Pflichten des WEG-Verwalters bei Instandsetzung
Hintergrund: Ursache von Mängeln bleibt unklar
Ein Wohnungseigentümer verlangt vom ehemaligen Verwalter der Wohnungseigentümergemeinschaft Schadensersatz.
Das Gebäude war 2006 von einem Bauträger saniert und in Wohnungseigentum aufgeteilt worden. Der Geschäftsführer der Bauträger-GmbH wurde zum Verwalter der Gemeinschaft bestellt.
Mitte 2011 kaufte der nun klagende Eigentümer die Wohnung Nr. 1. Ein aufgrund eines Beschlusses der Gemeinschaft beauftragter Sachverständiger stellte unter anderem in der Wohnung Nr. 1 Feuchtigkeitsschäden fest und empfahl dringend weiterführende Untersuchungen. In einer Eigentümerversammlung im November 2011 wurde das Gutachten erörtert, ohne weitere Maßnahmen zu beschließen.
Im Januar 2012 sagte die Bauträgerin, vertreten durch ihren Geschäftsführer/den Verwalter zu, die im Gutachten festgestellten Mängel zu beseitigen. Im November erklärte sie in einem an den Verwalter gerichteten Schreiben, die Mängel seien behoben. Ursache sei ein falscher Putz gewesen; diesen habe sie austauschen lassen.
Nachdem weiterhin Feuchtigkeit auftrat, erklärte ein vom Eigentümer der Wohnung Nr. 1 beauftragter Gutachter die Wohnung im Jahr 2014 für unbewohnbar und empfahl eine umfassende Sanierung. Im Dezember 2014 wurde das Gutachten in einer Eigentümerversammlung erörtert und der Geschäftsführer der Bauträgerin als Verwalter abberufen.
Der Eigentümer der Wohnung Nr. 1 verlangt vom abberufenen Verwalter Schadensersatz von 30.000 Euro für Schäden an Gegenständen in der Wohnung, Aufwendungen für das Mieten einer Ersatzwohnung sowie Gutachterkosten. Außerdem begehrt er die Feststellung, dass der ehemalige Verwalter zum Ersatz aller weiteren feuchtigkeitsbedingten Schäden verpflichtet ist.
Amts- und Landgericht haben die Klage abgewiesen. Der Verwalter habe seine Pflicht erfüllt, Hinweisen auf Mängel nachzugehen. Außerdem sei den Eigentümern bekannt gewesen, dass der Verwalter in seiner Doppelfunktion als Verwalter der WEG und Geschäftsführer der Bauträgerin in einem Interessenkonflikt gestanden habe.
Entscheidung: Mängel hätten erforscht werden müssen
Der BGH hebt das Urteil des Landgerichts auf und verweist den Rechtsstreit dorthin zurück. Mit der vom Landgericht gegebenen Begründung kann ein Schadensersatzanspruch gegen den ehemaligen Verwalter nicht verneint werden.
Der Verwalter hat an mehreren Stellen gegen seine Pflichten verstoßen, wobei der erste Verstoß nicht kausal für den geltend gemachten Schaden war.
Verwalter hätte auf Erforschung der Schadensursache hinwirken müssen
Ein erster Pflichtverstoß des Verwalters liegt darin, dass dieser nach Vorlage des Gutachtens im November 2011 nicht auf eine Beschlussfassung über die weitergehende Untersuchung der Ursachen der Mängel am Gemeinschaftseigentum hingewirkt hat.
Der Verwalter muss nach § 27 Abs. 1 Nr. 2 WEG die für die ordnungsmäßige Instandhaltung und Instandsetzung des gemeinschaftlichen Eigentums erforderlichen Maßnahmen treffen. Das bedeutet nicht, dass er auch darüber entscheiden muss, welche Maßnahmen ergriffen werden sollen. Die vorrangige Zuständigkeit und Entscheidungskompetenz haben die Wohnungseigentümer. Der Verwalter ist weder berechtigt noch verpflichtet, eine Maßnahme der Instandhaltung und Instandsetzung, die weder dringlich ist noch zu den laufenden Maßnahmen zählt, ohne Beschlussfassung zu ergreifen.
Der Verwalter muss aber den Zustand des Gemeinschaftseigentums kontrollieren, die Wohnungseigentümer ausreichend unterrichten und sie in die Lage versetzen, einen sachgerechten Beschluss über das weitere Vorgehen zu fassen. Da die Wohnungseigentümer zumeist nicht über technisches Fachwissen verfügen und ihnen nicht sämtliche baulichen und rechtlichen Verhältnisse des Gemeinschaftseigentums bekannt sind, muss der Verwalter zur Vorbereitung der Beschlussfassung über Maßnahmen der Instandhaltung und Instandsetzung des Gemeinschaftseigentums die verschiedenen Handlungsoptionen aufzeigen.
