Leitsatz
Ein einzelner Miterbe macht im Wege der Vollstreckungsgegenklage einen Anspruch auf Rückgewähr der bestellten Grundschulden bzw. einen entsprechenden Schadensersatzanspruch geltend. Da der erhobene Anspruch materiellrechtlich von jedem einzelnen Miterben durchgesetzt werden könnte, steht dem Kläger auch die Prozessführungsbefugnis zur verfahrensrechtlichen Geltendmachung zu.
Sachverhalt
Der Kläger wendet sich mit der Vollstreckungsgegenklage gegen die Zwangsvollstreckung aus zwei Grundschulden. Er ist gemeinsam mit seinem Bruder Eigentümer der Grundstücke in ungeteilter Erbengemeinschaft. Die Grundschulden sollten an eine GmbH ausgereichte Darlehen sichern. Der Kläger wirft der beklagten Bank vor, ihn bei bestehender Kenntnis über Liquiditätsprobleme der GmbH getäuscht zu haben. Er besteht auf einer Rückgewähr der Sicherheiten aus § 242, § 826 sowie cic.
Das Berufungsgericht hat die Klage wegen fehlender Prozessführungsbefugnis als unzulässig abgewiesen, da der Anwendungsbereich des § 2039 S. 1 BGB auf materiell-rechtliche Ansprüche beschränkt sei. Auch stehe das Bündelungsgebot des § 767 Abs. 3 ZPO einer Vollstreckungsabwehrklage einzelner Miterben entgegen.
Entscheidung
Die Prozessführungsbefugnis des Klägers ergibt sich aus § 2039 S. 1 BGB. Er darf in gesetzlicher Prozessstandschaft zum Nachlass gehörende Ansprüche ohne Mitwirkung der übrigen Miterben geltend machen. Die weitere Fassung der vergleichsweise herangezogenen Regelung des § 2038 Abs. 1 S. 2 BGB rechtfertigt nicht die durch das Berufungsgericht vorgenommene einschränkende Auslegung. Zwar gestattet § 2038 BGB auch die Durchführung von tatsächlichen und belastenden Maßnahmen durch einen Miterben. Jedoch geht § 2039 BGB über § 2038 hinaus, da er keine Dringlichkeit voraussetzt und gewährleistet, dass jeder Miterbe die durch Untätigkeit einzelner Miterben drohenden Nachteile abwenden kann, ohne selbst einen Sondervorteil zu haben oder erst auf Zustimmung der übrigen Erben klagen zu müssen.
Auch § 767 Abs. 3 ZPO steht der Prozessführungsbefugnis des Klägers nicht entgegen, sondern bewirkt nur eine Präklusion von Einwendungen für wiederholte Vollstreckungsgegenklagen. Als Folge der gesetzlichen Regelung ist jedoch hinzunehmen, dass sich die Rechtskraft des durch einen Miterben erwirkten Urteils nicht auf die am Prozess unbeteiligten Erben erstreckt.
Soweit § 2040 BGB die Ausübung von Gestaltungsrechten der gesamten Erbengemeinschaft vorbehält, gilt dies nur für rechtsgeschäftliche Verfügungen. Bei der Vollstreckungsgegenklage hat jedoch das richterliche Urteil Gestaltungswirkung. Materiellrechtliche Ansprüche auf Rückgewähr einer Grundschuld oder entsprechenden Schadensersatz kann jeder Miterbe nach § 2039 BGB geltend machen. Nichts anderes kann aber dann gelten, wenn diese Ansprüche mittels einer Klage aus § 767 ZPO durchgesetzt werden sollen.
Es bestehen schließlich auch keinerlei Zweifel daran, dass der geltend gemachte Anspruch zum Nachlass gehört, da die Erbengemeinschaft Rechtsträgerin des Anspruchs ist, d.h. der titulierte dingliche Anspruch richtet sich in diesem Falle gegen die Miterbengemeinschaft. Dann steht jedoch der Rückabwicklungsanspruch ebenfalls der Miteigentümergemeinschaft zur gesamten Hand zu und kann vom Kläger allein für die Erbengemeinschaft geltend gemacht werden.
Link zur Entscheidung
BGH, Urteil vom 05.04.2006, IV ZR 139/05