Leitsatz (amtlich)
1. Auch bei einer vom Dienstherrn beabsichtigten Dienstpostenübertragung auf der Grundlage eines besonderen Anforderungsprofils gebietet es der Leistungsgrundsatz des Art. 33 Abs. 2 GG, dass zumindest die für die Auswahlentscheidung erforderlichen Grundinformationen über Eignung und Befähigung der Bewerber aus aktuellen und hinreichend vergleichbaren dienstlichen Beurteilungen gewonnen werden (Bestätigung der bisherigen Rechtsprechung des Senats).
2. Zu den Anforderungen an die Aktualität dienstlicher Beurteilungen für beamtenrechtliche Auswahlentscheidungen.
Verfahrensgang
VG Mainz (Entscheidung vom 25.07.2011; Aktenzeichen 4 L 648/11.MZ) |
Tenor
Auf die Beschwerde des Antragstellers wird der Beschluss des Verwaltungsgerichts Mainz vom 25. Juli 2011 mit Ausnahme der Streitwertfestsetzung abgeändert. Dem Antragsgegner wird vorläufig untersagt, den ausgeschriebenen Dienstposten des Kaufmännischen Geschäftsführers des Landesbetriebes Forsten mit dem Beigeladenen zu besetzen.
Der Antragsgegner hat die Kosten des Verfahrens beider Rechtszüge zu tragen.
Der Wert des Streitgegenstandes wird für das Beschwerdeverfahren auf 21.723,74 EUR festgesetzt.
Gründe
Die Beschwerde hat Erfolg.
Das Verwaltungsgericht hätte dem Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung, mit dem der Antragsteller seinen Anspruch auf ermessens- und beurteilungsfehlerfreie Entscheidung über seine Bewerbung auf den ausgeschriebenen Dienstposten des Kaufmännischen Geschäftsführers des Landesbetriebs Forsten zu sichern sucht, stattgeben müssen. Denn er hat sowohl einen Anordnungsgrund als auch einen Anordnungsanspruch glaubhaft gemacht (§ 123 Abs. 1 Satz 1, Abs. 3 Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO - i.V.m. § 920 Abs. 2 Zivilprozessordnung).
Dem Antragsteller steht ein Anordnungsgrund zur Seite. Zwar ist mit der beabsichtigten Dienstpostenübertragung auf den Beigeladenen nicht unmittelbar eine Beförderung verbunden, die aus Gründen der Ämterstabilität nach Aushändigung der Ernennungsurkunde grundsätzlich nicht mehr rückgängig gemacht werden könnte. Durch die Übertragung der Aufgaben des Kaufmännischen Geschäftsführers würde der Beigeladene jedoch gemäß §§ 12 Satz 3, 10 Abs. 1 Satz 1 Landesbeamtengesetz - LBG - eine Bewährungsmöglichkeit auf der höherwertigen Stelle und damit einen gesetzlich anerkannten Vorteil erhalten, der für den Antragsteller auch im Falle eines Obsiegens in der Hauptsache nicht mehr aufholbar wäre. Die Übertragung des höherwertigen Dienstpostens soll nämlich unter den Bedingungen praktischer Tätigkeit die Prognose bestätigen, dass der Inhaber des Dienstpostens - besser als etwaige Mitbewerber - den Anforderungen des Beförderungsamtes genügen wird. Nur der erfolgreich Erprobte hat danach die Chance der Beförderung. Andere Interessenten, die bislang nicht auf einem höherwertigen Dienstposten erprobt worden sind, kommen aus laufbahnrechtlichen Gründen für eine Beförderung nicht in Betracht. Damit wird die Auslese für Beförderungsämter auf die Auswahl unter den Bewerbern um "Beförderungsdienstposten" vorverlagert, so dass der unterlegene Bewerber um einstweiligen Rechtsschutz nachsuchen muss, wenn er - nicht rückgängig zu machende - Nachteile verhindern will (vgl. BVerwG, Urteil vom 16. Oktober 2008 - 2 A 9/07 -, BVerwGE 132, 110).
Der Antragsteller hat auch einen Anordnungsanspruch im Sinne des § 123 Abs. 1 Satz 1 VwGO glaubhaft gemacht. Die getroffene Auswahlentscheidung zu Gunsten des Beigeladenen hält der verwaltungsgerichtlichen Rechtmäßigkeitskontrolle nicht stand. Der Antragsgegner hat bei seiner Entscheidung über die Vergabe des in Rede stehenden Dienstpostens den in Art. 33 Abs. 2 Grundgesetz - GG -, § 9 Beamtenstatusgesetz - BeamtStG - niedergelegten Leistungsgrundsatz zu Lasten des Antragstellers verletzt (1). Darüber hinaus erscheint es nach summarischer Prüfung der Sach- und Rechtslage überwiegend wahrscheinlich, dass die Auswahlentscheidung des Antragsgegners rechtswidrig ist und der Antragsteller von daher eine erneute Entscheidung über seine Bewerbung verlangen kann (2).
1.
Nach Art. 33 Abs. 2 GG, § 9 BeamtStG haben Bewerber um einen Beförderungsdienstposten einen Anspruch darauf, dass der Dienstherr über ihre Bewerbungen ermessens- und beurteilungsfehlerfrei nach Eignung, Befähigung und fachlicher Leistung entscheidet. Über diese Auswahlkriterien verlässlich Auskunft zu geben, ist in erster Linie Aufgabe von dienstlichen Beurteilungen, denen deshalb bei einer Auswahlentscheidung regelmäßig vorrangige Bedeutung zukommt. Der Dienstherr kann diesen Vorrang allerdings entfallen lassen, wenn und soweit der zu vergebende Dienstposten Eignungsanforderungen stellt, die durch den Inhalt der dienstlichen Beurteilung nicht umfassend abgedeckt sind. Dabei ist es zulässig, schon vor der eigentlichen Auswahlentscheidung ein besonderes Anforderungsprofil für die Stelle festzulegen, an dem sich alle Bewerber messen lassen müssen. Bei der anschließenden Eignungsprüfung anhand des Anforderungsprofils kann der Dienstherr ...