Rz. 96

Die Beschlüsse der Gesellschafter einer Sp. z o.o. werden grundsätzlich auf der Gesellschafterversammlung gefasst (Art. 227 § 1 HGG). Ohne die Abhaltung einer Gesellschafterversammlung können Beschlusse im schriftlichen Umlaufverfahren gefasst werden, wenn alle Gesellschafter schriftlich die Zustimmung zu der Entscheidung, welche beschlossen werden soll, oder zu der schriftlichen Abstimmung erteilt haben. Die Möglichkeit schriftlicher Umlaufbeschlüsse gewährt den Gesellschaftern einer Sp. z o.o. große Flexibilität. In der Praxis nutzen die Gesellschafter einer Sp. z o.o. bei Beschlüssen, welche nicht zwingend in einer Gesellschafterversammlung beschlossen werden müssen (z.B. satzungsändernde Beschlüsse), regelmäßig die flexible Form des schriftlichen Umlaufbeschlusses. Nichtsdestotrotz hat diese Form etwas an Charme verloren, seit der polnische Gesetzgeber für GmbHs die Möglichkeit einer Teilnahme an der Gesellschafterversammlung über Fernmeldeanlagen eingeführt hat. Sollte für die Vornahme eines Rechtsgeschäfts durch die Gesellschaft von Gesetzes wegen ein Gesellschafterbeschluss verlangt werden, ist dieses Rechtsgeschäft ohne Gesellschafterbeschluss nichtig.

 

Rz. 97

Die Gesellschafterversammlung ist das höchste Organ der Gesellschaft. Sie wird grundsätzlich durch den Vorstand einberufen. "Vorstand" bedeutet hier alle Vorstandsmitglieder. Beruft der Vorstand nicht innerhalb der gesetzlich vorgeschriebenen Frist die ordentliche Gesellschafterversammlung ein, kann ein (bestehender) Aufsichtsrat oder die (soweit bestehende) Revisionskommission die ordentliche Gesellschafterversammlung einberufen. Die ordentliche Gesellschafterversammlung muss innerhalb von sechs Monaten nach Abschluss jedes Geschäftsjahres stattfinden (Art. 231 HGG). Auf der ordentlichen Gesellschafterversammlung müssen:

die Prüfung und die Feststellung des Lageberichts des Vorstands sowie der Jahresabschluss für das vergangene Geschäftsjahr,
die Beschlussfassung über die Gewinnverteilung oder Verlustdeckung sowie
die Entlastung der Organmitglieder der Gesellschaft hinsichtlich ihrer Pflichterfüllung

beraten werden. Die Beschlussfassung über die Entlastung der Organmitglieder betrifft alle Personen, welche im letzten Geschäftsjahr eine Funktion im Vorstand, Aufsichtsrat oder in der Revisionskommission ausgeübt haben. Sind die Mandate von Organmitgliedern vor dem Tag der Gesellschafterversammlung erloschen, haben diese das Recht zur Teilnahme an der Gesellschafterversammlung. Sie dürfen darüber hinaus den Lagebericht des Vorstands und den Jahresabschlussbericht sowie den Bericht des Wirtschaftsprüfers einsehen und ihre Stellungnahme schriftlich abgeben. Berichte des Aufsichtsrats und der Revisionskommission dürfen die ehemaligen Organmitglieder ebenfalls einsehen.

 

Rz. 98

Eine außerordentliche Gesellschafterversammlung ist vom Vorstand einzuberufen, wenn ein Gesellschafter oder mehrere Gesellschafter, die mindestens ein Zehntel des Stammkapitals vertreten, dies verlangen und Angelegenheiten für die Tagesordnung einer solchen Gesellschafterversammlung benennen. Ein derartiges Verlangen muss dem Vorstand spätestens einen Monat vor dem vorgeschlagenen Termin der Gesellschafterversammlung vorgelegt werden. Ein Gesellschafter oder mehrere Gesellschafter, die mindestens ein Zwanzigstel des Stammkapitals vertreten, dürfen – spätestens drei Wochen vor dem Termin der Gesellschafterversammlung – Angelegenheiten für die Tagesordnung der nächsten Gesellschafterversammlung benennen. Der Gesellschaftsvertrag kann die o.g. Rechte auch Gesellschaftern gewähren, die weniger als – entsprechend – ein Zehntel oder ein Zwanzigstel des Stammkapitals vertreten. Auch der Aufsichtsrat oder die Revisionskommission kann den Vorstand zur Einberufung einer außerordentlichen Gesellschafterversammlung auffordern, wenn sie dies für erforderlich halten. Kommt der Vorstand dieser Aufforderung des Aufsichtsrats oder der Revisionskommission nicht innerhalb von zwei Wochen nach, können der Aufsichtsrat bzw. die Revisionskommission die außerordentliche Gesellschafterversammlung selbst einberufen. Kommt der Vorstand einer Aufforderung von Gesellschaftern, die mindestens ein Zehntel des Stammkapitals vertreten, zur Einberufung einer außerordentlichen Gesellschafterversammlung mit einer Tagesordnung, welche die von den Gesellschaftern aufgezeigten Angelegenheiten beinhaltet, nicht nach oder werden in der Tagesordnung nicht Angelegenheiten berücksichtigt, die von den mindestens ein Zwanzigstel des Stammkapitals vertretenden Gesellschaftern benannt wurden, können sich die Gesellschafter an das Registergericht wenden. Das Registergericht wird dann den Vorstand zur Abgabe einer Erklärung auffordern und die Gesellschafter, welche den Antrag gestellt haben, zur Einberufung der außerordentlichen Gesellschafterversammlung ermächtigen. In diesem Fall bestimmt das Gericht auch den Vorsitzenden der Versammlung.

 

Rz. 99

Der Vorstand hat außerdem unverzüglich eine Gesellschafterversammlung e...

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