befindende Bauvorhaben verstoße gegen das auch die Antragstellerinnen schützende bauplanungsrechtliche Gebot der Rücksichtnahme.
Am 24.07.1997 haben die Antragstellerinnen um die Gewährung vorläufige verwaltungsgerichtlichen Rechtsschutzes nachgesucht.
Das Verwaltungsgericht hat unter dem 29.07.1997 die Vollziehung der Baugenehmigung vorläufig ausgesetzt. Der Antragsgegner hat am 30.07.1997 die Einstellung der Bauarbeiten verfügt.
Am 10.06.1998 haben die Antragstellerinnen die Milchviehanlage an Herr B. veräußert.
Am 15.07.1998 hat der Beigeladene eine Baulast übernommen, in der er sich zur Duldung der von der Milchviehanlage ausgehenden landwirtschaftlichen Immissionen verpflichtet. Wegen der Einzelheiten wird aus die als Beiakte E eingereichte Baulastübernahme verwiesen.
Durch Beschluß vom 16.11.1998 hat das Verwaltungsgericht seinen Hängebeschluß geändert und den Antrag auf Aussetzung der Baugenehmigung ab gelehnt. Das Verwaltungsgericht hat ausgeführt, der Antrag sei zulässig, aber unbegründet. Die Interessenabwägung gehe zu Lasten der Antragstellerinnen aus. Eine subjektive Rechtsverletzung sei nicht feststellbar. Durch Ortsbesichtigung sei festgestellt worden, daß das Vorhaben des Beigeladenen im Außenbereich verwirklicht werden solle. Es sei nicht privilegiert und habe keinen Bestandsschutz. Die Baugenehmigung sei rechtswidrig. Aus dem Gebot der Rücksichtnahme hätten die Antragstellerinnen aber keinen Anspruch, die heranrückende Wohnbebauung abzuwehren. Der Beigeladene müsse die bestehende Vorbelastung seines Grundstückes gegen sich gelten lassen und könne sich gegen die vorhandene Milchviehanlage und ihre Erweiterung nur in rechtlich begrenztem Umfange wehren. Diese Rechte seien durch die übernommene Baulast weit stark eingeschränkt. Aus dem Gutachten der L. M-V GmbH vom Oktober 1997 folge, daß mit einer – wenn überhaupt – nur geringen Geruchsbelästigung zu rechnen sei.
Durch Bescheid vom 25.11.1998 hat der Antragsgegner seine Stillegungsverfügung aufgehoben.
Mit ihrem Zulassungsantrag vom 01.12.1998 machen die Antragstellerinnen ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des angefochtenen Beschlusses geltend, tragen vor, die Rechtssache habe grundsätzliche Bedeutung, und rügen Divergenz.
Durch Beschluß vom 26.01.1999 hat der Senat die Beschwerde wegen ernstlicher Zweifel zugelassen.
Entscheidungsgründe
II.
A. Die Beschwerde ist zulässig. Das Rechtsschutzbedürfnis der Antragstellerinnen ist durch die Veräußerung der Milchviehanlage nicht entfallen. Gemäß § 173 VwGO i.V.m. § 266 ZPO können die Antragstellerinnen den vorliegenden Rechtsstreit fortführen. Sie haben im übrigen geltend gemacht, daß auch der Betriebsnachfolger B. an einer Verhinderung des Bauvorhabens interessiert sei.
B. Die Beschwerde ist im wesentlichen begründet.
Der angefochtene Beschluß erweist sich insoweit als unzutreffend, als er den Aussetzungsantrag der Antragstellerinnen ablehnt. Der ...