Entscheidungsstichwort (Thema)

Prozeßführungsbefugnis und Verfahransstellung des Verwalters bei Verwalterwechsel

 

Leitsatz (amtlich)

1. Der amtierende Verwalter kann durch Eigentümerbeschluß generell ermächtigt werden, als Verfahrensstandschafter künftige Ansprüche der Gemeinschaft gegen einzelne Wohnungseigentümer gerichtlich und außergerichtlich geltend zu machen.

2. Wird der Verwalter während eines WEG-Verfahrens, das er aufgrund der ihm erteilten Ermächtigung als Verfahrensstandschafter gegen einen Wohnungseigentümer eingeleitet hat, durch Eigentümerbeschluß mit sofortiger Wirkung abberufen, so hat diese Abberufung auf das anhängige gerichtliche Verfahren und auf die Verfahrensstellung des Verwalters keinen Einfluß, wenn der neue Verwalter das Verfahren nicht übernimmt.

 

Normenkette

WEG § 27 Abs. 2 Nr. 5; ZPO § 265 Abs. 2 S. 1

 

Verfahrensgang

LG Berlin (Beschluss vom 14.09.1990; Aktenzeichen 150/191 T 152/88 (WEG))

AG Berlin-Schöneberg (Aktenzeichen 76 II 165/87 (WEG))

 

Tenor

Die sofortige weitere Beschwerde der Antragstellerin zu 2) wird zurückgewiesen.

Auf die sofortige weitere Beschwerde der Antragstellerin zu 1) wird der angefochtene Beschluß insoweit aufgehoben, als das Landgericht den Antrag der Antragstellerin zu 1) wegen eines Betrages von 1.924,64 DM nebst anteiligen Zinsen zurückgewiesen hat; insoweit wird die Sache zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das Landgericht zurückverwiesen.

Im übrigen wird die sofortige weitere Beschwerde der Antragstellerin zu 1) zurückgewiesen.

Von den Gerichtskosten des Rechtsbeschwerdeverfahrens haben die Antragstellerin zu 2) 13/26 und die Antragstellerin zu 1) 3/26 zu tragen. Im übrigen hat das Landgericht über die Gerichtskosten des Rechtsbeschwerdeverfahren zu befinden. Außergerichtliche Kosten dritter Instanz sind nicht zu erstatten.

Der Geschäftswert des Rechtsbeschwerdeverfahrens wird auf 2.525,64 DM festgesetzt.

 

Tatbestand

I.

Die Antragstellerin zu 1) war bis zu ihrer durch Eigentümerbeschluß vom 16. Oktober 1987 erfolgten sofortigen Abberufung die Verwalterin der im Rubrum näher bezeichneten Wohnungseigentumsanlage.

Durch Beschluß der Wohnungseigentümer vom 29. Mai 1986 war die Antragstellerin zu 1) „für die Dauer (ihrer) Verwaltung ermächtigt, im Namen aller Wohnungseigentümer und mit Wirkung für und gegen sie Ansprüche einschließlich solcher gegen die Wohnungseigentümer gerichtlich und außergerichtlich im eigenen Namen als Verfahrensstandschafter geltend zu machen”.

Gestützt auf diese Ermächtigung hat die Antragstellerin zu 1) mit ihrem am 4. Juni 1987 bei Gericht eingegangenen Antrag den Antragsgegner auf Zahlung rückständiger Wohngelder und Wohngeldvorschüsse aus der Jahresabrechnung für 1986/87, der Heizkostenabrechnung vom 5. Februar 1987, aus einer am 29. Mai 1986 beschlossenen Sonderumlage sowie für die Monate Mai und Juni 1987 aus dem beschlossenen Wirtschaftsplan in Anspruch genommen.

Nach der Abberufung der Antragstellerin zu 1) als Verwalterin hat sich die Antragstellerin zu 2), die der Eigentümergemeinschaft als Miteigentümerin angehört, in erster Instanz den bisherigen Anträgen der Antragstellerin zu 1) angeschlossen. Beide Antragstellerinnen haben das Verfahren in Höhe eines Betrages von 26,52 DM in der Hauptsache für erledigt erklärt und den Antrag in Höhe eines Betrages von 601,– DM nebst 10 % Zinsen seit Zustellung des Schriftsatzes vom 19. November 1987 wegen rückständiger Wohngeldvorschüsse für die Monate Mai bis November 1987 erweitert. Durch Beschluß vom 27. April 1988 hat das Amtsgericht Schöneberg den Antragsgegner verpflichtet, an die Gemeinschaft der Wohnungseigentümer zu Händen der Verwaltung 2.525,64 DM nebst jeweils 10 % Zinsen aus verschiedenen näher bezeichneten Teilbeträgen zu zahlen. Diesen Beschluß hat das Landgericht auf die sofortige Beschwerde des Antragsgegners mit Beschluß vom 14. September 1990 aufgehoben und die Anträge der Antragstellerinnen zurückgewiesen. Hiergegen richtet sich die fristgerecht eingelegte sofortige weitere Beschwerde der Antragstellerinnen.

 

Entscheidungsgründe

II.

Die als Rechtsbeschwerden gemäß § 45 Abs. 1 WEG in Verbindung mit § 27 FGG statthaften Rechtsmittel der Antragstellerinnen sind rechtzeitig und formgerecht eingelegt worden (§§ 22 Abs. 1, 29 FGG).

Das Rechtsmittel der Antragstellerin zu 1) ist auch teilweise sachlich gerechtfertigt und muß in dem aus dem Beschlußtenor ersichtlichen Umfange zur Aufhebung des angefochtenen Beschlusses und zur Zurückverweisung de Sache an das Landgericht führen, da der angefochtene Beschluß insoweit nicht frei von Rechtsfehlern (§ 27 FGG) ist. Das Rechtsmittel der Antragstellerin zu 2) hat dagegen in der Sache keinen Erfolg.

1. Rechtsbeschwerde der Antragstellerin zu 1)

a) Rechtsfehlerhaft hat das Landgericht angenommen, daß die Antragstellerin zu 1) nach ihrem Ausscheiden aus dem Verwalteramt nicht mehr befugt sei, die anhängig gemachten Zahlungsansprüche gegen den Antragsgegner im vorliegenden Verfahren weiter zu verfolgen.

aa) Im Zeitpunkt der Einreichung des Antr...

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