Leitsatz
Gegenstand des Beschwerdeverfahrens war die Frage, ob und unter welchen Voraussetzungen nachträglich die Abänderung der Prozesskostenhilfebewilligung erfolgen kann.
Sachverhalt
Der Antragstellerin war mit Beschluss vom 1.7.2005 für das Ehescheidungsverfahren Prozesskostenhilfe ohne Ratenzahlung bewilligt worden. Das Verfahren wurde beendet durch Urteil vom 21.3.2006, die Kosten wurden gegeneinander aufgehoben.
Im Nachverfahren änderte die Rechtspflegerin mit Beschluss vom 24.3.2009 die Prozesskostenhilfebewilligung dahingehend ab, dass die Antragstellerin eine Einmalzahlung von 955,60 EUR zu leisten hatte. Zur Begründung wurde angeführt, die Antragstellerin habe zwischenzeitlich Vermögen erworben, das das Schonvermögen erheblich übersteige. Sie verfüge über ein Bausparguthaben von 4.382,63 EUR und eine Lebensversicherung mit einem Rückkaufswert von 3.462,00 EUR.
Gegen den abändernden Beschluss hat die Antragstellerin Beschwerde eingelegt und damit begründet, das zum 1.7.2009 ausgezahlte Bausparguthaben habe sie für Umzugskosten und eine neue Kücheneinrichtung benötigt, bei der Lebensversicherung handele es sich um eine angemessene Altersversorgung.
Das Rechtsmittel der Antragstellerin hatte in der Sache keinen Erfolg.
Entscheidung
Im Hinblick auf die von ihr selbst erworbenen Rentenanwartschaften sowie den ihr im Rahmen des Versorgungsausgleichs übertragenen Betrag sowie das Bausparguthaben sei die von § 120 Abs. 4 ZPO geforderte wesentliche Verbesserung ihrer Einkommensverhältnisse eingetreten, die eine Abänderung der Entscheidung zur Prozesskostenhilfe rechtfertige.
Nach § 115 Abs. 3 ZPO habe die Partei ihr Vermögen vorrangig zur Finanzierung der Prozesskosten einzusetzen, soweit dies zumutbar sei, wobei § 90 SGB XII entsprechend gelte.
Der Einsatz von Lebensversicherungen, die der Altersvorsorge dienten, sei - sofern es sich nicht um die sog. Riester-Rente handele - umstritten (OLG Karlsruhe MDR 2008, 284; OLGReport Celle 2007, 751; OLGReport Naumburg 2007, 43 und 847; OLGReport Stuttgart 2007, 639, 1036 und 1038; OLGReport Stuttgart 2006, 723; OLGReport Saarbrücken 2006, 361 und 654; OLG Brandenburg NJW-RR 2006, 1301; OLG Frankfurt FamRZ 2006, 135; OLGReport Naumburg 2005, 800; OLGReport Stuttgart 2002, 59; je m.w.N.).
In der obergerichtlichen Rechtsprechung würden zunehmend verschärfte Anforderungen an die Unzumutbarkeit der Verwertung von Vermögenswerten oberhalb der Prüfung der Bedürftigkeit der begehrten Prozesskostenhilfe gestellt. Die Frage der Angemessenheit der Altersversorgung sei im jeweiligen Einzelfall zu prüfen. Anzulegen sei ein strenger Maßstab, der eine Vermögensbildung zu Lasten der Allgemeinheit anzulegen sei.
Vorliegend sei zu berücksichtigen, dass die Antragstellerin erst 38 Jahre alt und berufstätig sei, weswegen nicht davon ausgegangen werden könne, dass der Erwerb von weiteren eigenen Rentenanwartschaften künftig nicht mehr möglich sei und die abgeschlossene Kapital-Lebensversicherung ihre hauptsächliche Altersvorsorge sein werde.
Auch dem Einsatz des angesparten Bausparguthabens für den Einsatz für die Verfahrenskosten stehe nichts entgegen. Insoweit habe die Antragstellerin ohnehin nur geltend gemacht, dass sie dieses für Umzugskosten, insbesondere eine neue Kücheneinrichtung, benötigt habe. Diese Herbeiführung ihrer erneuten Leistungsunfähigkeit schütze lediglich den bereits vorhandenen angemessenen Hausrat, könne die Antragstellerin jedoch nicht von ihrer Pflicht zur Begleichung der Verfahrenskosten durch eine Einmalzahlung befreien. Nur wenn schon berücksichtigungsfähige Verbindlichkeiten vorhanden gewesen wären, als der Rechtsstreit absehbar wurde, dürfe ein Vermögenszufluss vorrangig zum Abtrag dieser Verbindlichkeiten verwendet werden und führe erst im Übrigen zu einem für die Prozesskosten einsetzbaren Vermögen i.S.v. § 115 Abs. 3 ZPO. Hier handele es sich jedoch um Ausgaben der Antragstellerin im Zusammenhang mit einem Umzug am 1.4.2009.
Mithin sei auch das Bausparguthaben abzüglich des Schonvermögens für die angeordnete Einmalzahlung von 955,60 EUR einzusetzen.
Link zur Entscheidung
OLG Stuttgart, Beschluss vom 15.07.2009, 8 WF 105/09