Rz. 85

Gesellschaftsanteile sind vererblich. Jedoch kann der Gesellschaftsvertrag eine erbrechtlich bedingte Übertragung von Gesellschaftsanteilen unter Beobachtung der gesetzlichen Vorschriften ausschließen oder an bestimmte Bedingungen knüpfen. Im Fall des Ausschlusses eines Erbgangs muss die Gesellschaft innerhalb von 90 Tagen nach Kenntnis des Todes den Anteil des verstorbenen Gesellschafters selbst erwerben, durch einen oder mehrere Gesellschafter oder einen Dritten[128] erwerben lassen oder ihn einziehen. Erfolgt in dem Zeitraum keine der vorgenannten Maßnahmen, gilt der Anteil als auf den Erben übertragen. Der Gesellschaftsvertrag kann dem Erben des verstorbenen Gesellschafters das Recht zubilligen, dass er von der Gesellschaft die Einziehung oder Übernahme des Anteils verlangen kann. Die Gesellschaft muss bei Ausübung eines derartigen Rechts den Anteil innerhalb von 30 Tagen nach Erklärung einziehen oder übernehmen. Geschieht dies nicht, kann der Erbe die gerichtliche Auflösung der Gesellschaft beantragen. Zu beachten ist, dass bei nach portugiesischem Recht im Güterstand der Errungenschafts- oder Gütergemeinschaft verheirateten Ehepartnern im Fall der Ausschlagung des Erbes der andere Partner seine Zustimmung erteilen muss.[129]

 

Rz. 86

Ist der verstorbene Gesellschafter ein Ausländer, ist zu prüfen, welches Erbrecht Anwendung findet. Bei deutschen Staatsbürgern, die in Portugal sterben, findet, falls es zu keiner Rechtswahl im Testament gekommen ist, ab dem 17.8.2015 portugiesisches Erbrecht Anwendung.[130] Die Anwendung deutschen Erbrechts auf den Anteil als Folge der Rechtswahl deutschen Erbrechts berührt jedoch nicht die gesellschaftsrechtlichen Beziehungen; auf sie bleibt weiterhin portugiesisches Recht anwendbar. Im Erbfall muss zur Anteilsumschreibung im Handelsregister ein von dem deutschen Nachlassgericht ausgestellter und in die portugiesische Sprache übersetzter Erbschein, überbeglaubigt mit der Apostille, oder ein Europäisches Nachlasszeugnis vorgelegt werden. Der Erbe wird nach Beantragung einer Steuernummer ins Handelsregister eingetragen.

[128] In diesem Fall unterzeichnet der Geschäftsführer die "escritura" oder das privatschriftliche Dokument (vgl. Art. 225 Abs. 3 CSC).
[129] Vgl. Art. 1683 Abs. 2 CC. Von dem Zustimmungserfordernis befreit sind im Güterstand der Gütertrennung lebende Ehegatten.
[130] Vgl. Verordnung (EU) Nr. 650/2012 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 4.7.2012 über die Zuständigkeit, das anzuwendende Recht, die Anerkennung und Vollstreckung von Entscheidungen und die Annahme und Vollstreckung öffentlicher Urkunden in Erbsachen sowie zur Einführung eines Europäischen Nachlasszeugnisses.

Das ist nur ein Ausschnitt aus dem Produkt Deutsches Anwalt Office Premium. Sie wollen mehr?

Anmelden und Beitrag in meinem Produkt lesen


Meistgelesene beiträge