Entscheidungsstichwort (Thema)

Baurechtlicher Nachbarstreit: Beurteilungszeitpunkt - Berücksichtigung einer Nachtragsbaugenehmigung im Eilverfahren; Anordnung der aufschiebenden Wirkung nur bis zur Fertigstellung des Rohbaus; Vertrauen auf Bestand eines unverbaubaren Blicks nicht schutzwürdig; Rücksichtnahmegebot - Einsehbarkeit einer Nachbarterrasse

 

Leitsatz (redaktionell)

1. Maßgeblicher Zeitpunkt für die Beurteilung der Sach- und Rechtslage in einem baurechtlichen Nachbarstreit ist die Entscheidung des Gerichts; eine zwischenzeitlich erteilte Nachtragsbaugenehmigung ist in einem Eilverfahren zu berücksichtigen.

2. Nach der ständigen Rechtsprechung des Senats kommt die Anordnung der aufschiebenden Wirkung eines Widerspruchs eines Nachbarn gegen eine Baugenehmigung grundsätzlich nur in Betracht, solange die vom Nachbarn befürchtete Beeinträchtigung noch nicht eingetreten ist bzw ohne Vorwegnahme der Hauptsache noch verhindert werden kann. Nach Fertigstellung des Rohbaus kann dem Nachbarn nur dann noch vorläufiger Rechtsschutz gewährt werden, wenn auch die Nutzung des betreffenden Gebäudes gegen nachbarschützende Vorschriften verstößt.

3. Das Vertrauen des Nachbarn auf den Bestand eines unverbauten Blicks und eine bestimmte Verkehrslage ist grundsätzlich nicht schutzwürdig. Ob das Anlegen weiterer Kfz-Einstellplätze gegen das Gebot der Rücksichtnahme verstößt, beurteilt sich nach den Umständen des Einzelfalles.

4. Die Möglichkeit, auf die Terrasse des Nachbarn Einsicht zu nehmen, ist lediglich in Ausnahmefällen geeignet, das Rücksichtnahmegebot zu verletzen - hier verneint.

 

Normenkette

BauGB § 34; VwGO § 80 Abs. 5

 

Verfahrensgang

VG Greifswald (Aktenzeichen 1 B 1032/93)

 

Fundstellen

NJW 1995, 1850

NVwZ 1995, 400

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