A. Einführung
Rz. 1
Die Grundsätze des polnischen Gesellschaftsrechts, insbesondere das Recht der polnischen Gesellschaften mit beschränkter Haftung (Sp. z o.o.), sind vor allem im Gesetz der Handelsgesellschaften (HGG) geregelt. Aufgrund einer umfassenden Neuregelung des GmbH-Rechts im HGG, welche im Jahr 2001 in Kraft trat, ist das aktuelle polnische Recht der Gesellschaften mit beschränkter Haftung noch relativ jung, wenn auch bereits an die aktuellen Bedürfnisse und Erfahrungen mehrfach angepasst (die einheitliche Fassung des Gesetzes wurde im Jahr 2020 verabschiedet, einige der zuvor vorgenommenen Änderungen sind 2021 in Kraft getreten). Das polnische GmbH-Recht ist in weiten Teilen dem deutschen GmbH-Recht ähnlich, viele Prinzipien gleichen dem deutschen GmbH-Recht.
Rz. 2
Neben der Sp. z o.o. gibt es die folgenden Gesellschaftsformen, welche im polnischen Wirtschaftsleben eine mehr oder weniger große Bedeutung annehmen:
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die Aktiengesellschaft – Spółka Akcyjna (S.A.); |
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die einfache Aktiengesellschaft – Prosta Spółka Akcyjna (P.S.A.); |
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die offene Handelsgesellschaft – Spółka Jawna (Sp. j.); |
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die Kommanditgesellschaft – Spółka Komandytowa (Sp. K.); |
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die Kommanditgesellschaft auf Aktien – Spółka Komandytowo-Akcyjna (S. K. A.); |
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die Gesellschaft des Zivilrechts – Spółka Cywilna (s. c.); |
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die Partnerschaftsgesellschaft – Spółka Partnerska (Sp. p.). |
Rz. 3
Die Sp. z o.o. ist die im polnischen Wirtschaftsleben wichtigste Rechtsform. Derzeit bestehen in Polen über 450.000 (davon aktiv 375.000) Sp. z o.o. Mit Ausnahme der Gesellschaft des Zivilrechts, welche der deutschen Gesellschaft bürgerlichen Rechts entspricht (GbR), sind auch die übrigen aufgeführten Gesellschaftsformen im HGG geregelt. Auch Mischformen, wie etwa die GmbH & Co. KG, sind nach polnischem Gesellschaftsrecht statthaft, spielen aber im Wirtschaftsleben eine untergeordnete Rolle und diese Tendenz scheint stabil zu sein, da die Entwicklung der steuerrechtlichen Regelungen die Vorteile einer KG minimiert.
Rz. 4
Neben dem HGG bildet auch das polnische Zivilgesetzbuch (ZGB) eine wichtige Rechtsgrundlage im Wirtschaftsleben einer Sp. z o.o. So ist etwa die Prokura im ZGB geregelt. Die Umsetzung von EU-Richtlinien im Bereich des Gesellschaftsrechts ist in Polen aktuell.
B. Gründung der Gesellschaft
I. Überblick über das Gründungsverfahren
Rz. 5
Die Gründung einer Sp. z o.o. ist schnell und unkompliziert. Sie setzt die notarielle Beurkundung des Gesellschaftsvertrags oder – im Falle einer Gründung über ein dafür bestimmtes amtliches Internetportal – die Verwendung eines dafür online zur Verfügung gestellten vereinfachten Mustergesellschaftsvertrags voraus. Die notarielle Beurkundung des Gesellschaftsvertrags kann zwar nicht im Ausland erfolgen, jedoch ist eine Vertretung der ausländischen Gesellschafter bei der Beurkundung in Polen möglich. In der Praxis erteilen die ausländischen Gesellschafter regelmäßig ihren Vertretern, etwa Anwälten in Polen, eine Vollmacht zur Vertretung beim Abschluss des Gründungsvertrags. Die Vollmacht bedarf zumindest der gleichen Form wie das Rechtsgeschäft, welches der Bevollmächtigte abschließen soll. Beim Abschluss des Sp. z o.o.-Gesellschaftsvertrags ist deshalb die Vollmacht zu beurkunden. Eine notarielle Beglaubigung genügt nicht. Die Vollmacht kann auch im Ausland beurkundet werden. Es bietet sich hierbei die zweisprachige, zweispaltige Vollmacht an. Ein deutscher Notar wird zwar ausdrücklich nur die deutsche Sprachfassung beurkunden und dies in seiner Klausel klarstellen. Gleichwohl wird dem polnischen Notar in der Praxis die zweisprachige, von dem deutschen Notar (wenn auch nur in der deutschen Sprachfassung ausdrücklich) beurkundete Vollmacht genügen. Im Einzelfall kann es vorkommen, dass der polnische Notar noch eine vereidigte Übersetzung der deutschen Fassung der notariell beurkundeten Vollmacht anfordert. In der Regel wird jedoch die zweisprachige Vollmacht genügen. Die in Deutschland beurkundete Vollmacht ist grundsätzlich mit einer Apostille zu versehen. Da in Deutschland wie in Polen der Notar zum einen Volljurist und zum anderen für derartige Beurkundungen zuständig ist, was polnischen Notaren bekannt ist, lassen Letztere in der Praxis regelmäßig die von einem deutschen Notar beurkundeten Vollmachten auch ohne Apostille genügen. Wirksamkeitsvoraussetzung für die Vollmacht ist die Apostille nicht.
Rz. 6
Nach dem notariellen Abschluss des Gründungsvertrags ist die Gesellschaft zur Eintragung in das Unternehmensregister (KRS) anzumelden. Hierzu empfiehlt es sich, bei der Gründung auch gleich den ersten Vorstand der Gesellschaft zu bestellen. Der Vorstand ist zur Anmeldung der Gesellschaft beim Unternehmensregister verpflichtet. Hat der ausländische Gesellschafter einen Bevollmächtigten in Polen zum Abschluss des Gründungsvertrags bestellt, empfiehlt es sich, diesen auch mit der Anmeldung beim Unternehmensregister zu bevollmächtigen. Hierbei ist jedoch zu beachten, dass diese Vollmacht nicht mehr vom Gesellschafter, sondern von der Gesellschaft, vertreten durch den bereits bestellten Vorstan...