Dr. Wolf-Dietrich Deckert†
Leitsatz
Die Feststellung über die Höhe eines gemeinschaftlichen Guthabens unterliegt der Amtsermittlungspflicht des Tatrichters
Normenkette
§ 28 WEG, § 259 BGB, § 666 BGB, § 667 BGB, § 675 Abs. 1 BGB, § 12 FGG
Kommentar
1. Ein Verwalter ist verpflichtet, Eigentümern nach Beendigung seiner Tätigkeit gem. § 28 Abs. 4 WEG, § 666 BGB und § 259 BGBRechenschaft über seine Tätigkeit abzulegen. Weiterhin hat er der Gemeinschaft Guthaben auf gemeinschaftlichen Konten nach den Vorschriften des Auftragsrechts, insbesondere den §§ 666-670 BGBherauszugeben, soweit er die Gelder nicht zur Erfüllung von Verbindlichkeiten der Gemeinschaft benötigt hat. Steht fest, dass Gemeinschaftskonten am Stichtag ein bestimmtes Guthaben ausgewiesen haben, obliegt es dem Verwalter, darzutun und nachzuweisen, welche Ausgaben (Abhebungen) er nach diesem Stichtag zu Lasten der Gemeinschaft berechtigterweise getätigt hat; lassen sich nach Durchführung der gebotenen Ermittlungen (§ 43 Abs. 1 WEG; § 12 FGG) dazu keine Feststellungen mehr treffen, geht dies zu Lasten des Verwalters (vgl. auch BayObLG, ZMR 99, 844 m.w.N.).
2. Nach Zurückweisung der Sache an das LG müssen im Rahmen der tatrichterlichen Amtsermittlungspflicht noch Feststellungen zur Höhe eines etwaigen Guthabenstandes getroffen werden. Zwar sind die Beteiligten verpflichtet, bei der Gewinnung von Entscheidungsgrundlagen mitzuwirken, wobei das Gericht grundsätzlich davon ausgehen kann, dass jede Seite die ihr günstigen Tatsachen mitteilt und geeignete Beweismittel benennt (h.M., vgl. BayObLG, ZMR 99, 119, 121). Dies macht aber konkrete Hinweise des Gerichts auf die Rechtslage, auf den sachdienlichen Sachvortrag und die erforderlichen Beweismittel, nicht entbehrlich. Daher wird vom Tatrichter dem Verwalter als Antragsgegner aufzugeben sein, alle in seinem Besitz befindlichen Kontenauszüge vorzulegen. Anhand dieser Kontenauszüge wird dann das LG festzustellen haben, auf welche Summen sich die Ausgaben der Verwaltung zu Lasten der Gemeinschaft im streitgegenständlichen Jahr belaufen haben. Sollte hier eine Aufklärung nicht mehr möglich sein und dies auch nicht auf das Verhalten der antragstellenden Eigentümer zurückzuführen sein, wird sich dies - wie schon oben erwähnt - zum Nachteil des in Antragsgegnerschaft stehenden Verwalters auswirken, der an sich rechnungslegungspflichtig ist.
Link zur Entscheidung
( BayObLG, Beschluss vom 03.02.2000, 2Z BR 123/99= ZWE 4/2000, 187)
zu Gruppe 4: Wohnungseigentumsverwaltung
Anmerkung:
Rechnungslegungspflicht des Verwalters (m.E. auch zum Zeitpunkt seines Amtsendes) setzt grds. einfache Mehrheitsbeschlussfassung voraus ( § 28 Abs. 4, 5 WEG); Anderes (d.h. stets Rechnungslegungspflicht) gilt u.U. bei einer Amtsbeendigung durch Abberufung aus wichtigem Grund. Nach Amtsbeendigung besitzt m.E. ein Verwalter überhaupt keine Berechtigung (Vollmacht) mehr, Ausgaben zu Lasten der Gemeinschaft zu tätigen!