Leitsatz

Zentrales Problem dieser Entscheidung war die Frage, ob ein Kind auch im Umgangsverfahren nach § 1665 BGB persönlich anzuhören ist und ab welchem Alter eine persönliche Anhörung erfolgen muss.

 

Sachverhalt

Der Antragsteller begehrte die Anordnung eines Umgangsrechts mit seinem Enkelsohn, der am 2.7.2004 geboren war. Das Kind lebte in dem Haushalt der Antragsgegner, bei denen es sich um den Sohn und die Schwiegertochter des Antragstellers handelte. Antragsteller und die Antragsgegner waren tief greifend zerstritten. Aufgrund dieses Zerwürfnisses verweigerten die Antragsgegner dem Antragsteller den Umgang mit6 dem Enkelsohn.

Das FamG hat den Antrag des Antragstellers zurückgewiesen. Hiergegen wandte sich der Antragsteller mit der Beschwerde, die zur Aufhebung des Beschlusses und zur Zurückverweisung an das FamG führte.

 

Entscheidung

Das OLG vertrat die Auffassung, die angefochtene Entscheidung des FamG beruhe auf einem wesentlichen Verfahrensfehler. Das FamG habe den entscheidungserheblichen Sachverhalt nicht im erforderlichen Umfang von Amts wegen (§ 12 FGG) aufgeklärt und damit erheblich verfahrensfehlerhaft gehandelt. Das Kind sei entgegen § 50b Abs. 1 FGG nicht persönlich angehört worden. Nach dieser Vorschrift sei die Anhörung erforderlich, wenn die Neigungen, Bindungen oder der Wille des Kindes für die Entscheidung von Bedeutung seien, von ihr dürfe nach § 50 Abs. 3 FGG nur aus schwerwiegenden Gründen abgesehen werden.

Eine Entscheidung über das auf § 1685 Abs. 1 BGB gestützte Umgangsrechtsbegehren des Großvaters mit seinem im Zeitpunkt der Entscheidung vier Jahre alten Enkelkind könne ohne diese Anhörung nicht sachgerecht und zutreffend gefällt werden, weil diese Entscheidung maßgeblich vom Willen des Kindes und der Qualität seiner Bindung zum Großvater abhänge, zumal das Jugendamt davon ausgehe, dass Umgangskontakte zwischen Großvater und Enkel dem Kindeswohl entsprächen.

Schwerwiegende, der Anhörung entgegenstehende Gründe seien nicht erkennbar. Die Zurückverweisung sei angezeigt, weil anderenfalls den Beteiligten eine Instanz genommen werde und die Anhörung in für das Kind erheblich weniger belastender Weise durch das deutlich ortsnähere FamG durchgeführt werden könne.

 

Hinweis

Die Entscheidung setzt konsequent die Rechtsprechung des BVerfG um, das in seinem Beschluss vom 23.7.2007 (FamRZ 2007, 1078 ff.) unter Bezugnahme auf seine bisherige Rechtsprechung in Sorge- wie auch Umgangsrechtsverfahren unmissverständlich darauf hingewiesen hat, dass es die Anhörung des Kindes durch den Richter selbst als von den verfahrensrechtlichen Gewährleistungen des Elternrechts aus Art. 6 Abs. 2 GG umfasst ansehe. Als Altersgrenze hat das BVerfG die Vollendung des dritten Lebensjahres festgelegt.

 

Link zur Entscheidung

OLG Hamm, Beschluss vom 16.12.2008, 2 UF 195/08

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