Dabei muss der Verwalter auch auf mögliche Gewährleistungsansprüche und eine drohende Verjährung dieser Ansprüche hinweisen. Das gilt auch, wenn der Verwalter zugleich Geschäftsführer des Bauträgers ist. Hier treffen den Verwalter keine geringeren Pflichten. Wenn die Doppelfunktion zu einem Interessenkonflikt führt, darf der Verwalter diesen nicht zu Lasten der Wohnungseigentümer auflösen. Auch von einem in Doppelfunktion tätigen Verwalter dürfen die Eigentümer erwarten, dass er sie objektiv nach bestem Wissen und Gewissen über seinen Kenntnisstand über Mängel am Gemeinschaftseigentum unterrichtet. Den mit dem Bauträger identischen, von ihm eingesetzten, mit ihm verbundenen oder von ihm abhängigen Verwalter (sogenannter Bauträger-Verwalter) treffen daher die gleichen Pflichten hinsichtlich der Vorbereitung einer sachgerechten Beschlussfassung über Maßnahmen der Instandhaltung und Instandsetzung des Gemeinschaftseigentums wie jeden anderen Verwalter; er muss somit auch auf Gewährleistungsansprüche „gegen sich selbst“ und eine drohende Verjährung dieser Ansprüche hinweisen.
Nach diesen Maßstäben hätte der Verwalter im November 2011 auf mögliche Ansprüche gegen die Bauträgerin hinweisen müssen. Außerdem hätte er einen Beschlussvorschlag unterbreiten müssen, entweder weitere Untersuchungen anzustellen oder unmittelbar die Bauträgerin in Anspruch zu nehmen.
Allerdings wäre diese Pflichtverletzung nicht kausal für den Schaden des Eigentümers, da die Bauträgerin im Januar 2012 angekündigt hat, die Mängel zu beheben. Mehr wäre auch nicht zu erreichen gewesen, wenn der Verwalter pflichtgemäß auf mögliche Gewährleistungsansprüche gegen die Bauträgerin hingewiesen hätte.
Verwalter hätte Angaben des Bauträgers prüfen müssen
Ein zweiter Pflichtverstoß des Verwalters, aus dem sich eine Haftung ergeben kann, liegt darin, dass er nicht geprüft hat, ob die Mängel tatsächlich beseitigt worden sind, so wie die Bauträgerin mitgeteilt hat.
Zu den Pflichten des Verwalters aus § 27 Abs. 1 Nr. 2 WEG gehört es, Instandsetzungsarbeiten am Gemeinschaftseigentum wie ein Bauherr zu überwachen. Zudem ist er grundsätzlich verpflichtet, wie ein Bauherr im Interesse der Wohnungseigentümer sorgfältig zu prüfen, ob bestimmte Leistungen erbracht und Abschlags- oder Schlusszahlungen gerechtfertigt sind. Für ihn erkennbare Mängel muss er hierbei berücksichtigen. Ist für ihn erkennbar, dass beschlossene und beauftragte Sanierungsarbeiten teilweise unerledigt geblieben sind, muss er veranlassen, dass diese vollständig durchgeführt werden. Nichts anderes gilt für Mangelbeseitigungsmaßnahmen des Bauträgers. Auch hinsichtlich solcher Arbeiten muss der Verwalter seine Kontrollpflicht ausüben.
Teilt der Bauträger mit, einen Mangel beseitigt zu haben, darf sich der Verwalter nicht in jedem Fall darauf beschränken, diese Mitteilung zur Kenntnis zu nehmen und an die Wohnungseigentümer weiterzuleiten. Hat der Verwalter Anhaltspunkte dafür, dass ein Mangel am Gemeinschaftseigentum entgegen einer Erklärung des Bauträgers nicht beseitigt ist, muss er die Wohnungseigentümer hierüber unterrichten und auf einen sachgerechten Beschluss über das weitere Vorgehen hinwirken.
Nach diesen Maßstäben hat der Verwalter gegen seine Pflichten verstoßen, indem er seiner Pflicht, die von der Bauträgerin mitgeteilte Mangelbeseitigung zu kontrollieren, die Wohnungseigentümer über Anhaltspunkte für ein Fortbestehen des Mangels zu unterrichten und sie in die Lage zu versetzen, einen sachgerechten Beschluss über das weitere Vorgehen zu fassen, nicht nachgekommen ist.
Der Verwalter hatte Anlass, an einer Mangelbeseitigung zu zweifeln, denn er wusste, dass der Sachverständige weitere Untersuchungen angeregt hatte, also davon ausgegangen war, dass die Schadensursache möglicherweise tiefergehend war. Auf die Aussage der Bauträgerin, Ursache sei lediglich falscher Putz gewesen, hätte sich der Verwalter nicht verlassen dürfen.
Zumindest hätte der Verwalter die Eigentümer darüber unterrichten müssen, dass die vom Gutachter empfohlenen Untersuchungen nicht stattgefunden haben und somit nicht ausgeschlossen werden konnte, dass die Ursache der Mängel schwerwiegender ist. Dann hätte er eine Entscheidung der Eigentümer über das weitere Vorgehen herbeiführen müssen, damit die Eigentümer eventuelle Gewährleistungsansprüche gegen die Bauträgerin vor Eintritt der Verjährung geltend machen können.
Landgericht muss erneut entscheiden
Der BGH hat den Rechtsstreit an das Landgericht zurückverwiesen. Dieses muss nun noch einige tatsächliche Fragen klären und dann entscheiden, ob aus der zweiten Pflichtverletzung des Verwalters eine Haftung resultiert.
(BGH, Urteil v. 19.7.2019, V ZR 75/18)
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