Leitsatz
Mit Inkrafttreten des FamFG zum 1.9.2009 haben sich die Voraussetzungen für die Beiordnung eines Rechtsanwalts im Rahmen der Verfahrenskostenhilfe ggü. der ZPO geändert. Nach der nunmehr geltenden Rechtslage ist im Einzelfall streitig, unter welchen Voraussetzungen dann, wenn Anwaltszwang nicht besteht, die Beiordnung eines Rechtsanwalts notwendig ist.
Sachverhalt
In einem Verfahren zum Umgangsrecht hatte das FamG ohne vorherige Anhörung im Wege der einstweiligen Anordnung die persönliche Kontaktaufnahme des Vaters mit seinen Kindern untersagt. Im Umfangsverfahren sah sich der Antragsgegner mit Vorwürfen der Antragstellerin konfrontiert, die auf deren Anzeige hin Gegenstand polizeilicher Ermittlungen gegen ihn waren und die Gefahr des Verlustes seines Mitsorgerechts mit sich brachten.
Für das Verfahren zum Umgangsrecht wurde ihm Verfahrenskostenhilfe bewilligt, die Beiordnung seiner Anwältin jedoch abgelehnt.
Hiergegen wandte sich der Antragsgegner mit der sofortigen Beschwerde.
Sein Rechtsmittel hatte in der Sache Erfolg.
Entscheidung
Das OLG hat der sofortigen Beschwerde abgeholfen und dem Antragsgegner die von ihm ausgewählte Rechtsanwältin beigeordnet.
In seiner Entscheidung wies es darauf hin, dass in Kindschaftssachen die Vertretung durch einen Rechtsanwalt nicht vorgeschrieben sei. Im Rahmen der Verfahrenskostenhilfe sei deshalb der bedürftigen Partei gemäß § 78 Abs. 2 FamFG ein vertretungsbereiter Anwalt nur dann beizuordnen, wenn dies wegen der Schwierigkeit der Sach- und Rechtslage erforderlich erscheine.
Die Wahrung des Anspruchs der unbemittelten Partei auf Rechtsschutzgleichheit (Art. 3 Abs. 1 i.V.m. Art. 20 Abs. 3 GG) gebiete bei verfassungskonformer Auslegung dieser Vorschrift die weitgehende Angleichung der Möglichkeit Bemittelter und Unbemittelter bei der Verwirklichung des Rechtsschutzes. Eine Beiordnung sei daher regelmäßig dann erforderlich, wenn auch eine bemittelte Partei einen Rechtsanwalt mit der Wahrnehmung ihrer Interessen beauftragt hätte (BVerfG FamRZ 2004, 1013, NJW-RR 2007, 1713; B. v. 6.5.2009 - 1 BvR 439/08, Zit. juris).
Dabei sei nicht auf den objektiven Beurteilungsmaßstab eines Rechtskundigen abzustellen, sondern darauf, ob eine bemittelte Partei in der Lage der unbemittelten vernünftigerweise anwaltliche Hilfe in Anspruch nehmen würde.
Davon sei im vorliegenden Fall nach Lage der Dinge auszugehen. Es sei anzunehmen, dass auch eine vermögende Partei in der Lage des Antragsgegners anwaltlichen Beistand in Anspruch genommen hätte.
Link zur Entscheidung
Brandenburgisches OLG, Beschluss vom 12.05.2010, 15 WF 135/10