Slawomir Lakomy, Jakub Müller-Judenau
Rz. 110
Das Verfahren in den Angelegenheiten aus dem Bereich des Erbrechts gehört zu den Amtsgerichten. Zuständig ist das Amtsgericht am letzten gewöhnlichen Aufenthalt des Erblassers. Lässt sich der letzte gewöhnliche Aufenthalt des Erblassers in Polen nicht feststellen, so entscheidet das Amtsgericht des Ortes, an dem sich das Vermögen des Erblassers oder ein Teil davon befindet (Nachlassgericht). Ist auch das nicht der Fall, so ist für die Entscheidung das Amtsgericht der Stadt Warszawa (Art. 628 ZPO) zuständig.
Rz. 111
In der Zivilprozessordnung ist besonders das Verfahren der Sicherung des Nachlasses, der Inventaraufnahme, der Annahme und Ausschlagung der Erbschaft, der Eröffnung des Testaments, der Enthüllung der Erbgegenstände, der Vernehmung der Zeugen des mündlichen Testaments, der Verwaltung des nicht übernommenen Nachlasses, der Feststellung des Erbschaftserwerbs, der gerichtlichen Erbteilung und auch der Angelegenheiten, die den Testamentsvollstrecker betreffen (Art. 633–691 ZPO), geregelt. Diese Verfahren werden als nichtstreitige durchgeführt.
Rz. 112
Gemäß Art. 669 ZPO beschließt das Nachlassgericht nach durchgeführter Verhandlung über die Erteilung des Erbscheins. Zu dieser Verhandlung werden der Antragsteller und die Personen, die als testamentarische Erben und als gesetzliche Erben nach der Erbreihenfolge in Betracht kommen können, geladen. Von den gesetzlichen Erben werden der Ehegatte, die Abkömmlinge, Personen im Adoptionsverhältnis, Eltern und Geschwister geladen. Die restlichen gesetzlichen Erben werden geladen, wenn sie dem Gericht bekannt sind. Das Nachlassgericht prüft von Amts wegen, wer der testamentarische Erbe und wer der gesetzliche Erbe ist, von dem in Art. 669 zweiter Satz die Rede ist. Das Gericht prüft insbesondere, ob der Erblasser ein Testament hinterlassen hat, und wenn ja, fordert es die Person, die glaubhaft gemacht hat, dass sich das Testament bei ihr befindet, auf, das Testament vorzulegen. Wird das Testament vorgelegt, so wird es vom Gericht eröffnet und verkündet (Art. 670 § 1 ZPO). Das Nachlassgericht stellt auch fest, ob ein Unternehmen mit Nachfolgeverwaltung Bestandteil des Nachlasses ist (Art. 670 § 2 ZPO). Nach durchgeführter Verhandlung fasst das Gericht einen diesbezüglichen Beschluss. In dem Beschluss wird festgestellt, welche Personen Erben sind und in welchem Bruchteil sie sich am Nachlass beteiligen. Dieser Beschluss kann nach festgestellter Rechtskraft Grundlage für die weiteren Rechtsgeschäfte sei.
Rz. 113
Art. 646 § 1 ZPO bestimmt, dass die Person, bei der sich das Testament befindet, verpflichtet ist, nachdem sie von dem Tode des Erblassers Kenntnis erhalten hat, dieses Testament dem Nachlassgericht vorzulegen. Das Gericht oder Notar eröffnet und verkündet das Testament erst dann, wenn die Sterbeurkunde des Erblassers vorliegt (Art. 649 § 1 ZPO). Wer sich unbegründet der Pflicht entzieht, das in seinem Besitz befindliche Testament dem Nachlassgericht vorzulegen, wird für einen dadurch entstandenen Schaden zur Verantwortung gezogen. Darüber hinaus kann das Nachlassgericht der sich dieser Pflicht entziehenden Person eine Geldstrafe auferlegen (Art. 646 § 2 ZPO).
Rz. 114
Für den Erbscheinsantrag wird eine Gerichtsgebühr i.H.v. 100 PLN erhoben.