Leitsatz
Ein Rechtsanwalt, der eine Anwalts-Hotline betreibt, muss in der Werbung für die telefonische Rechtsberatung auf Einschränkungen und Besonderheiten der Berechnung hinweisen. Hierzu gehören vor allem Angaben zu einer Streitwertgrenze für den geforderten Minutenpreis und zur Berechnung des Honorars auch für Gesprächsunterbrechungen zum Zwecke des Recherchierens.
Sachverhalt
Der Beklagte gehört einer als "Telekanzlei" bezeichneten Partnerschaft von Rechtsanwälten an. Diese wirbt bundesweit über ihre Homepage für die von ihr unter dem Zeichen "Jucall" angebotene telefonische Rechtsberatung, bei der Interessenten für 5 DM pro Beratungsminute anwaltliche Rechtsberatung erhalten können. Das "Jucall-Leistungsspektrum" wird u.a. wie folgt beschrieben: "5 DM pro Minute inkl. MwSt. für die eigentliche Rechtsberatung …" Unter der Überschrift "Was ist, wenn mein Jucall-Anwalt mich vor Gericht vertreten soll?" heißt es: "… Nur wenn der Gegenstandswert höher liegt als 50000 DM, stellen wir einzeln ausgehandelte Stundensätze in Rechnung. Unser Minutentarif gilt dann nicht." Darüber hinaus erläutert die Homepage: "Bitte bedenken Sie: die Jucall-ldee dient lediglich zur Betreuung einfacher Rechtsfragen. … Wir behalten uns bei umfangreicheren Angelegenheiten (z.B. Entwicklung von AGB oder ganzen Verträgen, nicht dagegen bei deren bloßer Prüfung) vor, im Einzelfall … eine Weiterberatung zu Jucall-Tarifen abzulehnen und stattdessen nur zu BRAGO- oder individuellen Honorarsätzen anzubieten …".
Der BGH bestätigte die Auffassung der Vorinstanz, die von dem klagenden Rechtsanwalt beanstandete Werbung sei irreführend.
Entscheidung
Die Werbung ist aus mehreren Gründen irreführend und verstößt teilweise gegen das Gebot der Preiswahrheit und Preisklarheit.
Die Kanzlei bietet die telefonische Beratung für 5 DM pro Minute nicht in allen Fällen an. Die Werbung auf der Homepage macht etwa deutlich, dass "die Jucall-ldee … lediglich zur Betreuung einfacher Rechtsfragen" dient. Dagegen findet sich der Hinweis darauf, dass die Kanzlei den telefonischen Beratungsdienst zum Minutentarif nur bei Gegenstandswerten bis zu 50000 DM anbietet, bloß an versteckter Stelle. Der Hinweis, der eine wichtige Einschränkung des beworbenen Minutenpreises darstellt, muss im räumlichem Zusammenhang mit der Preisangabe gegeben werden.
Es ist gleichfalls irreführend, dass sich auf der Homepage kein Hinweis darauf findet, dass die Kanzlei im Falle einer Unterbrechung der telefonischen Beratung zwecks Rechtsprechungs- oder Literaturrecherche auch für diese Zeit das Minutenhonorar in Höhe von 5 DM berechnet. Der Interessent rechnet hiermit aufgrund der Angaben auf der Homepage nicht, sondern nimmt jedenfalls zunächst an, nur die Dauer des Telefongesprächs werde in Rechnung gestellt, zumal es in der Werbung weiter heißt, dass "Rückruf und Weiterberatung zu den gleichen günstigen Konditionen wie beim Erstanruf" erfolgen.
Angaben über den Preis einer Ware oder Dienstleistung haben stets zentrale Bedeutung. Sind sie irreführend, bestehen an der wettbewerbsrechtlichen Relevanz der Irreführung normalerweise keine Zweifel, so dass ein Unterlassungsanspruch existiert.
Praxishinweis
Der BGH hebt die allgemeine Zulässigkeit von "Beraterhotlines" erneut hervor. Gegen ein solches Angebot können mithin weder Berufskammern noch Wettwerber generelle Bedenken äußern.
Link zur Entscheidung
BGH-Urteil vom 30.9.2004, I ZR 261/02