Leitsatz
Die als Alleinerbin vom Erblasser eingesetzte und ins Leben gerufene Stiftung ist analog §§ 2314, 2325 BGB dem Pflichtteilsberechtigten zur Auskunft über den Umfang des Nachlasses verpflichtet, da der Akt der Errichtung der Stiftung mit dem der Schenkung im Wesentlichen vergleichbar ist.
Sachverhalt
Die Klägerin ist Enkelin des Erblassers und verlangt von der beklagten Stiftung als testamentarischer Alleinerbin des Erblassers Auskunft über den Bestand des Nachlasses. Die Beklagte meint, die Klägerin sei adoptiert worden und damit nach dem hier anwendbaren Recht der DDR nicht pflichtteilsberechtigt. Weiterhin streiten die Parteien darüber, ob der Erblasser und seine vorverstorbene Ehefrau sich im gemeinschaftlichen Testament als Voll- und Schlusserben oder als Vor- und Nacherben eingesetzt haben. Ferner meint die Beklagte, der Klägerin stehe kein Auskunftsanspruch über das als gemeinnützig anerkannte Stiftungsvermögen zu, da dieses nicht den §§ 2314, 2325 BGB unterfalle. Der Erblasser hatte nach dem Tod der vermögenden Ehefrau die Stiftung ins Leben gerufen und mit Vermögen aus dem Nachlass der Ehefrau versehen.
Entscheidung
Der Klägerin steht der geltend gemachte Auskunftsanspruch gem. §§ 2314, 260 BGB zu und die Stiftung ist ferner gem. §§ 2314, 2325 BGB analog verpflichtet, Auskunft über ihre Ausstattung, die sie vom Erblasser erhalten hat, zu erteilen.
Die Klägerin ist als Enkelin des Erblassers pflichtteilsberechtigt, da ihr Vater vorverstorben war und die Klägerin nicht adoptiert worden ist. Es ist lediglich eine nach dem Recht der DDR mögliche Änderung des Familiennamens erfolgt. Ferner gelangt auch nicht das DDR-Recht zur Anwendung, Art. 230, 235 § 1 EGBGB, da der Erblasser zum einen nicht vor dem Wirksamwerden des Beitritts verstarb und er zum anderen auch nicht seinen gewöhnlichen Aufenthalt im Beitrittsgebiet hatte.
Der Erblasser ist darüber hinaus auch Vollerbe nach seiner Ehefrau geworden. Dies ergibt sich bereits eindeutig aus dem Wortlaut des Testaments, in dem die Eheleute sich gegenseitig "zu alleinigen und ausschließlichen Vollerben" eingesetzt haben. Auch die Verwendung der Bezeichnung "Schlusserben" zeigt, dass gerade keine Vor- und Nacherbfolge angeordnet werden sollte.
Schließlich ist die Beklagte zur Auskunftserteilung über die Ausstattung der Stiftung verpflichtet. Eine unmittelbare Anwendung des § 2325 BGB scheidet jedoch aus, da es an dem für die Schenkung typischen Vertragselement fehlt. Der Stiftungsakt beinhaltet demgegenüber eine einseitige, verbindliche Erklärung des Stifters, dass ein bestimmter Teil seines Vermögens der Erfüllung vorgegebener Stiftungszwecke gewidmet wird. Jedoch ist die Sachlage in beiden Fällen vergleichbar, da es sich beim Stiftungsakt ebenfalls um eine freigiebige Transferleistung handelt. Die Schenkung und die Ausstattung einer Stiftung sind bis auf den Begründungsakt im Wesentlichen identisch.
Link zur Entscheidung
OLG Karlsruhe, Urteil vom 09.12.2003, 1 U 88/03