Leitsatz
Eine gemischte Schenkung liegt dann vor, wenn ein krasses Missverhältnis zwischen Leistung und Gegenleistung vorliegt. Ist ein Grundstück mit einem Nießbrauch belastet, so mindert dies den Grundstückswert bereits erheblich. Hat der Erwerber einen unter Berücksichtigung des Nießbrauchs und des ihm selbst eingeräumten Wohnrechts verhältnismäßigen Kaufpreis für ein Grundstück entrichtet, so liegt keine gemischte Schenkung vor.
Sachverhalt
Die Klägerin ist das einzige Kind der Erblasserin. Sie begehrt Prozesskostenhilfe für eine Klage auf Zahlung eines Pflichtteilsergänzungsanspruchs. Gut zwei Jahre vor ihrem Tod hatte die Erblasserin ihren Lebensgefährten testamentarisch zum Alleinerben eingesetzt, an ihn gleichzeitig ein Hausgrundstück (geschätzter Wert 127.000 €) zum Preis von 52.000 € veräußert und sich ein lebenslanges Nießbrauchsrecht einräumen lassen. Der Lebensgefährte der Erblasserin und Beklagte erhielt ein obligatorisches Wohnrecht für die Dauer des Nießbrauchs. Die Klägerin hat mit der Begründung, es liege eine gemischte Schenkung vor, Beschwerde gegen den PKH-Ablehnungsbeschluss eingelegt.
Entscheidung
Die Klägerin hat keinen Anspruch auf Zahlung eines Pflichtteilsergänzungsanspruchs, da keine gemischte Schenkung vorliegt. Das Vorliegen einer Schenkung gem. § 516 BGB beurteilt sich danach, ob die Leistung ganz oder teilweise unentgeltlich erfolgen sollte, d.h. wenn Leistung und Gegenleistung in einem auffälligen, groben Missverhältnis zueinander stehen. Zu Grunde zu legen ist der Wert des Leistungsgegenstandes zum Zeitpunkt der Einigung über die Leistungserbringung. Der existierende Meinungsstreit, ob der Wert im Zeitpunkt der Schenkung oder der Wert im Zeitpunkt des Erbfalls maßgeblich sein soll, betrifft nicht die Frage der Schenkung an sich, sondern spielt erst bei der Berechnung des Pflichtteils eine Rolle.
Zum Zeitpunkt der Veräußerung des Grundstücks bestand kein krasses Missverhältnis zwischen Leistung und Gegenleistung, da der Grundstückswert durch das eingeräumte Nießbrauchsrecht, dessen Wert unter Ansatz eines Mietwertes von 400 € mit mindestens 105.550 € zu bemessen ist, gemindert wird, da die Erblasserin damals 64 Jahre alt war und keine gesundheitlichen Probleme hatte.
Selbst angesichts des Umstandes, dass dem Beklagten ein Wohnrecht für die Dauer des Nießbrauchs zustand, beträgt die Wertbeeinträchtigung durch den Nießbrauch noch mindestens 63.330 €. Der Wert des Wohnrechts ist allenfalls mit 40% des Nießbrauchsrechts zu bemessen, da die Nutzungsbefugnisse eines Nießbrauchsberechtigten über diejenigen eines Wohnrechtsinhabers weit hinausgehen. Damit verbleiben mindestens 60% von 105.552 €, die vom Grundstückswert abzuziehen sind. Der Wert von 127.000 € verminderte sich demnach um mindestens 63.330 € auf 63.670 €, wobei der vom Beklagten gezahlte Kaufpreis 81% dieses Betrages ausmachte. In dieser Differenz ist noch kein grobes Missverhältnis von Leistung und Gegenleistung zu erkennen, zumal die Vertragsparteien weder den Wert des Nießbrauchs noch des Wohnrechts kannten und sich daher keiner Kaufpreisdifferenz bewusst waren.
Hinweis
Es empfiehlt sich, den Wert eines eingeräumten Nießbrauchs oder Wohnrechts jeweils im notariellen Übertragungsvertrag mit anzugeben und gegebenenfalls die Bemessungsgrundlagen hierfür zu erläutern.
Link zur Entscheidung
OLG Koblenz, Beschluss vom 06.03.2006, 6 W 114/06