Dr. Björn-Axel Dißars, Falk-Birger Dißars
Leitsatz
Ein Insolvenzverwalter ist nach § 93 InsO berechtigt, wegen Vermögensvermischung eine Durchgriffshaftung gegen den Gesellschafter der betroffenen GmbH geltend zu machen. Für eine solche persönliche Haftung eines GmbH-Gesellschafters ist jedoch eine bloße mangelhafte Buchführung noch nicht ausreichend.
Sachverhalt
Der Kläger des vorliegenden Verfahrens war der Insolvenzverwalter über das Vermögen einer GmbH. Die Beklagte war deren Gründungs- und spätere Alleingesellschafterin. Überdies war die Beklagte von 1995 bis 1998 Geschäftsführerin der GmbH, bis andere Geschäftsführer eingesetzt wurden. Mit der Klage machte der Insolvenzverwalter eine Durchgriffshaftung gegen die Beklagte persönlich wegen einer Vermögensvermischung geltend. Grundlage hierfür war, dass es für die GmbH keine ordentliche Buchführung gab und der Verbleib der eingenommenen Gelder somit nach Ansicht des Insolvenzverwalters nicht nachvollzogen werden konnte. Der BGH hat den Rechtsstreit zur Entscheidung zurückverwiesen.
Der Insolvenzverwalter ist laut BGH nach § 93 InsO zunächst berechtigt, eine etwaige Durchgriffshaftung gegen die beklagte Gesellschafterin geltend zu machen. Auch kommt im Grundsatz eine Durchgriffshaftung aufgrund einer undurchsichtigen Buchführung in Betracht, wenn hierdurch die Abgrenzung zwischen Gesellschafts- und Privatvermögen verschleiert worden ist. Denn eine ordentliche Trennung der beiden Vermögensmassen ist eine unverzichtbare Voraussetzung dafür, dass GmbH-Gesellschaftern das Haftungsprivileg des § 13 Abs. 2 GmbHG zu Gute kommen kann. Allerdings war vorliegend die Buchführung zwar mangelhaft, aufgrund vorhandener weiterer Unterlagen lässt sich jedoch u. U. dennoch eine Trennung zwischen Gesellschafts- und Privatvermögen vornehmen. Und Haftungsgrund für eine persönliche Haftung ist nicht die mangelhafte Buchführung an sich, sondern nur eine etwa hierdurch entstehende Vermögensvermischung.
Zudem kann der beklagten Gesellschafterin eine Vermögensvermischung für die Zeit nach ihrem Ausscheiden aus der Geschäftsführerposition jedenfalls nicht zur Last gelegt werden. Denn die Durchgriffshaftung ist keine Zustands- sondern eine Verhaltenshaftung. Sie trifft einen Gesellschafter daher nur, wenn er aufgrund des von ihm vorgenommenen Einflusses für eine Vermögensvermischung verantwortlich ist. Die Tatsache, dass er sich besser hätte informieren und sodann beim Geschäftsführer intervenieren können, ist hingegen noch nicht ausreichend. Vorliegend hatte die Beklagte die neuen Geschäftsführer aber sogar aufgefordert, eine neue Buchhaltung aufzubauen.
Link zur Entscheidung
BGH, Urteil v. 14.11.2005, II ZR 178/03. -- Vgl. zur Haftung in der GmbH auch Gruppe 17 S. 119, Existenzvernichtender Eingriff.