Entscheidungsstichwort (Thema)
Ehegatten als Gesamtgläubiger bei gemeinsamen Oder-Konto; Ausgleichspflicht. Prozesskostenhilfe: Erfolgsaussichten einer Klage auf Ausgleichspflicht bei Verfügung über Gemeinschaftskonto von Ehegatten nach deren Trennung
Leitsatz (amtlich)
Ausgleichspflicht bei Verfügungen eines Ehegatten über auf dem Gemeinschaftskonto befindliches Guthaben.
Normenkette
BGB § 430
Verfahrensgang
LG Frankfurt (Oder) (Beschluss vom 01.10.2007; Aktenzeichen 17 O 265/07) |
Tenor
Auf die sofortige Beschwerde der Antragstellerin wird der Beschluss der 7. Zivilkammer des LG Frankfurt/O. vom 1.10.2007 - 17 O 265/07 aufgehoben und das Verfahren zur weiteren Behandlung und Entscheidung an das LG Frankfurt/O. zurückverwiesen.
Gründe
Die sofortige Beschwerde der Antragstellerin ist gem. §§ 127 Abs. 2, 567 ff. ZPO zulässig. Sie ist am 8.11.2007 und damit fristgerecht innerhalb eines Monats seit der Zustellung des angefochtenen Beschlusses beim LG eingegangen.
In der Sache hat die Beschwerde dahingehend Erfolg, dass der angefochtene Beschluss aufzuheben und das Verfahren zur anderweitigen Behandlung und Entscheidung an das LG zurückzuverweisen ist. Nach dem bisherigen Sach- und Streitstand hat das LG zu Unrecht die Erfolgsaussichten der beabsichtigten Klage verneint. Anders als im Berufungsverfahren steht die Aufhebung und Zurückverweisung im Ermessen des Beschwerdegerichts; ein Verfahrensmangel wird hier nicht vorausgesetzt (§ 572 Abs. 3 ZPO). Sind weitere Ermittlungen - wie hier hinsichtlich der Bedürftigkeit der Antragstellerin - nötig, dann liegt es nahe, den angefochtenen Beschluss aufzuheben und die Sache an das erstinstanzliche Gericht zurückzuverweisen. Hat der Erstrichter die Hilfsbedürftigkeit - wie hier - offen gelassen und nur die Erfolgsaussicht verneint, dann kann das Beschwerdegericht ihm die Prüfung der Hilfsbedürftigkeit überlassen, wenn es die Erfolgsaussicht bejaht (Zöller, ZPO; 26. Aufl., § 127 Rz. 38).
Nach dem bisherigen Sach- und Streitstand kann eine hinreichende Erfolgsaussicht der Rechtsverfolgung nicht verneint werden (§ 114 ZPO).
Nachdem die Antragstellerin im Jahre 2004 neben dem Antragsgegner, der zunächst alleiniger Inhaber des bei der ... bank AG in N. geführten Festgeldkontos war, ebenfalls Kontoinhaberin geworden war, waren die Parteien Inhaber eines Gemeinschaftskontos (sog. Oder-Kontos), da sie jeder ohne Zustimmung des anderen Überweisungen von dem Gemeinschaftskonto bei der ... bank AG in N. tätigen konnten. Als Inhaber des fraglichen Gemeinschaftskontos waren die Parteien ggü. dem Kreditinstitut Gesamtgläubiger i.S.d. § 428 BGB (BGHZ 95, 185). Dies hat zur Folge, dass sich die Ausgleichspflicht des Antragsgegners nach § 430 BGB bestimmt. Jene Vorschrift ist eine eigenständige Anspruchsgrundlage für denjenigen Gesamtgläubiger, der aus einer Leistung des Schuldners weniger als den auf ihn im Innenverhältnis entfallenden Anteil erhalten hat (BGH NJW 1990, 707). Dies gilt auch dann, wenn es sich bei den Gesamtgläubigern um Eheleute handelt; auch Ehegatten steht es frei, durch Begründung eines ihnen gemeinsam zustehenden Anspruchs gegen einen Dritten gemeinschaftliches Vermögen zu bilden.
Dagegen sind die güterrechtlichen Verhältnisse der Parteien entgegen der Auffassung des Antragsgegners für den Ausgleichsanspruch unter Gesamtgläubigern auch dann ohne Bedeutung, wenn die Eheleute - wie hier - im gesetzlichen Güterstand der Zugewinngemeinschaft lebten. Gegenstand des Anspruchs aus § 430 BGB ist nicht der Ausgleich eines während der Ehe erzielten Zugewinns, sondern die Rückführung dessen, was sich ein Ehegatte durch eigenmächtigen Zugriff auf die gemeinschaftlichen Vermögenswerte verschafft hat. Dieser rein vermögensrechtliche Anspruch wird durch die Möglichkeit eines Zugewinnausgleichs nicht verdrängt. Er ist vielmehr umgekehrt vorrangig zu befriedigen und ggf. später in die Berechnung der Ausgleichsforderung einzustellen.
Entgegen der Ansicht des erstinstanzlichen Gerichts ist auch nicht maßgeblich darauf abzustellen, dass das Konto zur Abfederung des Geschäftsbetriebes des Antragsgegners diente und nur der Antragsgegner in der Ehe der Parteien über das Konto verfügte. Da § 430 BGB eine eigenständige Anspruchsgrundlage für den Gesamtgläubiger, der aus einer Leistung des Schuldners weniger als die Hälfte erhalten hat, ist, kommt es bei Oder-Konten entscheidend weder auf die Herkunft der Mittel an noch darauf, aus welchen Gründen das Gemeinschaftskonto überhaupt errichtet worden ist. Gerade bei Ehegatten sind hierfür mannigfache, dem Außenstehenden unbekannt bleibende Motive denkbar; auch sind Fälle nicht selten, in denen lediglich die Absicht verfolgt wird, für den Fall der Verhinderung oder des Todes des einen Ehegatten dem anderen die Legitimation zu erleichtern, wobei dieses Ziel in gleicher Weise durch eine Kontobevollmächtigung erreicht werden könnte. Im Prozess braucht nur dargetan zu werden, dass dem anderen Gesamtgläubiger durch die Leistung des Schuldners mehr zugeflossen is...