Entscheidungsstichwort (Thema)

Prozeßstandschaft bei Verwalterwechsel. Wohnungseigentumssache

 

Leitsatz (amtlich)

1. Die von den Wohnungseigentümern beschlossene Ermächtigung des Verwalters zur gerichtlichen Geltendmachung von Gemeinschaftsansprüchen ermöglicht regelmäßig anstelle der Verfahrensvertretung namens der Wohnungseigentümer auch die Verfahrensstandschaft im eigenen Namen.

2. Verliert der WEG-Verwalter nach Anhängigmachung eines Verfahrens in Verfahrensstandschaft seine Verwalterstellung, führt dies nicht zur Unzulässigkeit des Verfahrens, wenn der neue Verwalter das Verfahren nicht übernimmt.

3. Auch für Ansprüche gegen einen früheren „faktischen” Verwalter (hier: unzulässige Bestellung mehrerer Personen in BGB-Gesellschaft) ist das gerichtliche Verfahren nach dem WEG gegeben und grundsätzlich eine Ermächtigung durch die Wohnungseigentümergemeinschaft zur gerichtlichen Geltendmachung in Verfahrensstandschaft nötig.

4. Die nach Abschluß der Tatsacheninstanzen nachgeholte Ermächtigung kann zwar einen diesbezüglichen Verfahrensmangel heilen und zur drittinstanzlichen Bestätigung nach § 563 ZPO führen, nicht aber eine rechtsfehlerfreie LG-Entscheidung rückwirkung rechtsfehlerhaft machen.

 

Normenkette

WoEigG § 27 Abs. 2 Nr. 5

 

Beteiligte

weitere Beteiligte wie aus dem Beschluß des Landgerichts Berlin vom 21. September 1990 – 150/191 T 364/89 – ersichtlich

 

Verfahrensgang

AG Berlin-Tiergarten (Aktenzeichen 70 II 1/86)

LG Berlin (Aktenzeichen 150/191 T 364/89)

 

Tenor

Die sofortigen weiteren Beschwerden der Antragsteller zuA 1) – 10) werden zurückgewiesen.

Auf die sofortige weitere Beschwerde der Antragstellerin zuA 11) wird der angefochtene Beschluß insoweit aufgehoben, als die Erstbeschwerde in Höhe von 7.260,85 DM nebst Zinsen zurückgewiesen worden ist; insoweit wird die Sache zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das Landgericht Berlin zurückverwiesen.

Im übrigen wird die sofortige weitere Beschwerde der Antragstellerin zuA 11) zurückgewiesen.

Die Antragsteller zuA 1) – 10) haben gesamtschuldnerisch 9/10 der Gerichtskosten dritter Instanz zu tragen.

Im übrigen hat das Landgericht über die Gerichtskosten dritter Instanz zu befinden.

Außergerichtliche Kosten dritter Instanz sind nicht zu erstatten.

Der Geschäftswert wird auf 67.802,39 DM festgesetzt.

 

Gründe

Die Antragsgegnerinnen waren vom 1. Juli 1983 an als gewählte Verwalterinnen der Wohnungseigentumsanlage tätig. Nach dem Protokoll der Eigentümerversammlung vom 30. August 1985 wurden sie unter TOP 1 mit sofortiger Wirkung aus wichtigem Grund abgewählt und unter TOP 2 die Antragstellerin zu 11) zur neuen Verwalterin gewählt. In der Eigentümerversammlung vom 10. Oktober 1985 wurde der Verwaltung unter TOP 3 Klageermächtigung nach § 27 Abs. 2 Nr. 5 WEG erteilt. Von Juni 1986 an wurde die Wohnungseigentumsanlage von einem gerichtlich eingesetzten Verwalter verwaltet. Nach ihrer Wahl vom 12. Oktober 1990ist wiederum die Antragstellerin zu 11) Verwalterin.

Nachdem zunächst Ober Rechnungslegungsansprüche durch drei Instanzen gestritten worden ist, haben die Antragsteller am 17. April 1989 ihre ursprünglich im Stufenverfahren geltend gemachten Schadensersatzansprüche auf 7.260,85 DM beziffert sowie das Verfahren um weitere Schadensersatzansprüche in Höhe von 60.541,54 DM erweitert. Durch Beschluß vom 28. August 1989 hat das Amtsgericht Tiergarten die gesamten Zahlungsansprüche der Antragsteller als unzulässig zurückgewiesen. Die sofortige Beschwerde der Antragsteller hat das Landgericht Berlin durch den angefochtenen Beschluß (mit einer Änderung der erstinstanzlichen Kostenentscheidung) zurückgewiesen. Hiergegen richtet sich die sofortige weitere Beschwerde der Antragsteller.

Die gemäß §§ 27, 28 FGG, 45 WEG zulässige sofortige weitere Beschwerde der Antragsteller ist zum Teil sachlich gerechtfertigt, zum Teil unbegründet. Der angefochtene Beschluß ist teilweise nicht frei von Rechtsfehlern (§ 27 FGG).

Rechtlich einwandfrei führt das Landgericht aus, daß einzelne Wohnungseigentümer Ansprüche, die allen Wohnungseigentümern gemeinschaftlich zustehen, gegen einen Verwalter nur dann gerichtlich nur dann geltend gemacht werden können, wenn sie hierzu durch einen Beschluß der Wohnungseigentümergemeinschaft wirksam ermächtigt worden sind (BGHZ 106, 222). Dieser Grundsatz gilt auch, wenn Ansprüche gegen einen bereits ausgeschiedenen Verwaltererhoben werden (Senat MDR 1990, 553 = WE 1990, 89 = WuM 1990, 180). Ohne Rechtsirrtum fährt der angefochtene Beschluß fort, daß die nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs anzunehmende Nichtigkeit der Bestellung der Antragsgegnerinnen (vgl. NJW 1989, 2059) keine andere Beurteilung rechtfertige, weil auch in diesem Falle die Eigentümergemeinschaft ein erhebliches Interesse daran haben könne, selbst darüber zu entscheiden, ob und gegebenenfalls in welcher Höhe Ansprüche geltend gemacht werden sollen. Nach den verfahrensfehlerfreien Feststellungen des Landgerichts ist nicht davon auszugehen, daß die Durchführung des vorliegenden Verfah...

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