Slawomir Lakomy, Jakub Müller-Judenau
Rz. 50
Gemäß Art. 959 ZGB kann der Erblasser eine oder mehrere Personen zur gesamten Erbschaft oder zu einem Teil der Erbschaft berufen. Wenn der Erblasser mehrere Erben zur gesamten Erbschaft oder zu einem bestimmten Teil der Erbschaft berufen hat, ohne ihre Erbteile zu bestimmen, so erben sie zu gleichen Teilen (Art. 960 ZGB).
Rz. 51
Im polnischen Erbrecht ist es zulässig, einen Ersatzerben zu berufen: Ein testamentarischer Erbe kann für den Fall berufen werden, dass eine andere als gesetzlicher oder testamentarischer Erbe berufene Person nicht Erbe sein will oder kann.
Rz. 52
Hat der Erblasser im Testament einer Person einzelne Vermögensgegenstände zugesprochen, die fast den ganzen Nachlass erschöpfen, so gilt diese gem. Art. 961 ZGB im Zweifel nicht als Vermächtnisnehmer, sondern als zur gesamten Erbschaft berufener Erbe. Ist eine solche Testamentsverfügung zugunsten mehrerer Personen erfolgt, so gelten diese im Zweifel als zur gesamten Erbschaft in Bruchteilen berufen, die dem Wertverhältnis der für sie bestimmten Gegenstände entsprechen.
Rz. 53
Das polnische Erbrecht kennt auch das Vermächtnis – das einfache (Art. 968 ZGB) und das Vindikationsvermächtnis (Art. 9811 § 1 ZGB), ferner die Auflage (Art. 982 ZGB). Der Erblasser kann durch testamentarische Verfügung einen gesetzlichen oder testamentarischen Erben zur Erfüllung einer bestimmten Vermögensleistung zugunsten einer bestimmten Person verpflichten. Der Vermächtnisnehmer kann von dem Erblasser mit einem Vermächtnis beschwert werden (Untervermächtnis).
Rz. 54
In einem notariellen Testament kann der Erblasser verfügen, dass eine bestimmte Person einen Gegenstand beim Erbfall erwirbt. Mit einem Vindikationsvermächtnis können vermacht werden: eine unvertretbare Sache, ein veräußerbares Vermögensrecht, ein Unternehmen oder ein Landwirtschaftsbetrieb und die zugunsten des Erben bestellten Dienstbarkeiten oder ein Nießbrauchsrecht. Das Vindikationsvermächtnis ist unwirksam, soweit sich der vermachte Gegenstand zur Zeit des Erbfalls nicht im Eigentum des Erblassers befand oder der Erblasser verpflichtet war, den Gegenstand zu veräußern. Der Termin- und Bedingungsvorbehalt gilt beim Vindikationsvermächtnis nicht. Lässt sich aber aus dem Testamentsinhalt oder aus der Gesamtheit der Umstände erkennen, dass der Erblasser das Vermächtnis ohne Termin- oder Bedingungsvorbehalt nicht angeordnet hätte, ist das Vindikationsvermächtnis unwirksam, es sei denn, der Eintritt oder Nichteintritt der Bedingung erfolgte noch vor dem Erbfall. Das wegen Termin- oder Bedingungsvorbehalts unwirksame Vindikationsvermächtnis gilt dann als einfaches Vermächtnis mit Termin- oder Bedingungsvorbehalt, es sei denn, aus dem Testamentsinhalt oder aus der Gesamtheit der Umstände lässt sich anderes erkennen. Mit einem einfachen Vermächtnis kann der Erblasser auch die Person beschweren, zugunsten derer er ein Vindikationsvermächtnis angeordnet hat.
Rz. 55
Der Erblasser kann im Testament auch dem Erben oder dem Vermächtnisnehmer die Verpflichtung zu einer bestimmten Handlung oder Unterlassung auferlegen, ohne einen Gläubiger zu bestimmen. In einem solchen Fall spricht man von einer Auflage.