Rz. 158

Das notarielle Verfahren ist in den Art. 82 ff. Código do Notariado geregelt. Es sieht die Beurkundung der Erklärung dreier Personen vor, die der Notar für glaubwürdig hält und die bestätigen, dass es sich bei den benannten Erben um die Erben des Erblassers handelt, dass niemand bevorrechtigt ist und dass keine anderen Erben in direkter Konkurrenz zu den benannten Erben stehen (Art. 83 Código do Notariado).

 

Rz. 159

Das Merkmal der Glaubwürdigkeit ist im Gesetz nicht näher definiert. In der Praxis müssen die Zeugen klaren Verstandes sein und die portugiesische Sprache verstehen; zudem dürfen die Zeugen nicht blind, taub oder stumm sein, müssen des Schreibens mächtig sein und sollten volljährig bzw. für volljährig erklärt (emancipado) worden sein. Alternativ kann die Erklärung durch den Erbwalter (cabeça-de-casal) abgegeben werden.[102] Als Zeugen ausgeschlossen sind erbberechtigte Verwandte der Erben und deren Ehegatten sowie Urkundspersonen, wie z.B. Angestellte des Notariats, in dem die Beurkundung durchgeführt wird. Ebenso ausgeschlossen sind Familienangehörige des Notars in gerader Linie und bis zum zweiten Grad der Seitenlinie (Art. 84 Código do Notariado).

 

Rz. 160

Die Erklärung beinhaltet den vollständigen Namen des Erblassers und der Zeugen/des Erbwalters, den Personenstand, den Geburtsort und den letzten bzw. aktuellen Wohnort. Falls einer der Zeugen minderjährig sein sollte, ist auch dieses Merkmal in die Urkunde aufzunehmen (Art. 83 Abs. 3 Código do Notariado). Sowohl die Zeugen als auch der Erbwalter werden vom Notar zur Wahrheit ermahnt und auf die Strafbarkeit der vorsätzlichen und gegebenenfalls einen Dritten schädigenden Falschaussage hingewiesen.

 

Rz. 161

Im Nachweisverfahren sind folgende Urkunden vorzulegen (Art. 85 Código do Notariado):

Sterbeurkunde;
Dokumente, die die gesetzliche Erbfolge belegen, soweit die Erben die Eigenschaft von gesetzlichen Erben haben;
eine beglaubigte Abschrift des Testaments oder der Urkunde, die die Schenkung von Todes wegen belegt, soweit sich die Berechtigung aus einem solchen Dokument ableiten lässt.
 

Rz. 162

Das Europäische Nachlasszeugnis soll gem. Art. 62 ff. EuErbVO die Rechtstatsachen, insbesondere die Rechtsstellung des Erben, den jeweiligen Anteil am Nachlass, die Zuweisung bestimmter Vermögenswerte etc. bestätigen. Die Verwendung ist allerdings nicht verpflichtend, so dass verschiedene Nachweise nebeneinander existieren können. Allerdings hat der EuGH am 21.6.2018 (Rechtssache "Oberle")[103] entschieden, dass nur die Behörden im Mitgliedstaat des letzten gewöhnlichen Aufenthalts des Erblassers für den Antrag auf Erlass eines nationalen Erbscheins oder des Europäischen Nachlasszeugnisses zuständig sind, so dass bei einem Deutschen mit letztem gewöhnlichen Aufenthalt in Portugal ausschließlich die portugiesischen Behörden für die Ausstellung des entsprechenden Nachweises zuständig sind.

 

Rz. 163

 

Praxishinweis:

Die Registerbehörden, die für die Ausstellung des Europäischen Nachlasszeugnisses zuständig sind, werden im Internet auf der Seite des iRN (instituto dos registos e do notariado) unter www.irn.mj.pt benannt. Auskünfte können auch telefonisch im Inland unter 211.950.500 und aus dem Ausland unter +351.211.950.500 eingeholt werden.

 

Rz. 164

Soweit nicht das portugiesische Recht die Erbansprüche regelt (Erbstatut) und der Notar dieses Recht nicht kennt, ist gem. Art. 85 Abs. 2 Código do Notariado das anwendbare Recht anhand einer Rechtsbescheinigung (durch ein "glaubwürdiges Dokument") nachzuweisen. In der Praxis stellt die Botschaft der Bundesrepublik Deutschland in Lissabon die Bescheinigung zum Nachweis des anwendbaren Erbrechts aus:

Botschaft der Bundesrepublik Deutschland

Campo dos Mátires da Pátria, 38

1169–043 Lissabon

info@lissabon.diplo.de

www.lissabon.diplo.de

 

Rz. 165

Allerdings ist zu beachten, dass die Botschaft einen einzelfallbezogenen konkreten Nachweis lediglich aufgrund eines von einem deutschen Amtsgericht ausgestellten Erbscheins ausstellt. Liegt kein deutscher Erbschein vor oder verfügt der Erblasser in Deutschland über keinerlei Vermögen und wird daher ein deutscher Erbschein nicht ausgestellt oder hat der Erblasser ein öffentliches Testament errichtet, so wird von der Botschaft lediglich eine allgemeine Information zum deutschen Erbrecht erteilt. Diese Bescheinigung reicht zum Nachweis des auf den konkreten Erbfall anwendbaren Rechts bei den portugiesischen Notaren nicht aus.[104] In der Praxis ist es dann erforderlich, bspw. von einem im deutschen Recht ausgebildeten Rechtsanwalt ein Kurzgutachten zur erbrechtlichen Situation anfertigen zu lassen. Die Identität des Ausstellers des Gutachtens ist sodann mittels Unterschriftsbeglaubigung durch die deutsche Auslandsvertretung oder durch einen deutschen Notar, versehen mit der Apostille, herbeizuführen. Von den Notaren werden die entsprechenden Ausführungen als Nachweis i.S.d. Art. 85 Abs. 2 Código do Notariado anerkannt.

 

Rz. 166

Der übergangene Erbe, der die notarielle Feststellung ...

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