1. Grundlagen/Reformgesetz Nr. 143/2015/Rechtslage seit dem 7.12.2015

 

Rz. 122

Das portugiesische Recht kennt die Adoption seit der Einführung in das Zivilgesetzbuch von 1966.[126] Die zwischenzeitlichen Änderungen, u.a. mit einer Neuregelung durch Gesetz Nr. 314/2003 vom 27.10.2003, bis hin zum heutigen Adoptionsrecht in den Art. 1973–2002-D CC waren stets geprägt von dem Ziel der Förderung des Kindesinteresses zum einen und der Verfahrensvereinfachung zum anderen.[127] Dabei stellt die 2015 erfolgte Reform durch das Gesetz Nr. 143/2015 vom 8.9.2015 eine grundlegende "Modernisierung" des portugiesischen Adoptionsrechts dar: Die bislang neben der Volladoption vorgesehene "eingeschränkte Adoption" wurde ersatzlos gestrichen, die entsprechenden Vorschriften – insbesondere die Art. 1992–2002-D CC – wurden aufgehoben. Zudem wurde – als Teil des Reformgesetzes 143/2015 – ein eigenes "Rechtsregime des Adoptionsverfahrens" eingeführt. Diese Neuerungen traten (erst) am 7.12.2015 in Kraft;[128] daher wird im Folgenden – neben der aktuellen – im Anschluss auch noch die alte Rechtslage dargestellt.

[126] Dazu etwa Capelo de Sousa, A adopção, 1973.
[127] Vgl. Nordmeier, in: Bergmann/Ferid/Henrich, Internationales Ehe- und Kindschaftsrecht, Länderbericht Portugal, S. 29 zu den weiteren Änderungsgesetzen.
[128] Vgl. Art. 11 Gesetz Nr. 143/2015.

2. Verfahren und Wirkungen

 

Rz. 123

Die wesentliche Neuerung der Reform des Adoptionsrechts 2015 besteht in der ersatzlosen Streichung der "eingeschränkte Adoption" (der auch sogenannten schwachen oder hinkenden Adoption). Somit kennt das portugiesische Recht nun allein (noch) die Volladoption. Begrifflich wird diese – mangels erforderlicher Abgrenzung – daher nurmehr als "Adoption" bezeichnet; es gibt schlicht nur diese eine Form der Adoption.[129]

 

Rz. 124

Was die Voraussetzungen, unter denen eine Adoption möglich ist, angeht, gilt im Grunde weiterhin das, was bereits nach altem Recht für die Volladoption vorgesehen war (Art. 1979 ff. CC): Die (Voll-)Adoption von Minderjährigen, bei der das Eltern-Kind-Verhältnis neu geregelt wird, vollzieht sich – im Anschluss an die gemeinsamen allgemeinen Regelungen – nach den besonderen Bestimmungen der Art. 1979 –1991 CC. Adoptieren können danach grundsätzlich Eheleute, die länger als vier Jahre verheiratet und beide älter als 25 Jahre alt sind (Art. 1979 Abs. 1 CC). Möglich und zulässig ist damit auch die Adoption durch homosexuelle Ehepaare, da diese Norm nur von "zwei Personen, die länger als vier Jahren verheiratet sind", spricht[130] – nicht (mehr) von zwei Personen verschiedenen Geschlechts. Auch eine Adoption durch Einzelpersonen ist möglich; hier muss der Adoptierende mindestens 30 Jahre alt oder, wenn es um die Adoption des Kindes seines Ehegatten, also ein Stiefkind geht, mindestens 25 Jahre alt sein. Als Höchstalter gilt die Grenze von 60 Jahren in dem Zeitpunkt, in dem das Kind dem Adoptierenden anvertraut wurde; zudem darf der Altersunterschied zum Adoptierenden nicht mehr als 50 Jahre betragen, wenn der Adoptierende bereits älter als 50 Jahre ist; Ausnahmen hiervon aus wichtigem Grund sind zulässig. Die Höchstaltersgrenzen finden indes keine Anwendung, wenn der zu Adoptierende das Stiefkind des Adoptierenden ist (Art. 1979 Abs. 2–5 CC). Hinsichtlich des zu Adoptierenden gilt grundsätzlich das Höchstalter von 15 Jahren; doch kann auch der bis zu 18 Jahre alte ledige (d.h. noch nicht emanzipierte) Jugendliche adoptiert werden, wenn er bereits vor dem 15. Lebensjahr in der Obhut des oder der Adoptierenden lebte oder ein Kind des Ehegatten des Adoptierenden ist (Art. 1980 CC).

 

Rz. 125

Ein Haupterfordernis besteht weiterhin in der Zustimmung zur Adoption (Art. 1981–1983 CC), und zwar folgender Personen: des nicht getrennt lebenden Ehegatten des Adoptierenden, der Eltern des zu Adoptierenden oder bei deren Vorversterben der Verwandten oder des Vormunds, die ihn betreut haben bzw. mit denen er zusammengelebt hat sowie des zu Adoptierenden selbst, wenn er älter als 12 Jahre ist (Art. 1981 Abs. 1 CC). In genau beschriebenen Einzelfällen ist die Zustimmung der Eltern nicht erforderlich bzw. kann das Gericht von dem Einwilligungserfordernis befreien (Art. 1981 Abs. 2 und 3 CC). Hinsichtlich der Form und Frist der Zustimmung sei lediglich erwähnt, dass die Mutter ihre Zustimmung nicht vor Ablauf von sechs Wochen nach der Geburt erteilen kann (Art. 1982 Abs. 3 CC). Bei fehlerhafter Zustimmung wie auch bei unrichtiger gerichtlicher Befreiung kann das die Adoption aussprechende Urteil aufgehoben werden.[131]

 

Rz. 126

Weitgehend fortgeschrieben wurden auch die alten Reglungen über die Wirkungen der Volladoption, nunmehr also für die Adoption (Art. 1986 Abs. 1 CC). Die wesentliche Wirkung der Adoption besteht in der Begründung eines neuen Kind-Eltern-Verhältnisses zum Adoptierenden: Der Adoptierte hat nun die Stellung eines Kindes der Adoptierenden. Das alte Kindschaftsverhältnis zwischen dem Adoptierten und seinen natürlichen Eltern erlischt.[132] Nur bei Adoption des Kindes des Ehegatten bleiben die Beziehungen zwischen dem Adoptierten und dem Eheg...

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