Leitsatz
Das OLG Brandenburg hat sich in dieser Entscheidung mit der Frage auseinandergesetzt, wer nach Widerruf der Prozesskostenhilfebewilligung Adressat des Aufhebungsbeschlusses ist, wenn in der Hauptsache bereits Rechtskraft der Entscheidung eingetreten ist.
Sachverhalt
Der Antragstellerin war mit Beschluss vom 11.10.2006 ratenfreie Prozesskostenhilfe für ein Verfahren bewilligt worden, dass mit Beschluss des AG vom 5.12.2007 beendet worden war.
In der Folgezeit wurden die bisherigen Prozessbevollmächtigten der Antragstellerin mit Schreiben vom 18.2.2010 und erneut mit Schreiben vom 24.3.2010 aufgefordert, sich über die Entwicklung der wirtschaftlichen Verhältnisse ihrer Mandantin gemäß § 120 Abs. 4 ZPO zu erklären.
Die geforderten Erklärungen wurden weder von der Antragstellerin noch ihren Prozessbevollmächtigten abgegeben. Die zuvor bewilligte Prozesskostenhilfe wurde sodann durch Beschluss des AG vom 27.4.2010 aufgehoben.
Der Aufhebungsbeschluss wurde sowohl den Prozessbevollmächtigten der Antragstellerin als auch der Antragstellerin selbst am 30.4.2010 zugestellt. Mit Schriftsatz vom 14.5.2010 legten die Prozessbevollmächtigten der Antragstellerin Beschwerde ein und rügten, dass die Aufforderung im Rahmen des § 120 Abs. 4 S. 2 ZPO nicht an die Antragstellerin selbst zugestellt worden sei, zumal sie selbst hierfür nicht bevollmächtigt gewesen seien.
Nach Eingang der Beschwerde wurde sowohl der Antragstellerin als auch ihren Prozessbevollmächtigten aufgegeben, diverse Unterlagen über die aktuellen finanziellen Verhältnisse der Antragstellerin vorzulegen.
Trotz gewährter Fristverlängerung wurden die Unterlagen nicht eingereicht. Das AG hat der Beschwerde nicht abgeholfen und die Sache dem OLG zur Entscheidung vorgelegt.
Das Rechtsmittel blieb ohne Erfolg.
Entscheidung
Das OLG wies zunächst darauf hin, dass die Frage, ob die Zustellung des die Prozesskostenhilfe widerrufenden Beschlusses nach Rechtskraft der Entscheidung in der Hauptsache an die Partei persönlich oder an ihren früheren Prozessbevollmächtigen zu erfolgen habe, in der obergerichtlichen Rechtsprechung umstritten sei.
Der Senat vertrat die Auffassung, dass nach Instanzende die Aufforderung zur Abgabe der Erklärung nach § 120 Abs. 4 S. 2 ZPO und der Aufhebungsbeschluss nach § 124 ZPO an die Partei und nicht an den erstinstanzlich bestellten Rechtsanwalt zuzustellen sei. Anderes gelte nur dann, wenn sich der Rechtsanwalt für das Abänderungsverfahren bestellt habe (OLG Koblenz, Beschl. v. 9.2.2009 - 13 WF 90/09; OLG Celle, 13. Zivilsenat, Beschl. v. 2.9.2010 - 13 W 82/10 -, zitiert nach Juris.
Nach § 172 Abs. 1 S. 1 ZPO habe die Zustellung an den für den Rechtszug bestellten Prozessbevollmächtigten nur in einem anhängigen Verfahren zu erfolgen, das mit der formellen Rechtskraft der abschließenden Entscheidung seinen Abschluss finde. Das Prozesskostenhilfeaufhebungsverfahren, das erst nach Beendigung des Rechtsstreits eingeleitet werde, sei nicht das Hauptsacheverfahren und auch nicht ein Teil desselben.
Das Nachprüfungsverfahren nach §§ 120 Abs. 4, 124 ZPO sei ein völlig neues und anderes Verfahren, für das eine neue Bevollmächtigung notwendig sei.
Eine neue Bevollmächtigung sei im vorliegenden Fall offenbar erfolgt, da die in der abgeschlossenen Hauptsache Prozessbevollmächtigten auch Beschwerde gegen den die Prozesskostenhilfe aufhebenden Beschluss für die Antragstellerin eingereicht hätten.
Im Rahmen des Beschwerdeverfahrens habe die Rechtspflegerin erneut Unterlagen zur Überprüfung der persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse der Antragstellerin sowohl bei der Antragstellerin selbst als auch bei ihren Prozessbevollmächtigten angefordert. Diese Unterlagen seien jedoch nicht eingereicht worden, so dass sich die Aufhebung der Prozesskostenhilfe als richtig darstelle.
Die Rechtspflegerin habe mit ihrer Verfügung vom 19.5.2010 unzweifelhaft zu erkennen gegeben, dass sie die Vorlage weiterer aktueller Unterlagen der Antragstellerin wünsche. Diese Auflage sei nicht erfüllt worden, so dass die Aufhebung der Prozesskostenhilfe zu Recht erfolgt sei.
Link zur Entscheidung
Brandenburgisches OLG, Beschluss vom 06.12.2010, 13 WF 106/10