Dipl.-Finanzwirt Arthur Röck
Leitsatz
Der 6. Richtlinie 77/388/EWG steht einer nationalen Steuerregelung entgegen, die einen Steuerpflichtigen mit beruflich und privat verwendetem Fahrzeug zunächst zum vollen und sofortigen Vorsteuerabzug berechtigt, aber dann in Bezug auf die private Verwendung eine jährliche Besteuerung vorsieht, die sich für die Bestimmung der Besteuerungsgrundlage der für ein bestimmtes Jahr geschuldeten Mehrwertsteuer auf eine Methode der pauschalen Berechnung der mit einer solchen Verwendung verbundenen Ausgaben stützt, die dem tatsächlichen Umfang dieser Verwendung nicht angemessen Rechnung trägt.
Sachverhalt
Das Vorabentscheidungsersuchen des Hoge Raad der Niederlande betraf die Privatnutzung eines dem Unternehmen eines Steuerberaters zugeordneten Pkw, den dieser im Zeitraum vom 1.10. bis 31.12.2006 nur 500 km privat gefahren hatte. In den Niederlanden erhält der Unternehmer (wie in Deutschland) aus der Anschaffung von auch privat genutzten dem Unternehmen zugeordneten Pkw den vollen Vorsteuerabzug. Die zum Ausgleich dafür geschuldete jährliche Umsatzsteuer auf die Privatverwendung wird anhand eines festen Prozentsatzes auf den Listenpreis oder Fahrzeugwert berechnet. Die Niederlande hat diesen Prozentsatz mehrfach erhöht. Der EuGH sollte klären, ob die pauschalen Prozentsatz-Methode und deren mehrfache Erhöhung eine Einschränkung des Rechts auf Vorsteuerabzug darstelle.
Zwar lässt das EU-Recht pauschalierende Berechnungsmethoden für die Privatnutzung zu. Doch muss diese Pauschalierung in angemessenem Verhältnis zum tatsächlichen Umfang der privaten Verwendung des Pkw stehen. Eine dem entgegenstehende nationale Regelung steht nicht im Einklang mit Art. 6 Abs. 2 Unterabs. 1 Buchst. a sowie Art. 11 Teil A Abs. 1 Buchst. c der Sechsten Richtlinie 77/388/EWG. Insoweit obliegt es dem nationalen Gericht zu beurteilen, ob die jeweilige nationale Berechnungsmodalitäten im Einklang mit der 6. Richtlinie stehen.
Hinweis
Ist ein in Deutschland ansässiger Unternehmer der Auffassung, dass die vom Finanzamt angewendete sog. 1 %-Regelung (mit einem Abschlag von 20 %) die tatsächliche Privatverwendung nicht angemessen abdecke, kann er sich auf das EuGH-Urteil berufen. Jedoch muss er dann zumindest für einen Vergleichszeitraum Aufzeichnungen über die gefahrenen Privatkilometer führen.
Link zur Entscheidung
EuGH, Urteil vom 16.02.2012, C-594/10.