Verwalter muss wie Bauherr handeln
Hintergrund: Dachsanierung bleibt stecken
Eine Gemeinschaft der Wohnungseigentümer (GdWE) verlangt vom ehemaligen Verwalter Schadensersatz.
Die Gemeinschaft hatte eine Dachsanierung zu einem Gesamtvolumen von 117.000 Euro in Auftrag gegeben. Der Verwalter leistete während der Arbeiten Abschlagszahlungen von insgesamt 104.500 Euro, wobei nur über einen Teil hiervon Abschlagsrechnungen gestellt worden waren.
Die Arbeiten wurden bei einem Baufortschritt von 85 bis 90 Prozent abgebrochen. Ein von der Gemeinschaft beauftragter Gutachter bezeichnete die Leistungen als mangelhaft und unbrauchbar; zur Mangelbeseitigung müssten die bisherigen Arbeiten abgerissen werden.
Die Gemeinschaft verlangt vom ehemaligen Verwalter Schadensersatz in Höhe der gezahlten Beträge von 104.500 Euro, hilfsweise Zug um Zug gegen Abtretung ihrer Ansprüche gegen den Dachdecker. Parallel verklagt sie den Dachdecker auf Rückzahlung.
Während die Klage gegen den Ex-Verwalter vor dem Amtsgericht bezüglich des Hilfsantrages Erfolg hatte, wies sie das Landgericht ab. Es meint, die GdWE habe nicht hinreichend dargelegt, in welcher Höhe ein Schaden entstanden sei. Außerdem seien vom Verwalter keine bausachverständigen Fähigkeiten zu erwarten.
Entscheidung: Erst prüfen, dann zahlen
Der BGH hebt das Urteil des Landgerichts auf und verweist die Sache dorthin zurück. Die Begründung trage die Abweisung der Klage nicht und es seien noch weitere Feststellungen erforderlich.
Pflichtverletzung als Grundlage für Schadensersatz
Ein Schadensersatzanspruch gegen den Verwalter gemäß § 280 Abs. 1 BGB setzt voraus, dass dieser eine Pflichtverletzung begangen hat.
Eine solche Pflichtverletzung könnte hier in einer mangelhaften Bauüberwachung liegen. Hat eine GdWE mit einem Werkunternehmer einen Vertrag zur Erhaltung des gemeinschaftlichen Eigentums geschlossen, gehört es zu den Pflichten des Verwalters, die Arbeiten wie ein Bauherr zu überwachen. Vor einer Abschlagszahlung muss der Verwalter prüfen, ob diese dem Grunde und der Höhe nach berechtigt ist. Hierfür muss eine Aufstellung vorliegen, die eine rasche und sichere Beurteilung der Leistungen ermöglicht. Soweit sich die Abschlagszahlung auf gelieferte Stoffe oder Bauteile bezieht, muss dem Besteller nach seiner Wahl Eigentum hieran übertragen oder entsprechende Sicherheit hierfür geleistet werden.
Es deutet einiges darauf hin, dass der Verwalter bezüglich der Abschlagszahlungen pflichtwidrig gehandelt hat. Teilweise fehlte es an Abschlagsrechnungen beziehungsweise Aufstellungen, die es ermöglicht hätten, die erbrachten Arbeiten zu beurteilen. Im übrigen hätte der Verwalter zumindest stichprobenartig prüfen müssen, ob die Abschlagsrechnungen zum Auftrag und gelieferten Material passen.
Eine Pflichtverletzung könnte auch darin bestehen, dass der Verwalter nicht auf seine fehlende Fachkunde zur Beurteilung der Werkleistung hingewiesen und keine Beschlussfassung über die Hinzuziehung von Sonderfachleuten vorbereitet hat. Bei umfangreichen Baumaßnahmen mit erheblichem Kostenrisiko wird eine solche Pflicht anzunehmen sein.
Abschlagszahlung allein ist kein Schaden
Sollten sich Pflichtverletzungen des Verwalters bestätigen, stellt sich die Frage, ob und in welcher Höhe ein Schaden entstanden ist.
Hat der Verwalter pflichtwidrig Abschlagszahlungen geleistet, liegt nicht allein im Abfluss dieser Mittel ein Schaden. Vielmehr kommt es darauf an, ob und inwieweit die Arbeiten vertragsgerecht erbracht worden sind. Der Beweis, dass den gezahlten Abschlägen keine werthaltigen Leistungen gegenüberstehen, obliegt der GdWE.
Angesichts des vorläufigen Charakters von Abschlagszahlungen begründen pflichtwidrige Abschlagszahlungen nur dann einen Schaden der Gemeinschaft, soweit deren Summe die dem Werkunternehmer zustehende Gesamtvergütung übersteigt.
Wegen pflichtwidriger Abschlagszahlungen haftet der Verwalter aber so lange nicht, wie eine vertragsgerechte Leistung noch im Wege der (Nach-)Erfüllung durch den Werkunternehmer herbeigeführt werden kann. So lange besteht nämlich die Möglichkeit, dass der Werkunternehmer im Wege der (Nach-)Erfüllung ein vertragsgemäßes Werk erbringt; hierzu muss ihn der Verwalter in Erfüllung seiner ihm gegenüber der GdWE obliegenden Pflichten auch anhalten.
Haftung bei Abrechnungsverhältnis
Ist dagegen die (Nach-)Erfüllung ausgeschlossen und das Vertragsverhältnis zwischen der GdWE und dem Werkunternehmer in ein Abrechnungsverhältnis übergegangen, haftet der Verwalter für die durch die pflichtwidrigen Abschlagszahlungen entstandenen Schäden neben dem Werkunternehmer. Der Verwalter ist in diesem Fall aber nur Zug um Zug gegen Abtretung der auf Geld-zahlung gerichteten Ansprüche der GdWE gegen den Werkunternehmer zu Schadensersatz verpflichtet.
(BGH, Urteil v. 26.1.2024, V ZR 162/22)
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