Dr. Wolf-Dietrich Deckert†
Normenkette
§ 27 Abs. 2 Nr. 5 WEG, § 563 ZPO
Kommentar
1. Die von Wohnungseigentümern beschlossene Ermächtigung des Verwalters zur rechtlichen Geltendmachung von Gemeinschaftsansprüchen ermöglicht regelmäßig anstelle der Verfahrensvertretung namens der Eigentümer auch die Verfahrensstandschaft (Prozessstandschaft) im eigenen Namen (auch zur Vermeidung der erhöhten Rechtsanwaltsgebühren nach § 6 BRAGO).
2. Verliert der WEG-Verwalter nach Anhängigmachung eines Verfahrens in Prozessstandschaft seine Verwalterstellung, führt dies nicht zur Unzulässigkeit des Verfahrens, wenn der neue Verwalter das Verfahren nicht übernimmt.
3. Auch für Ansprüche gegen einen früheren "faktischen" Verwalter (hier: unzulässige Bestellung mehrerer Verwalterpersonen in BGB-Gesellschaft, vgl. BGH, NJW 1989, 2059; von mir als "Pseudo-" oder "Scheinverwalter" bezeichnet) ist das gerichtliche Verfahren nach WEG gegeben und grundsätzlich eine Ermächtigung durch die Gemeinschaft zur gerichtlichen Geltendmachung in Verfahrensstandschaft nötig.
4. Die nach Abschluss der Tatsacheninstanzen nachgeholte Ermächtigung kann zwar einen diesbezüglichen Verfahrensmangel heilen und zur drittinstanzlichen Bestätigung nach § 563 ZPO führen, nicht aber eine rechtsfehlerfreie Landgerichtsentscheidung rückwirkend rechtsfehlerhaft machen.
Link zur Entscheidung
( KG Berlin, Beschluss vom 10.05.1991, 24 W 6578/90)
zu Gruppe 7: Gerichtliches Verfahren
Anmerkung:
Der Senat beruft sich in seiner neuerlichen Entscheidung auf seinen Beschluss v. 6. 2. 1989 (NJW-RR 1989, 657), wonach bei einem Wechsel im Verwalteramt die dem alten Verwalter zur gerichtlichen Geltendmachung von Wohngeldforderungen erteilte Ermächtigung regelmäßig weitergilt [so auch die neue Rechtsprechung des BayObLG]. Hat ein Verwalter im eigenen Namen als Prozessstandschafter etwa einen Wohngeldanspruch geltend gemacht, so kann, wenn während des Verfahrens ein neuer Verwalter bestellt wird, dieser im Verfahren an die Stelle des früheren Verwalters treten (vgl. BayOLGZ 1986, 126 = WE 1986, 104 = ZMR 1986, 52). Damit war noch nicht eine Regelung für den Fall getroffen, dass sich der neue Verwalter an dem vom alten Verwalter begonnenen Verfahren nicht beteiligt (wie hier im vorstehenden Verfahren). Normalerweise enthält die Ermächtigung zur Prozessführung (sog. gewillkürte Prozessstandschaft) eine endgültige Regelung der Prozessführungsbefugnis. Der Ermächtigende muss sich die einmal aus der Hand gegebene Prozessführung durch den Ermächtigten zurechnen lassen, ohne einseitig in das Verfahren eingreifen zu können. Nach prozessualen Grundsätzen (vgl. § 265 Abs. 2 ZPO) bleibt eine einmal bestehende Prozessvoraussetzung grds. weiter bestehen. Hinsichtlich des WEG-Verwalters ist allerdings m.E. eine Modifikation geboten. Die Ermächtigung der Eigentümergemeinschaft zu einer Betätigung des Verwalters im Wege der Prozessstandschaft enthält m.E. regelmäßig die stillschweigende Voraussetzung, dass diese (bzw. eine "organgebundene") Verfahrensstandschaft keinesfalls unwiderruflich die Verwalterstellung überdauern soll. Im Wege der Auslegung wird m.E. einem Ermächtigungsbeschluss regelmäßig entnommen werden können, dass nach dem Ausscheiden des alten Verwalters der neue Verwalter die Prozessstandschaft übernehmen kann (soll). Demgemäß bestehen m.E. in gerichtlichen Verfahren nach WEG keine Bedenken, dass ein neuer Verwalter anstelle des alten in ein laufendes Verfahren eintritt.
Im vorliegenden Fall hat jedoch der neue Verwalter nach Amtsantritt nicht das Verfahren anstelle des früheren Verwalters übernommen, sodass die diesem (dem alten Verwalter) eingeräumte Verfahrensstandschaft fortgilt (fortgelten muss).