Entscheidungsstichwort (Thema)
Normenkontrolle
Tenor
Die am 11. März 1996 beschlossene Gebührensatzung zur Satzung des Landkreises … über die Vermeidung, Verwertung und Entsorgung von Abfällen im Landkreis … wird für nichtig erklärt.
Der Antragsgegner trägt die Kosten des Verfahrens.
Die Kostenentscheidung ist vorläufig vollstreckbar. Der Antragsgegner darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe der erstattungsfähigen Kosten abwenden, wenn nicht die Antragstellerin vorher Sicherheit in gleicher Höhe leistet.
Tatbestand
Die Antragstellerin ist Eigentümerin von ca. 4.200 Wohneinheiten im Bereich des Antragsgegners. Sie wendet sich gegen die Gebührensatzung zur Satzung des Antragsgegners über die Vermeidung, Verwertung und Entsorgung von Abfällen im Landkreis … – Abfallgebührensatzung – vom 11.03.1996.
Die Satzung ist wie folgt zustande gekommen: Vor Eintritt in die Kreistagssitzung vom 11.03.1996 erklärte sich das Kreistagsmitglied … N. für befangen, weil er Geschäftsführer der V. mbH sei. Der Antragsgegner ist zu 50 % an dieser GmbH beteiligt. Zudem führt die V. mbH die Geschäfte für den Eigenbetrieb A. W.. Herr N. verließ dann den Sitzungsbereich und begab sich in den Zuhörerraum. Weitere Einzelheiten bezüglich des Aufenthalts und einer eventuellen Mitwirkung von Herrn N. an der Debatte sind zwischen den Beteiligten streitig.
Der Kreistag beschloß in öffentlicher Sitzung zunächst das Abfallwirtschaftskonzept für den Landkreis …, den Gesellschaftsvertrag der V. mbH und unter Tagesordnungspunkt 10 alsdann die oben genannte Abfallgebührensatzung. Diese wurde am 29.03.1996 im Peene-Echo bekannt gemacht und trat am 01.04.1996 in Kraft.
Am 22.03.1996 hat die Antragstellerin beim Senat einen Antrag auf Normenkontrolle gestellt.
Zur Begründung des Normenkontrollantrages trägt die Antragstellerin im wesentlichen vor, die Abfallgebührensatzung sei nichtig, weil sie nicht ordnungsgemäß zustandegekommen sei. Nach §§ 105 Abs. 3, 24 Abs. 1 Nr. 3 Kommunalverfassung dürfe ein Kreistagsmitglied weder beratend noch entscheidend mitwirken oder sonst tätig werden, wenn er eine natürliche oder juristische Person oder eine Vereinigung vertrete, der die Entscheidung einen unmittelbaren Vorteil oder Nachteil bringen könne. Der Geschäftsführer der V. mbH, Herr N., sei Kreistagsmitglied. Er habe zwar den Ausschließungsgrund angezeigt und zunächst den Sitzungsraum verlassen, d.h. sich in den für die Zuhörer bestimmten Teil des Sitzungsraumes begeben. Im Laufe der weiteren Kreistagssitzung habe er zunächst während der Pause mit Abgeordneten diskutiert und sich später während der Kreistagssitzung in den Sitzungsraum begeben und an Diskussionen mit Abgeordneten bzw. dem Präsidium teilgenommen. Wegen des Verstoßes gegen das absolute Mitwirkungsverbot sei der Satzungsbeschluß unwirksam.
Darüber hinaus sei festzustellen, daß der Abgeordnete Dr. B an der Abstimmung über die Abfallgebührensatzung teilgenommen habe. Dr. B sei der ehemalige Landrat des Landkreises …, der die Mülldeponieverträge unterzeichnet habe. Aufgrund der abgeschlossenen Mülldeponieverträge ergebe sich zwangsläufig, daß die Abfallgebühren ins Unermeßliche steigen müßten. Demzufolge bestehe selbstverständlich von Seiten des Herrn Dr. B ein berechtigtes Interesse daran, die Abfallgebührensatzung zu verabschieden.
Darüber hinaus sei das Protokoll der Kreistagssitzung unrichtig. Es gebe den tatsächlichen Verlauf der Sitzung nicht in vollem Umfange wieder. So sei im Protokoll nicht vermerkt, daß der Kreistagspräsident den Antrag des Abgeordneten F. auf namentliche Abstimmung damit kommentiert habe, daß es sich bei der Gebührensatzung um keine „richtige Satzung” handele.
Die Antragstellerin beantragt,
die Abfallgebührensatzung des Antragsgegners vom 11. März 1996 für nichtig zu erklären.
Der Antragsgegner stellt den Antrag,
den Antrag abzuweisen.
Er erwidert, die angefochtene Satzung sei in öffentlicher Sitzung unter Tagesordnungspunkt 10 beschlossen worden. Bereits zu Beginn der Kreistagssitzung habe der Kreistagsabgeordnete N. den Ausschlußgrund angezeigt und sich daraufhin in den Zuhörerraum begeben. Er habe sich während der Sitzung lediglich einmal vorübergehend zurück an seinen Platz begeben, um persönliche Gegenstände von dort zu holen. Im übrigen habe er während der Sitzung an keinen Beratungen zu den Beratungsgegenständen „Abfallentsorgung” (Beschlußfassung über das Abfallwirtschaftskonzept, Beschlußfassung über die Abfallgebührensatzung) teilgenommen. Unzutreffend sei daher insbesondere die Behauptung, Herr N. habe während der Sitzung an Diskussionen mit den Kreistagsmitgliedern und dem Präsidium des Kreistages teilgenommen. Richtig sei vielmehr, daß die Sitzung mehrfach unterbrochen worden sei und daß sich während dieser Zeit Kreistagsmitglieder in Gruppen unterschiedlicher Zusammensetzung zusammengefunden hätten, um das weitere Vorgehen und die Gebührenproblematik zu besprechen. Diese Gespräche hätten jedoch außerhalb der Sitzung des Kreistages stattgefunden, so daß di...