Dr. Wolf-Dietrich Deckert†
Normenkette
§ 14 Nr. 1 WEG, § 15 Abs. 3 WEG, § 1004 Abs. 1 BGB
Kommentar
1. Ein Eigentümer hatte eine im 6. OG gelegene Doppelwohnung 1992 an ein Ehepaar vermietet; die Ehefrau ging in dieser Wohnung der Prostitution nach, wofür sie in verschiedenen Zeitungen durch Kontaktanzeigen Werbung betrieb. Am Sockel des Hauses wurden daraufhin von Unbekannten groß die Wörter "Puff" und "Zuhälter" jeweils mit einem Namen aufgesprüht. In der Teilungserklärung waren übliche Vereinbarungen im Sinne des § 14 WEG getroffen, i. ü. war auch geregelt, dass die Ausübung eines Gewerbes oder Berufs in einer Wohnung nur mit schriftlicher Einwilligung des Verwalters (hier: nicht erteilt) möglich sei und der Verwalter aus wichtigem Grund Zustimmung verweigern oder unter Auflagen erteilen könne, wobei als wichtiger Grund insbesondere gelte, wenn die Ausübung eines Gewerbes oder Berufes eine unzumutbare Beeinträchtigung der anderen Hausbewohner oder eine übermäßige Abnutzung der in gemeinschaftlicher Benutzung stehenden Gebäudeteile mit sich bringe oder befürchten lasse.
Ein Eigentümer forderte den vermietenden Eigentümer erfolglos zur Untersagung der Ausübung der Prostitution auf und beantragte dann beim Amtsgericht, den Antragsgegner zu verpflichten, die Ausübung der Prostitution in seiner Wohnung zu unterbinden, insbesondere die Mieter zur Unterlassung der Prostitution anzuhalten und erforderlichenfalls gegen die Mieter gerichtlich vorzugehen. Begründet wurde dies mit konkreten Beeinträchtigungen, d. h. ständigem Besucherverkehr und Aufenthalt von Unbekannten im Anwesen nach 21.00 Uhr und mit der Gefährdung Minderjähriger im Hause. Die Ausübung gewerblicher Unzucht in einer Eigentumswohnung sei auch geeignet, den Wert der anderen Wohnungen zu beeinträchtigen. Unbestrittenermaßen wurde antragstellerseits auch hingewiesen auf Verunreinigungen im Treppenhaus, Herumliegen von Kondomen, lärmende Benutzung des Aufzuges zu später Stunde usw.
2. In allen drei Instanzen hatte der Antrag Erfolg; das Amtsgericht verpflichtete den Antragsgegner sogar, das Mietverhältnis notfalls zu kündigen.
Das BayObLG bestätigte: Prostitution in einer Eigentumswohnung führt zu entsprechender Unterlassungsverpflichtung nach h. R. M. (vgl. BayObLG, ZMR 87, 100 und NJW-RR 86, 1465, KG Berlin, NJW-RR 86, 1072; OLG Frankfurt, WM 1990, 449 und OLG Z 90, 419).
Die Entscheidung hängt entgegen der Ansicht des Antragsgegners auch nicht davon ab, wie die mit dem Fall befassten Richter eine Prostitution moralisch bewerten; es kommt auch nicht entscheidend darauf an, ob die Mehrheit der Bevölkerung Prostitution als verwerflich ansieht. Im vorliegenden Fall basiert die Entscheidung allein auf Grundsätzen des § 14 Nr. 1 WEG sowie hier getroffenen Vereinbarungen im Sinne dieser gesetzlichen Bestimmung. Die Ansprüche waren deshalb gemäß § 1004 Abs. 1 S. 1 BGB, § 15 Abs. 3 WEG begründet.
3. Auch Erstattung außergerichtlicher Kosten des Rechtsbeschwerdeverfahrens zulasten der Antragsgegnerseite bei Geschäftswertansatz für alle Rechtszüge auf DM 15.000,- (in Erhöhung der Wertansätze der Vorinstanzen, die von DM 5.000,- ausgegangen waren).
Link zur Entscheidung
( BayObLG, Beschluss vom 27.05.1993, 2Z BR 30/93)
zu Gruppe 5: Rechte und Pflichten der Miteigentümer