Leitsatz
Seit dem Jahre 2004 waren die Parteien gemeinsam Inhaber eines Festgeldkontos (sog. Oder-Kontos). Jeder konnte ohne Zustimmung des anderen Überweisungen von dem Gemeinschaftskonto tätigen. Als Inhaber des fraglichen Gemeinschaftskonto waren die Parteien ggü. dem Kreditinstitut Gesamtgläubiger i.S.d. § 428 BGB.
Geraume Zeit nach der Trennung der Parteien hat der Ehemann über das auf dem Konto befindliche Guthaben verfügt. Die Ehefrau beabsichtigte, Klage auf Ausgleich gegen ihn zu erheben und beantragte hierfür Prozesskostenhilfe.
Das LG hat die Erfolgsaussichten der beabsichtigten Klage verneint und PKH nicht bewilligt.
Die hiergegen von der Ehefrau eingelegte sofortige Beschwerde führte zur Aufhebung des Beschlusses und Zurückverweisung des Verfahrens zur weiteren Behandlung und Entscheidung an das LG.
Sachverhalt
Siehe Kurzzusammenfassung
Entscheidung
Das OLG vertrat die Auffassung, nach dem bisherigen Sach- und Streitstand habe das LG zu Unrecht die Erfolgsaussichten der beabsichtigten Klage verneint. Anders als im Berufungsverfahren stehe die Aufhebung und Zurückverweisung im Ermessen des Beschwerdegerichts, ein Verfahrensmangel werde hier nicht vorausgesetzt. Seien weitere Ermittlungen - wie hier hinsichtlich der Bedürftigkeit der Antragstellerin - nötig, liege es nahe, den angefochtenen Beschluss aufzuheben und die Sache an das erstinstanzliche Gericht zurückzuverweisen.
Nach dem bisherigen Sach- und Streitstand könne eine hinreichende Erfolgsaussicht der Rechtsverfolgung nicht verneint werden.
Als Inhaber des fraglichen Gemeinschaftskontos seien die Parteien ggü. dem Kreditinstitut Gesamtgläubiger i.S.d. § 24 BGB. Dies habe zur Folge, dass sich die Ausgleichspflicht des Antragsgegners nach § 430 BGB bestimme. Diese Vorschrift sei eine eigenständige Anspruchsgrundlage für denjenigen Gesamtgläubiger, der aus einer Leistung des Schuldners weniger als den auf ihn im Innenverhältnis entfallenden Anteil erhalten habe (BGH NJW 1990, 707).
Dies gelte auch dann, wenn es sich bei den Gesamtgläubigern um Eheleute handele, denen es frei stehe, durch Begründung eines ihnen gemeinsam zustehenden Anspruchs gegen einen Dritten gemeinschaftliches Vermögen zu bilden.
Die güterrechtlichen Verhältnisse der Parteien seien auch dann ohne Bedeutung, wenn die Eheleute - wie hier - im gesetzlichen Güterstand der Zugewinngemeinschaft lebten. Gegenstand des Anspruchs aus § 430 BGB sei nicht der Ausgleichs eines während der Ehe erwirtschafteten Zugewinns, sondern die Rückführung dessen, was sich ein Ehegatte durch eigenmächtigen Zugriff auf die gemeinschaftlichen Vermögenswerte verschafft habe.
Bei Oder-Konten komme es entscheidend weder auf die Herkunft der Mittel noch darauf an, aus welchen Gründen das Gemeinschaftskonto überhaupt errichtet worden sei. Gerade bei Ehegatten seien hierfür mannigfache, dem Außenstehenden unbekannt bleibende Motive denkbar. Im Prozess brauche nur dargetan zu werden, dass dem anderen Gesamtgläubiger durch die Leistung des Schuldners mehr zugeflossen sei als seinem hälftigen Anteil entspreche. Es sei Sache des in Anspruch Genommenen, eine Gestaltung des Innenverhältnisses darzulegen und notfalls zu beweisen, die eine andere als die vom Gesetz vermutete hälftige Beteiligung oder einen Ausschluss der Ausgleichspflicht ergebe (BGH NJW 1990, 705).
Der Antragsgegner habe auch nicht während der Zeit des Zusammenlebens der Parteien über das auf dem Konto befindliche Guthaben verfügt, sondern geraume Zeit nach der Trennung. Für der Trennung nachfolgende Verfügungen werde aber regelmäßig eine Ausgleichspflicht angenommen, sofern der andere Ehegatte hiermit nicht einverstanden gewesen sei. Die eheliche Lebensgemeinschaft mache auch die geschäftliche Betätigung des allein oder hauptsächlich erwerbstätigen Ehegatten zu einem gemeinsamen Anliegen, das in aller Regel mit der Trennung entfalle. Sofern ein Ehegatte im Hinblick auf die eheliche Lebensgemeinschaft dem anderen Zugeständnisse gemacht habe, könne er nach der Trennung nach Treu und Glauben (§ 242 BGB) hieran nicht mehr festgehalten werden.
Link zur Entscheidung
Brandenburgisches OLG, Beschluss vom 04.02.2008, 13 W 2/08