Leitsatz

Für das deliktische Handeln eines Scheinsozius haftet eine Rechtsanwaltssozietät nach § 31 BGB analog. Im Rahmen der Haftung können auch die einzelnen Sozien mit ihrem Privatvermögen in Anspruch genommen werden.

 

Sachverhalt

Eine Rechtsanwalts(schein)sozietät war mit 2 Verfahren beauftragt worden. Tatsächlich waren jedoch nur 4 der Anwälte zu einer Sozietät verbunden, bei einem handelte es sich um einen Scheinsozius. In beiden Verfahren erfolgte eine vergleichsweise Einigung. Die dem aus dem Vergleich zustehenden Beträge wurden auf das Privatkonto des zu Scheinsozius überwiesen, der diese veruntreute. Die Klägerin nahm nun die Sozietät auf Zahlung der veruntreuten Gelder in Anspruch.

Bei einer Anwaltssozietät handelt es sich, soweit nichts anderes ausdrücklich geregelt ist, um eine BGB-Gesellschaft. Innerhalb dieser BGB-Gesellschaft ist das Verschulden eines Gesellschafters der Gesellschaft analog § 31 BGB zuzurechnen. Denn jeder Sozius ist als "verfassungsmäßig berufener Vertreter" i. S. von § 31 BGB anzusehen. Darüber hinaus ist aus derjenige Nicht-Gesellschafter"verfassungsmäßig berufener Vertreter", der die Gesellschaft im Rechtsverkehr repräsentiert. Demnach ist auch der Scheinsozius "verfassungsmäßig berufener Vertreter", für dessen Verschulden die Gesellschaft einzustehen haben.

Für die beabsichtigte persönliche Haftung der anderen Rechtsanwälte ist es zudem notwendig, dass auch § 128 HGB analog Anwendung findet. Dies ist laut BGH vorliegend der Fall. Denn Rechtsanwälte, die sich zu einer Sozietät zusammenschließen, nehmen das Risiko in Kauf, dass ein Sozius das in ihn gesetzte Vertrauen missbraucht. Dies gilt auch für eine hier vorliegende Scheinsozietät. Geben sich Rechtsanwälte den Anschein, dass ihre Sozietät größer ist, als sie tatsächlich ist, müssen sie im Gegenzug auch für die negativen Haftungsfolgen einstehen. Schließlich hätten sie die Möglichkeit gehabt, den Mandanten rechtzeitig darüber zu informieren, dass eine Scheinsozietät vorliegt.

 

Link zur Entscheidung

BGH, Urteil v. 3.5.2007, IX ZR 218/05.

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